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Das Orakel des Todes

Das Orakel des Todes

Titel: Das Orakel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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entgegnete ich, „aber du hast Recht, er klingt nicht thrakisch.“
    „Ich glaube, sie täuscht den Akzent nur vor.“ Er musste es wissen. Als Sklave war er mit anderen Sklaven aus aller Welt zusammengekommen. Wir Herren neigen dazu, solchen Dingen keine Beachtung zu schenken.
    Nach der Beseitigung des Haufens exotischer Opfergaben erwies sich der Altar als natürlicher Steinblock, der aus dem gleichen Fels gehauen war wie der Boden und direkt mit diesem verbunden. Auf den ersten Blick schien es geradezu wie ein Wunder, dass es hier unten einen Stein in der Form eines Altars gegeben haben sollte, doch dann sah ich, dass die Hekatestatue ebenfalls fest mit dem Boden verbunden war. Altar und Statue standen in gerader Linie hintereinander, und die Wand hinter der Statue war im Gegensatz zu den anderen Wänden der Kammer regelmäßig und glatt.
    „Ursprünglich trat aus dieser Wand ein Felsblock hervor.“ stellte ich fest. „Die Tunnelbauer oder diejenigen, die diese Kammer in das Heiligtum der Hekate verwandelt haben den Altar und die Statue aus diesem Felsblock herausgeschlagen.“
    „Du glaubst nicht, dass es die gleichen Leute waren?“, fragte Hermes.
    „Ich halte es für sehr unwahrscheinlich. Der Tunnel ist unglaublich alt. Das fühlt man geradezu. Die Statue ist ebenfalls alt, aber längst nicht so alt. Die Ureinwohner haben diesen Tunnel aus irgendeinem Grund gegraben, den nur sie selber kannten und den wir nie herausfinden werden. Der Altar und die Statue müssen jüngeren Datums sein, sie sind höchstens ein paar hundert Jahre alt.“
    ,,Ob uns irgendjemand sagen kann, wann der Altar und die Statue entstanden sind?“, fragte Hermes. „Ich verstehe ja nicht viel von Skulpturen, aber für meine Begriffe wirkt die Statue ziemlich plump.“
    „Vermutlich kann uns da niemand weiterhelfen. Ich kenne zwar jede Menge Kunstliebhaber, aber sie stehen in der Regel auf dem Standpunkt, dass es vor der Blütezeit Athens keine nennenswerten Skulpturen gab, weshalb sie den alten Werken keinerlei Beachtung schenken. Aber ich glaube sowieso nicht, dass uns das bei unserem Fall großartig weiterbringt. Es bestätigt nur, was wir ohnehin bereits wissen: dass dieser bemerkenswerte Ort im Laufe der Jahrhunderte verschiedenen Völkern für verschiedene Zwecke gedient hat. Was wiederum bedeutet, dass die Heiligkeit dieses Ortes nicht seit jeher mit dem Hekatekult verbunden ist. Die Anhänger der Hekate sind einfach nur eine weitere Völkerschaft, die die Gegend hier besiedelt und den Ort für ihre Zwecke in Beschlag genommen hat.“ Und ich hatte die Anhänger des Hekatekults, oder zumindest einige von ihnen, in Verdacht, dass sie diesen hervorragend geeigneten Ort ihrerseits für die unterschiedlichsten Zwecke genutzt hatten, unter anderem für Raub und Mord.
    Wir entdeckten noch einige weitere Belüftungsschächte, doch ansonsten nichts Auffälliges. „Also gut“, sagte ich schließlich, „nehmen wir uns jetzt die Kammer mit dem Fluss vor.“ Und so stiegen wir weiter hinab zum Fluss, wo mit dem Auftauchen des toten Priesters Eugaeon in dem sprudelnden Wasser alles angefangen hatte. Unten angekommen, ließ ich zusätzliche Fackeln und Lampen anzünden, bis wir ausreichend Licht hatten, das jedoch durch den stetig aufsteigenden Wasserdampf ein wenig diffus wirkte. Während die anderen Männer die Wände, den Boden und die Decke untersuchten, legten Hermes und ich unsere Kleidung ab und stiegen ins Wasser. In dem schummerigen Licht war das Wasser sehr angenehm und entschädigte uns für die fehlenden Bademöglichkeiten in der Umgebung des Tempels.
    Ich ging zuerst zu der Stelle, an der das Wasser in die Höhle eintrat. Wie wir inzwischen wussten, passierte es in einer uns unbekannten Entfernung zuvor den anderen Tunnel. Die Strömung war sehr stark, und ich musste mich mit aller Kraft dagegenstemmen, um nicht mitgerissen zu werden. Das Wasser war brusttief und der Grund unter meinen Füßen absolut glatt. Es schien keinerlei Flechten oder anderen Bewuchs zu geben, der sich normalerweise immer schnell breitmacht, wenn ein steiniger Untergrund und Wasser zusammentreffen. Vielleicht war das Fehlen dieses Bewuchses auf die hohe Wassertemperatur zurückzuführen, vielleicht aber auch auf den hohen Schwefelgehalt. Der Kanal, durch den das Wasser in die Kammer eintrat, war etwa so breit wie meine ausgebreiteten Arme. Wenn die Strömung nicht so stark gewesen wäre, hätte ich vielleicht bis zum anderen Ende des Zulaufs in den

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