Das Orakel vom Berge
Japaner, der offensichtlich nicht Englisch verstand, verbeugte sich lächelnd.
»Ich verstehe«, murmelte Baynes. »Nun, ich wünsche ihm viel Glück.« Ich habe meine eigenen Sprachprobleme, dachte er. Ganz offensichtlich.
Großer Gott – der junge Japaner würde, während er ihn zum Hotel fuhr, zweifellos versuchen, sich in Schwedisch mit ihm zu unterhalten. Eine Sprache, die Mr. Baynes kaum verstand und zwar nur dann, wenn sie höchst formell und korrekt gesprochen wurde, nicht, wenn ein junger Japaner sich ihrer bediente, der sie von Schallplatten zu lernen versuchte.
Er wird sich mir nie verständlich machen können, dachte Mr. Baynes. Und er wird nicht aufgeben, weil das seine Chance ist; wahrscheinlich wird er nie wieder einen Schweden sehen. Innerlich stöhnte Mr. Baynes. Es würde für sie beide eine schreckliche Qual sein.
6
Mrs. Juliana Frink machte früh am Morgen ihre Lebensmitteleinkäufe. Der strahlend blaue Himmel und die kühle Morgenluft taten ihr gut. Sie schlenderte über den Bürgersteig, die braunen Papiertüten in der Hand, und blieb vor jedem Laden stehen, um die Auslagen zu prüfen. Sie ließ sich Zeit.
War da nicht etwas, das sie in der Drogerie kaufen wollte? Sie schlenderte hinein. Ihre Schicht in der Judoschule begann erst mittags; sie hatte heute ihren freien Vormittag. Sie nahm auf einem Hocker an der Theke Platz, stellte ihre Einkaufstüten weg und begann, die verschiedenen Magazine zu überfliegen.
In der neuen Life gab es einen großen Artikel mit der Überschrift:
FERNSEHEN IN EUROPA: BLICK IN DIE ZUKUNFT.
Sie schlug das Magazin interessiert auf und sah das Bild einer deutschen Familie, die in ihrem Wohnzimmer vor dem Fernseher saß. Es gab bereits vier Stunden Sendung täglich, die von Berlin ausgestrahlt wurden. Eines Tages würde es in allen größeren europäischen Städten Fernsehstationen geben. Und bis 1970 würde es auch eine in New York geben.
Die Bilder in dem Artikel zeigten Elektronikingenieure des Reiches in New York, die den dortigen Technikern bei der Lösung ihrer Probleme helfen. Die Deutschen waren ganz leicht zu erkennen. Sie hatten jenen gesunden, sauberen, energischen, selbstbewußten Blick an sich. Die Amerikaner andererseits – sie sahen einfach wie ganz gewöhnliche Leute aus. Sie hätten irgend jemand sein können.
Man konnte sehen, wie einer der deutschen Techniker irgendwohin deutete, und die Amerikaner versuchten zu erkennen, worauf er wies. Wahrscheinlich sehen sie besser als wir, entschied sie schließlich. Bessere Ernährung in den letzten zwanzig Jahren. Das hat man uns so dargestellt; sie können Dinge sehen, die sonst keiner erkennen kann. Vitamin A war das vielleicht.
Wie das wohl sein mag, wenn man im Wohnzimmer sitzt und die ganze Welt auf einer kleinen grauen Glasröhre sieht? Wenn diese Nazis von hier zum Mars und zurück fliegen können, warum bringen sie dann nicht schneller ein Fernsehsystem zuwege? Ich glaube, ich würde das vorziehen – die Shows und Bob Hope und Durante zu sehen. Mir wäre das lieber, als auf dem Mars herumzulaufen.
Vielleicht ist es das, dachte sie und legte das Magazin auf das Regal zurück. Die Nazis verstehen keinen Spaß; was sollten sie also fernsehen wollen? Außerdem haben sie ja die meisten wirklich großen Komiker umgebracht. Weil sie Juden waren.
Ich möchte wissen, wie Hope es schafft, am Leben zu bleiben, bei dem, was er sagt. Natürlich, er muß seine Sendung in Kanada machen. Dort oben ist es etwas freier. Wie dieser Witz über Göring… der, in dem Göring Rom aufkauft und es auf seinen Berg bringen und dort wiederaufbauen läßt. Und das Christentum wieder aufleben läßt, damit seine Löwen etwas zu…
»Wollten Sie dieses Magazin kaufen, Miss?« rief der kleine, ausgetrocknete alte Mann, dem der Drugstore gehörte, etwas argwöhnisch zu ihr herüber. Etwas schuldbewußt legte sie das Reader’s Digest, in dem sie geblättert hatte, wieder zur Seite.
Als sie wieder über den Bürgersteig schlenderte, dachte Juliana, vielleicht wird Göring der neue Führer, wenn dieser Bormann stirbt. Er scheint anders als die anderen zu sein. Bormann hat es sowieso nur geschafft, weil er sich gleich vordrängte, als Hitler in Stücke ging und nur seine unmittelbare Umgebung erkannte, wie schnell er zusammenbrach. Der alte Göring war da gerade wieder einmal auf seinem Berg. Göring hätte nach Hitler Führer werden sollen, denn seine Luftwaffe war es, die diese englischen Radarstationen
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