Das Orakel des Todes
gehen dich nichts an.“ „Sie gehen mich nichts an?“, fragte ich und lief vor Wut rot an. „Du kreuzt hier ohne irgendeine Machtbefugnis auf, verlangst von mir, die Aufklärung dieses Massenmords zu beschleunigen und wagst zu behaupten, die Gründe für dein Drängen gingen mich nichts an?“
Er sprang auf und stieß dabei seinen Stuhl um. „Meine Machtbefugnis ist die Machtbefugnis eines Mannes, der zwanzig Legionen zusammentrommeln kann, deren Loyalität einzig und allein ihrem militärischen Führer gilt. Und das ist das Einzige, das in diesen Tagen zählt. Vergiss das nicht, Metellus.“
Ich erhob mich ebenfalls und hätte ihm am liebsten entgegen geschleudert, dass seine zwanzig Legionen gegen Caesars kampferprobte Truppen absolut wertlos seien. Doch ich hielt meine Zunge im Zaum, da es mir klüger erschien, den Frieden zu wahren. „Setz dich wieder, Pompeius! Lass uns die Angelegenheit auf zivile Weise diskutieren! Es macht doch keinen Sinn, die Schwerter zu ziehen, bevor der Krieg überhaupt begonnen hat.“
Er setzte sich wieder, ohne nachzusehen, ob ein Sklave den Stuhl aufgehoben hatte. Natürlich stand der Stuhl passend bereit. So ging es Pompeius immer. „Ich bin übrigens in Wahrheit wegen dieser Legionen hier, nicht wegen deines Falls. Ich will sicherstellen, dass meine Männer sich in Windeseile mobilisieren lassen. Falls Caesar den Rubikon überschreiten sollte, was ich im Moment bezweifele, wird er mir nicht viel Zeit lassen.“
Er war nicht blöd. Er hatte nur keine Ahnung, wie wenig Zeit ihm tatsächlich bleiben würde. „Wirst du lange hier unten bleiben?“
„Länger als dir lieb ist, aber was soll's. Bevor ich abziehe, will ich, dass das Verbrechen aufgeklärt ist und die Mörder hingerichtet sind.“
„Dies ist eine Ermittlung in einem Kriminalfall, kein militärischer Feldzug. Sie lässt sich nicht durch ein paar Auspeitschungen und Hinrichtungen beschleunigen.“
„Warum nicht? Wer sind deine Hauptverdächtigen?“ „Im Moment die Anhänger der Hekate.“
Er breitete die Hände aus. „Na bitte. Sprich dein Urteil, und lass sie hinrichten. Und schon ist das Problem gelöst.“ „Es wundert mich nicht, dass du die einfachste Lösung bevorzugst. Wenn ich dich richtig verstehe, geht es dir einzig und allein darum, die Geschichte irgendwie abzuschließen. Den oder die wahren Mörder zu finden, interessiert dich nicht.“
„Es gibt wichtigere Dinge, die meine Aufmerksamkeit verlangen, das hast du eben selber festgestellt. Mir persönlich ist es völlig egal, wer die Priester umgebracht hat und ob ein paar verrückte Priester irgendeiner ausländischen Gottheit dran glauben müssen. Hauptsache, die Gegend bleibt ruhig. Der Rest ist mir egal.“
„Die Gegend wird mit Sicherheit nicht zur Ruhe kommen, wenn ich die Priesterinnen der Hekate - es sind ausschließlich Frauen - hinrichten ließe, ohne dass ihre Schuld eindeutig bewiesen wäre. Der Kult ist sehr alt und tief verwurzelt, Hekate hat hier viel mehr Anhänger als Apollo. Außerdem machen hier jede Menge Kaufleute dank des Orakels gute Geschäfte.“
Er grollte eine Weile. „Finde irgendjemanden, und richte ihn hin! Aber beeil dich!“ Mit diesen Worten erhob er sich. „ Ich gehe jetzt. Ich werde in dieser Gegend mindestens eine Legion ausheben und benötige von den hiesigen Städten materielle Unterstützung. Die Männer haben zwar ihre eigenen Ausrüstungen, aber ich brauche Tiere, Zelte, Wagen und vieles mehr.“
„Am besten wendest du dich an die lokalen Amtsträger“, riet ich ihm. „Ich bin nur zu Besuch.“
Als Pompeius prunkvoll und von Fanfaren begleitet von dannen ritt, jubelte die Menge ihm begeistert zu. Wie ich bereits erwähnte, war Pompeius im Süden sehr populär. Natürlich hätten sie Caesar genauso begeistert zugejubelt. Beide waren äußerst populäre Männer, doch von den Anwesenden hatten sicher die wenigsten vor, sich einer ihrer Legionen anzuschließen. Den meisten war egal, wer von beiden gewann, sie würden mit dem Sieger leben können.
Ich widmete mich meinen anberaumten Fällen. Es waren nicht besonders viele, und die Arbeit war schon bald erledigt. In Wahrheit hätte ich längst weiterziehen können. Im Norden und auf Sicilia warteten jede Menge Fälle auf mich. Ich zögerte meinen Aufenthalt einzig und allein wegen der Morde in die Länge. Und natürlich weil ich die Gegend liebte. Ich überlegte, ob es nicht besser wäre, nach Sicilia zu gehen, dort meine Zeit zu vertrödeln und
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