Das Orakel des Todes
betonte, „hat es nicht nötig, seinen Namen durch so einen belanglosen Akt aufzuwerten. Er hat ganze Städte errichtet und Tempel in der Größe von Sportstadien gebaut.“ Er hielt seinen Becher hin, um ihn erneut füllen zu lassen. Cato bevorzugte ebenfalls ungewässerten Wein, aber das war vermutlich unsere einzige Gemeinsamkeit. „Dieser Tempel steht seit Generationen unter dem Patronat der Pedarii einer sehr alten patrizischen Familie.“
„Der Pedarii?“, hakte ich nach. „Ich bin zwar kein Ahnenforscher, aber ich dachte, diese Familie wäre schon ausgestorben, bevor Hannibal wusste, wie man einen Elefanten antreibt.“ Ich erinnerte mich nur vage an den Namen aus irgendwelchen Gedichten über die frühen Tage der Republik.
„Es ist eine sehr vornehme Familie“, erklärte Cato, „die schon vor langer Zeit verarmt ist und daher nicht in der Lage, den Anforderungen eines Senatorenamtes gerecht zu -werden.“
„Dann hat Pompeius also ein persönliches Interesse an dieser Geschichte“, stellte ich fest und unterdrückte ein Stöhnen. „Als Nächstes erzählst du mir wahrscheinlich, dass Caesars Familie das Land gestiftet hat oder für die Statue aufgekommen ist.“
„Wie bitte? Wieso sollte ich so etwas behaupten?“ „Vergiss es. Du hast mir das Leben auch so schon scher genug gemacht, vielen Dank.“
„Du drückst dich manchmal unverständlich aus, Metellus.“
Noch am gleichen Abend zogen Cato und seine Anhänger weiter nach Cumae, wo er für die Dauer seines Auftrag, sein Hauptquartier aufschlagen wollte. Capua war wesentlich größer und näher an Rom, doch er hielt die Stadt zur Klärung der Verhältnisse für ungeeignet. Sie stand ihm zu stark unter dem Einfluss bedeutender römischer Hausbesitzer, und die Kluft zwischen den gegnerischen Lagern schien ihm zu tief. An was auch immer es Cato mangelte, und das war zweifelsohne viel, an gesundem politischen Instinkt fehlte es ihm nicht.
An jenem Abend lud ich den Historiker Lucius Cordus zum Essen ein. Da ich nicht wollte, dass die Unterhaltung von politischem und gesellschaftlichem Geschwätz dominiert wurde, waren die einzigen weiteren Essensgäste am Tisch Julia, der ich bereits vom Besuch Catos erzählt hatte, Hermes und der Philosoph Gitiadas, den ich wegen seines scharfen Verstandes schätzte. An der Abendtafel eines wichtigen Mannes waren fünf Speisende beinahe skandalös wenig, aber ich betrachtete den Abend einfach als Verlängerung meines Arbeitstages.
Nach den ersten Gängen und ein wenig Geplänkel kam ich zur Sache: „Was kannst du uns über die Pedarii erzählen, Lucius Cordus? In Rom waren sie einst eine berühmte und angesehene Familie, aber ich dachte, sie wären längst ausgestorben. Wie ich jedoch heute erfahren habe, leben Nachfahren der Familie in dieser Gegend und sind offenbar Patrone des Apollotempels.“
„So ist es“, bestätigte Cordus. „Bei meinen jüngsten
Nachforschungen in deinem Auftrag, Praetor, ist mir der Name in der Tat untergekommen. Offenbar geht die Familie auf einen gewissen Sergius Pedarius zurück, einen beinahe legendären Mann, der nach der Vertreibung der etruskischen Könige aus Rom ein Waffenbruder des ersten römischen Konsuls Brutus gewesen sein soll. In den frühen Jahren der Republik war die Familie sehr berühmt, aber sie hat nie einen Konsul gestellt.“
Cordus trank einen Schluck Wein und fuhr fort. „Irgendwann, vielleicht um die Zeit des Ersten Punischen Krieges, wurden die Pedarii von einer Reihe Katastrophen heimgesucht. Ihre Ländereien wurden überflutet, ein Großteil ihres Viehbestands verendete. Einige Zeit später, als eine Seuche ganz Italia heimsuchte und die Gegend, in der die Familie lebte, besonders schwer traf, kamen viele Familienmitglieder um und mit ihnen ihre Sklaven und Pächter, die ihr Land bewirtschafteten. In jener Zeit waren senatorische Familien nicht annähernd so wohlhabend wir heute. Die Überlebenden der Familie verkauften ihre Ländereien und zogen nach Süden, wo sie bei entfernten Verwandten unterkamen. Hier wurden sie wegen ihres Status als Patrizier geachtet und kamen wieder zu bescheidenem Wohlstand, doch sie kehrten nie nach Rom zurück, wo sie einst eine wirklich bedeutende Familie gewesen waren.“
„Als Römer unter Griechen und Campanern müssen sie sich in einer prekären Lage befunden haben“, sagte ich fragend.
„Andererseits waren sie als Römer an den lokalen Konflikten nicht beteiligt“, wandte Cordus ein. „Und dadurch,
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