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Das Orakel des Todes

Das Orakel des Todes

Titel: Das Orakel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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„Die Leute scheinen alle ziemlich angespannt, das müsste für dich doch von Vorteil sein.“
    „Oh ja, mein Herr“, bestätigte sie lächelnd und zeigte mit ihre gelben Zähne. „Seitdem du hier bist, musste ich schon dreimal zurück nach Hause, um meinen Bestand aufzustocken. Nach den Morden hier im Tempel und bei all dem Gerede über einen bevorstehenden Krieg sind die Leute ganz verrückt nach göttlichem Beistand.“
    Ich stieß mit einer Zehe die Pfeile an. „Und wofür sind die?“
    „Na, das sind Opfergaben für Apollo, Praetor. In diesem Tempel wird er doch als Apollo der Bogenschütze verehrt.“
    „Haben diese Pfeile als Opfergabe irgendeine besondere Bedeutung?“, fragte ich.
    Sie schlug die Augen nieder. „Nicht dass ich wüsste. Sie sind eine ganz normale Gabe. Damit bittet man den Gott um seine Gunst.“
    Ihre ausweichende Antwort war verständlich. Der Verkauf heikler Talismane konnte ihr als Beihilfe zum Mord ausgelegt werden, worauf harte Strafen standen. Zwar nicht so hart wie für den Verkauf von Gift, aber abschreckend genug. Die meisten Leute fürchten ein übernatürliches Übel mehr als einen Dolch im Rücken. Aber einige bedeutende Zeitgenossen halten Gift für eine der übelsten Bedrohungen. Deshalb gelten Giftmischer als besonders bösartige Magier.
    Viele Menschen sinnen auf Rache, sei es aus guten oder aus schlechten Gründen. Meistens allerdings sind es schlechte, und nicht nur schlechte, sondern überdies unbedeutende und unwürdige. Die Sache mit den Pfeilen brachte mich nicht weiter.
    Auch Wahrsager machten blühende Geschäfte. Sie sind sozusagen das Orakel des kleinen Mannes. Natürlich muss man den Rat eines Orakels nicht bezahlen. Das wäre Frevel. Aber jedes Orakel nimmt Geschenke an, und wenn man nicht in der Lage ist, ein großzügiges Geschenk beizubringen, kommt man vielleicht nicht einmal dazu, die Priester auch nur um Zutritt zu dem Orakel zu bitten. Wahrsager hingegen stehen einem für ein paar Kupfermünzen zu Diensten. Einige von ihnen werfen Knochen, andere starren in Schüsseln mit klarem Wasser und wieder andere lesen die Zukunft im Verhalten kleiner Tiere oder Schlangen.
    Unter dem Vorwurf, die allgemeine Unzufriedenheit zu schüren und die Politik zu beeinflussen, wurden die Wahrsager regelmäßig von den Aedilen aus Rom verbannt. Denn allein dass die Wahrsager das Volk glauben machen, es stehe ein schlimmes Ereignis bevor, reicht oft schon aus, dass dieses Ereignis tatsächlich eintritt. Normalerweise kehrten die Wahrsager nach kurzer Zeit zurück. Wenn Nachfrage nach irgendetwas besteht, findet sich immer ein Weg, diese zu befriedigen.
    Es war, als ob ganz Italia vor lauter Vorahnungen unter Hochspannung stünde.
    Am Nachmittag rief ich Hermes zu mir. „Irgendetwas ist uns entgangen“, stellte ich fest.
    „Das hast du schon öfter gesagt“, entgegnete er. „Und was sollten wir deiner Meinung nach tun, um diese Lücke zu füllen?“
    „Denk daran, was ich dir beigebracht habe. Wir können nicht erwarten, dass uns neue Beweise in den Schoß fallen. Die Begegnung mit dieser Floria war ein glücklicher Zufall, wenn nicht eine dunkle Machenschaft hinter ihrem Erscheinen stand. Wir müssen selber herausfinden, was uns bisher entgangen ist. Also - wie gehen wir am besten vor?“
    Er dachte kurz nach. „Wir nehmen uns alles, was wir bisher haben, noch einmal vor und suchen nach dem Detail, das uns entgangen ist.“
    „Genau. Und wir beginnen da, wo alles angefangen hat, im Tunnel des Orakels. Und diesmal ohne den ganzen ablenkenden Hokuspokus. Ohne diese mysteriösen Getränke. Wir nehmen unsere eigenen Fackeln mit und machen unseren eigenen Rauch, und zwar reinen Rauch ohne irgendwelche komischen Beimischungen. Wo ich gerade dabei bin - besorg uns frische Fackeln, leinenumwickelt und in bestes Olivenöl getaucht. Der Preis ist mir egal, Hauptsache sie produzieren so wenig Rauch wie möglich. Und das gleiche Öl für die Lampen. Keine Sprechgesänge, keine Gebete, keine unheimlichen Stimmen. Wir machen es genauso wie während meiner Zeit als Aedil, als wir die unterirdischen Abwasserkanäle und die Kellergeschosse der Häuser inspiziert haben.“
    Er grinste. „Ich bin schon immer gerne in Abwasserkanälen herumgekrochen.“
    „Bring drei oder vier unserer besten Männer mit. Sie sollen Fackeln und Lampen tragen, ich will ausreichend Licht. Und sie sollen ihre Waffen mitbringen. Bekanntlich wollen irgendwelche Leute verhindern, dass wir gewisse Dinge

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