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Das Orakel des Todes

Das Orakel des Todes

Titel: Das Orakel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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anderen Tempel gehen können.
    Ich ging hinüber auf die andere Seite, wo der Fluss die unterirdische Kammer wieder verließ. Hermes untersuchte den Grund, indem er ihn sorgfältig mit den Füßen abtastete. „Der Boden ist absolut glatt“, stellte er fest, „keine Steine, kein Sand ... Moment mal.“ Er bückte sich, tauchte unter, kam wieder hoch und hielt etwas in der Hand. „Ich habe es mit dem Fuß ertastet“, sagte er und reichte mir sein ; Fundstück. Es war eine knöcherne Haarnadel, etwa so lang wie, meine Hand und in der Art, wie sie Frauen als Haarschmuck verwenden.
    „Lass uns weiter den Grund absuchen“, schlug ich vor und tastete ihn ebenfalls mit den Fußsohlen ab. In kürzester Zeit fanden wir einen bronzenen Stilus, eine Halskette ,aus blauen ägyptischen Perlen mit einem kaputten Verschluss und eine einzelne Frauensandale. Das war alles.
    „Was mag das sein?“, fragte Hermes. „Opfergaben?“
    „Ein Gott, der solchen Schund als Opfergaben akzeptiert müsste ziemlich auf den Hund gekommen sein“, entgegnete ich. „Aber die Ratsuchenden müssen ja ins Wasser gehen, um ihre Weissagung zu erhalten. Vermutlich haben sie diese Sachen einfach verloren, und im Laufe der Jahre hat sich so einiges angesammelt.“

    Ich watete weiter, sorgfältig den Grund mit den Füßen abtastend, bis ich die Wand, an der das Wasser die Kammer verließ, fast erreicht hatte. Die Strömung an meinen Füßen und Knöcheln wurde immer stärker. Ich drehte mich um und fragte ganz allgemein in den Raum: „Und? Hat schon einer etwas gefunden?“
    „Nichts, Praetor“, erwiderte einer der Männer. Er stand auf der Schulter eines seiner Kameraden und suchte die Decke ab. „Hier gibt es nicht einmal Belüftungsschlitze. Deswegen kann auch der Wasserdampf nicht richtig abziehen.“
    „Sucht noch eine Weile weiter ... verdammt!“ Irgendetwas, das sich anfühlte wie eine riesige Hand, packte mich an den Knöcheln und zerrte an mir. Ich hatte die Wand fast erreicht und versuchte, mich festzuhalten. Meine Hände krallten sich an dem nackten Fels fest, meine Fingernägel kratzten und schabten über den Stein, doch ich wurde mit aller Kraft in den Abflussspalt gezogen. Meine Beine schabten bereits an den Seitenwänden des Abflusskanals, und ich drohte zu ertrinken, dabei war dies definitiv nicht die Art, wie ich sterben wollte - an Atemnot in der absoluten Finsternis eines unterirdischen Tunnels.
    Ich verlor das letzte bisschen Halt an der rauen Steinwand und wusste, dass ich endgültig verloren war, als meine Handgelenke plötzlich von zwei starken Händen gepackt wurden, die mich mit aller Kraft zurückrissen. Die mächtige Strömung zog mich derart stark in die entgegen gesetzte Richtung, dass mir beinahe die Schultergelenke ausgekugelt wurden. Dann packten mich weitere Hände und zogen, und im nächsten Moment war ich der beängstigenden Strömung entronnen. Mein Kopf kam wieder über Wasser, und ich hustete und spuckte. Die Männer zogen mich heraus, trugen mich vom Wasser weg und setzten mich auf den steinernen Boden.
    Nach einer kurzen Erholung atmete ich wieder normal, hatte meine Lungen von dem Wasser befreit, und vor allein hämmerte mein Herz nicht mehr wie ein besessener Schmied, der wie ein Wahnsinniger sein heißes Eisen bearbeitete. Genau so fühlte sich meine Brust nämlich an.
    „Was ist passiert?“, fragte Hermes. Er hatte soeben mein Leben gerettet, aber das war schließlich seine Aufgabe. Er sah mich ziemlich fassungslos an, was ich als Erleichterung deutet, dass ich noch lebte, aber in seinem Ausdruck lag noch etwas anderes. Er sah irgendwie belustigt aus. Ich schaute mich um. Auch die anderen Männer versuchten, ein Lächeln zu unterdrücken, allerdings vergeblich. Einer fing an zu kichern, steckte die anderen an, und schließlich brachen alle in schallendes Gelächter aus.
    „Was ist denn so lustig?“, fragte ich leicht irritiert. „Habe ich was verpasst?“
    „Praetor“, sagte schließlich einer der Männer, als er wieder sprechen konnte, „du hättest dich mal hören müssen, bevor du untergegangen bist! „
    „Und erst dein Gesichtsausdruck!“, ergänzte ein anderer. Dann lachten sie alle wieder los.
    „Tut mir leid, dass ich nicht ersoffen bin. Dann wäre eure Belustigung wohl komplett.“ Diese Bemerkung hatte zur Folge, dass sie sich vor Lachen auf dem Boden wälzten, Hermes eingeschlossen. Gut, sie hatten mir das Leben gerettet, aber man darf es mit der Dankbarkeit auch nicht

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