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Das Orakel des Todes

Das Orakel des Todes

Titel: Das Orakel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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übertreiben. Ich wartete, bis sie wieder bei Sinnen waren. Allerdings konnte ich die Zeit gut gebrauchen, um mich von dem Schreck zu erholen, der mir in die Glieder gefahren war.
    „Was war denn nun?“, fragte Hermes schließlich. „Etwas, das ich hätte voraussehen müssen. Ich bin zwar kein Konstrukteur von Aquädukten, aber ein bisschen was von den Fließeigenschaften des Wassers verstehe ich. Der Zufluss ist beinahe mannshoch und genauso breit. Der Abfluss hingegen ist nur ein Viertel so groß. Trotzdem bleibt der Wasserpegel immer gleich. Wie ist das möglich?“
    „Indem genauso viel Wasser abfließt wie hereinkommt“, vermutete Hermes.
    „Richtig. Und wie funktioniert das?“
    Er dachte kurz nach. „Es muss sehr viel schneller abfließen, als es hereinkommt.“

    „Genau. Wie wenn ein Fluss durch eine enge Schlucht fließt. Beim Eintritt in die Schlucht beschleunigt sich das Wasser, schäumt und bildet Stromschnellen. Und hier ist es genauso. Die Strömung ist schon beim Eintritt in die Kammer sehr stark, beim Abfluss entwickelt sie eine unglaubliche Kraft. Ich hätte vorsichtiger sein müssen. Ihr habt also nichts Auffälliges gefunden?“
    „Absolut nichts, Praetor“, erwiderte einer der Männer.
    „Nun gut. Dann lasst uns hier verschwinden.“
    Hermes und ich kleideten uns wieder an, und wir stiegen zurück ans Tageslicht. „Glaubst du, wir sind jetzt klüger als vorher?“, fragte Hermes. „Abgesehen von unserer Lektion über schnell fließendes Wasser?“
    „Ich denke schon“, erwiderte ich. „Es mag zwar noch nicht auf der Hand liegen, aber wir wissen mehr über die Kammer als vor unserem Besuch. Die neuen Erkenntnisse könnten sich irgendwann als nützlich erweisen und uns die Augen für etwas öffnen, das wir sonst vielleicht übersehen hätten.“
    „Hoffentlich hast du Recht. Wenigstens müssen wir uns jetzt nicht länger in der Unterwelt herumtreiben.“
    „Da irrst du dich“, widersprach ich ihm. „Als Nächstes nehmen wir uns den anderen Tunnel vor.“ Hermes stöhnte, und die anderen fielen ein. Jetzt war ich an der Reihe zugrinsen. Es war nicht ratsam, mich auszulachen.
    Da die Apollopriester alle tot waren, versuchte niemand, uns, an unserem Vorhaben zu hindern. Als Erstes untersuchte ich die Falltür. Auf der Unterseite entdeckte ich etwas, das aussah wie Blutspuren. Ich dachte eine Weile darüber nach, dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen.
    „Hermes, du erinnerst dich doch daran, wie die Leichen ausgesehen haben. Sie hatten alle Abschürfungen an den Händen und Unterarmen.“
    „Stimmt. Wir haben daraus geschlossen, dass sie sich gegen ihre Angreifer gewehrt haben.“
    „Wir haben uns geirrt. Sie haben mit den Fäusten gegen diese Falltür geschlagen und versucht rauszukommen, nachdem jemand die Tür hinter ihnen geschlossen hatte.“
    Er dachte kurz darüber nach, was das bedeutete. „Dann könnten wir es also doch mit einem Einzeltäter zu tun haben. Er hat die Priester einfach da unten ersticken lassen und wollte sich der Leichen bei einer günstigen Gelegenheit entledigen.“
    „So stelle ich es mir auch vor. Wahrscheinlich war der Mörder kein Einzeltäter, aber das Massaker war sicher einfacher durchzuführen, als es zunächst den Anschein hatte.“
    Als Nächstes untersuchten wir den Tunnelgang. Vorsichtshalber ließ ich einen meiner Männer mit gezücktem Schwert zur Bewachung der Falltür zurück. Ich hatte keine Lust, das gleiche Schicksal zu erleiden wie die ermordeten Priester. Der Tunnel verriet uns nichts. Auf den glatten Wänden wäre jede Besonderheit sofort aufgefallen, aber es gab absolut nichts.
    Die unterirdische Kammer war auch nicht viel erhellender. Sie sah genauso aus wie bei unserem letzten Besuch, nur dass diesmal natürlich keine Leichen da waren. Wie beim letzten Mal wurde aufgrund unserer zahlreichen Fackeln und Lampen schnell die Luft knapp.
    „Die Griechen wissen doch angeblich alles“, sagte Hermes. „Warum haben sie dann nicht an ein Belüftungssystem gedacht, wie es die Ureinwohner schon vor Tausenden von Jahren eingerichtet haben?“
    Eine gute Frage. „Vielleicht hielten sie es nicht für erforderlich. Ein paar Männer, die sich nur kurz hier unten aufhalten, brauchen nicht viel Luft, und wenn die Falltür oben geöffnet ist, ist es ja kein Problem.“
    „Stimmt“, pflichtete Hermes mir bei. „Aus dem Loch steigt offenbar genügend Luft auf, damit wir hier atmen können. Warum also sind die Priester so schnell

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