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Das Orakel des Todes

Das Orakel des Todes

Titel: Das Orakel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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Drachen, die sich über das Spektakel ärgerten. Der aufsteigende Dampf bildete eine so große Wolke, dass Jupiter selbst sich problemlos darin hätte verstecken können. Die Dampfwolke zog seltsam warm und nass über uns hinweg, und weil sie von innen leuchtete, glühte sie orange.
    Schließlich stürzten die letzten Kohlen ins Meer, das Licht und das Zischen verebbten, die Wolke löste sich auf, und wir standen mit offenen Mündern da. Von dem, was sich gerade vor unseren Augen ereignet hatte, war keine Spur mehr zu sehen. Ein kollektiver Seufzer des Staunens entwich den Kehlen der Versammelten. Auch ich ließ die angehaltene Luft entweichen und wandte mich unserer Gastgeberin zu. Sie sah mich an, als ob sie vor Spannung auf meine Reaktion beinahe platzte.
    „Das war das Spektakulärste, das mir je in meinem Leben geboten wurde“, sagte ich.
    Sie lächelte, zutiefst erleichtert, und gab den Musikern ein Zeichen. Sie begannen zu spielen, als ob der Abend gerade erst begönne, obwohl er eindeutig zu Ende war. Was wir soeben gesehen hatten, war durch absolut nichts zu überbieten. Die Gäste bereiteten sich auf ihren Nachhauseweg vor, doch da ich der ranghöchste Besucher war, warteten alle auf meinen Aufbruch, um sich danach ihrem Rang nach zu verabschieden.
    Julia und ich bedankten uns überschwänglich bei unserer Gastgeberin und entschuldigten uns damit, dass wir uns unbedingt in unser Quartier zurückziehen müssten, da mich am nächsten Morgen ein langer Gerichtstag erwartete. Es war wirklich ein außergewöhnlicher Abend gewesen. Unter lauten traditionellen Abschiedsgrüßen seitens der zurückgebliebenen Gäste zogen wir uns schließlich zurück.
    Zurück in unseren luxuriösen Gemächern stellte Julia fest: „Sabinilla ist heute Abend die glücklichste Frau Campanias. Das Ganze muss sie ein Vermögen gekostet haben, aber immerhin ist ihre Stellung jetzt gesichert. Ich habe heute Abend ein paar gute Anregungen für die Unterhaltung unserer Gäste bekommen, wenn du Konsul bist und wir wieder in Rom sind.“
    „Das hatte ich befürchtet. Schade nur, dass wir in Rom keine geeigneten Klippen haben.“
    Sie dachte eine Weile darüber nach, während eine Sklavin ihr Haar für die Nacht zurechtmachte. „Wir könnten ja eine künstliche Klippe errichten lassen. Ein etwa vierhundert Fuß hoher Turm müsste ausreichen. Du könntest ihn im Murcia-Tal errichten lassen, dann könnten die Leute sich auf dem Aventin versammeln und das Spektakel von dort oben betrachten.“
    „Gute Nacht, meine Liebe“, sagte ich und ging in den Wohnraum neben unserem Schlafgemach. Der Vorschlag war sicher nicht ernst gemeint, aber bei Julia konnte man nie wissen. Ich bestellte Hermes zu mir, und er kam hereingeschlurft wie ein Achtzigjähriger. Seine Prellungen und Blutergüsse standen inzwischen in voller Blüte, und er zuckte bei jedem Schritt zusammen.
    „Morgen Nachmittag nach den Gerichtssitzungen gehen wir in die städtische Palaestra. Ich will, dass du mir dieses Manöver mit dem Langschwert zeigst.“

Kapitel VII
    Zwei Tage später waren wir wieder zurück in meinem Hauptquartier bei den Tempeln. Dankenswerterweise war die Menge nicht gewachsen, aber sie war auch nicht kleiner geworden. Inzwischen war mir auch klar, was die Leute suchten. Sie waren nicht wegen der Festtagsatmosphäre zusammengeströmt, die unruhigen Zeiten hatten sie hergespült. Der mögliche Ausbruch eines Bürgerkriegs machte alle nervös, weshalb die Orakel Hochkonjunktur hatten, sowohl die traditionellen als auch die spontan entstandenen. Jeder wollte wissen, was auf ihn zukam und ob er die sich ankündigenden Wirren überleben würde. Andere interessierten sich dafür, wie sie aus dem zu erwartenden Elend ihrer Mitmenschen möglichst viel Profit schlagen konnten - zu jeder Zeit ein weit verbreitetes Anliegen.
    Ich machte es mir gerade in meinem kurulischen Stuhl bequem und wollte mit den anstehenden Verfahren beginnen, als etwas ganz und gar Unerwartetes passierte. Die Menge wurde schlagartig still. Eine Art Umzug bewegte sich auf die Tempelanlage zu. Einige der Männer waren zu Fuß, einige ritten. Ich sah weder frisch polierte Rüstungen glänzen noch irgendwelche Standarten, doch das Ganze hatte etwas von einem militärischen Aufmarsch.
    „Was soll das?“, fragte ich, ohne mich an irgendjemand Spezielles zu wenden. „Kann ich denn nie in Ruhe einen Gerichtstag abhalten?“
    Kurz darauf erreichte der Trupp den improvisierten Jahrmarkt, der

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