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Das Orakel des Todes

Das Orakel des Todes

Titel: Das Orakel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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dass sie den Tempel stifteten, als sie wieder zu etwas Geld gekommen waren, erlangten sie den Status lokaler Patrone, auch wenn es in dieser Gegend etliche weitaus reichere Familien gibt.“
    „Ich sollte die Oberhäupter dieser Familien dringend mal treffen“, stellte ich fest. „Allerdings frage ich mich, warum sie mich nicht längst aufgesucht haben. Normalerweise präsentieren sich die angesehensten Bewohner einer Gegend einem römischen Praetor doch gleich bei dessen Ankunft.
    „Vielleicht ist es ihnen peinlich, sich zu zeigen“, gab Julia zu bedenken, „wenn die Familie seit ihren heroischen Anfängen einen derartigen Abstieg hinter sich hat.“
    „Schon möglich“, stimmte ich zu, „aber ich will sie trotz dem kennen lernen.“ Plötzlich fiel mir noch etwas ein. „Ach, Cordus, gestern habe ich mit dem jungen Vespillo den angeblichen Mundus auf Porcias Anwesen besucht. Weißt du irgendetwas darüber?“
    „Er ist nur einer von mehreren in dieser Gegend, aber ich glaube, er ist der größte und älteste. Der Sage nach ist Baios, der Steuermann des Odysseus, in diesen Mundus hinab gestiegen, um der Unterwelt einen Besuch abzustatten und den Schatten von König Agamemnon zu fragen, ob er seine Stadt hier in der Nähe gründen solle. Aber du weißt ja, was ich von solchen Überlieferungen halte.“
    „Ganz zu schweigen davon, dass die Unterwelt dort nicht besonders tief liegt. Ich habe einen Stein hineingeworfen und ihn bereits im nächsten Augenblick aufschlagen hören. In der Nähe des Mundus gibt es einen Altar, auf dem jemand Brot und Wein geopfert hatte, aber auch ein paar kleine Pfeile. Sagt dir das irgendetwas?“
    „Pfeile?“ Er stutzte kurz. „Das ist einerseits seltsam, andererseits aber auch nicht sonderlich überraschend. Ich habe mir schon einmal über diesen Gott den Kopf zerbrochen.“
    „Wie bitte?“, fragte ich erstaunt.
    „Nun, wie du weißt, ist Apollo in unserem Tempel mit Pfeil und Bogen dargestellt.“
    „Apollo der Bogenschütze“, grübelte ich. „Wie er in der Ilias beschrieben wird oder auch an anderer Stelle, etwa in dem Mythos, nach dem er und seine Schwester die Kinder der Niobe getötet haben.“
    „Genau. Und alljährlich zum Fest des Apollo bringen die Bittsteller ihrem Gott neben den üblichen Opfergaben auch kleine Pfeile dar, die sie jedoch normalerweise erst nach Einbruch der Dunkelheit hinlegen.“
    „Warum denn das?“, fragte ich. „Apollo ist doch ein solarer Gott, dem üblicherweise immer tagsüber geopfert wird.“
    „Weil Apollo mit dem Bogen den Gott in seiner Eigenschaft als Rächer darstellt. Durch die Gabe der Pfeile sucht der Bittsteller um Unterstützung beim Rachenehmen an seinen Feinden.“
    „Sehr interessant.“ Offenbar war es unmöglich, die Götter aus meinen Ermittlungen herauszuhalten.
    „Cordus“, hakte Julia nach, „du sagtest gerade, du hättest dir über diesen Gott schon einmal den Kopf zerbrochen. Warum?“
    „Weil mir ein seltsames Zusammentreffen zweier Namen aufgefallen ist. Erinnert ihr euch an den griechischen Namen für Apollo der Bogenschütze?“
    Ich kramte in meiner Erinnerung. „Wie war das noch ... „, und dann dämmerte es mir. „Er heißt Apollo Hecatebylos.“
    „Genau. Bestimmt ist die klangliche Identität reiner Zufall, aber die ersten drei Silben des Kognomens bilden den Namen der Göttin des darunter liegenden Tempels.“
    „Könnte das im Hinblick auf die Rivalität zwischen den beiden Tempeln irgendeine Bedeutung haben?“, fragte ich.
    „Denkbar wäre es, allerdings weiß ich nicht, inwiefern. Verwechslungen von Götternamen sind durchaus nicht unbekannt, manchmal sorgen sie sogar für einen Wechsel der Anbetungsform.“
    „Das ist ja interessant.“ Julia staunte. „Kannst du uns vielleicht ein Beispiel nennen?“
    „Nehmen wir den Fall des Gottes Plutus, der von alters her als Gott des Reichtums verehrt wird. Die Leute haben seinen Namen mit dem des Pluto verwechselt, dem römischen Gott der Unterwelt, der dem griechischen Gott Hades entspricht. In Folge der Verwechslung halten die meisten Menschen Pluto für einen Gott des Reichtums, was mit seiner ursprünglichen Rolle absolut nichts zu tun hat.“
    „Lass uns wieder von den hiesigen Göttern sprechen. Mir schwirrt da etwas im Kopf herum, das du bei unserem ersten Treffen erwähnt hast“, kam ich wieder auf mein eigentliches Anliegen zurück. „Nämlich dass Hekate eigentlich gar keine Orakelgöttin ist, im Gegensatz zu Apollo. Genau

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