Das Orakel vom Berge
fordert. – Und sich dieser Forderung stellen. Im richtigen Augenblick zur Stelle sein und das Richtige tun.
Yinnisch sein. Der Orientale weiß das. Die schlauen, schwarzen, yinnischen Augen.
Und plötzlich kam ihm eine gute Idee. Zwei Fliegen mit einer Klappe. Ah! Er sprang erregt auf. Er mußte die besten Stücke sorgfältig verpacken (den Preiszettel natürlich dabei entfernen). Eine Nadel, einen Anhänger, ein Armband vielleicht. Jedenfalls etwas Nettes. Und dann – da ich ohnehin um zwei schließe – zur Wohnung der Kasouras gehen. Mr. Kasoura, Paul, wird im Büro sein. Aber Mrs. Kasoura, Betty, ist bestimmt zu Hause . Ein Geschenk, neue, ursprüngliche amerikanische Kunst. Ein persönliches Geschenk von mir, um ihre Reaktion zu erkunden. So wird neue Ware eingeführt. Ist das nicht hübsch? Ich habe eine ganze Kollektion im Laden; kommen Sie doch mal vorbei… und das ist für Sie, Betty.
Er zitterte. Nur sie und ich, mittags. In der Wohnung. Der Mann im Geschäft…
Er nahm eine kleine Geschenkbox, Einwickelpapier, ein Band, und begann, ein Geschenk für Mrs. Kasoura vorzubereiten. Eine dunkle, attraktive Frau, schlank in ihrem seidenen orientalischen Kleid, mit ihren hohen Absätzen und so weiter. Vielleicht trug sie heute blaue baumwollene Kulikleidung, leicht und bequem und informell.
Ah, dachte er. Oder ist das aufdringlich? Vielleicht sollte er es langsamer machen. Zuerst den Mann besuchen, ihm ein Geschenk machen? Ihm das gleiche erzählen. Und dann es ihm überlassen, ihr das Geschenk zu überreichen. Und ich kann dann Betty morgen oder am Tag darauf anrufen. Ja, so ist es besser.
Als Frank Frink seinen Partner herankommen sah, spürte er sofort, daß es schiefgegangen war.
»Was ist passiert?« fragte er und nahm Ed den Korb ab. »Herrgott, du warst eineinhalb Stunden weg. Hat er so lange gebraucht, um nein zu sagen?«
»Er hat nicht nein gesagt.« Ed sah müde aus. Er stieg in den Wagen.
»Was dann?«
Frank klappte den Korb auf und sah, daß viele Stücke fehlten. Die besten.
»Er hat doch eine Menge genommen. Was ist denn?«
»Kommission«, sagte Ed.
»Und das hast du zugelassen?« Er konnte es nicht glauben. »Wir haben doch darüber gesprochen…«
»Ich weiß nicht, wie es kam.«
»Herrgott«, sagte Frank.
»Tut mir leid. Er tat so, als wollte er kaufen. Er hatte sich eine Menge ausgewählt. Ich dachte wirklich, daß er kaufen würde.«
Und dann saßen sie schweigend im Wagen.
10
Für Mr. Baynes waren es zwei schreckliche Wochen gewesen. Er hatte von seinem Hotelzimmer aus die Handelsmission jeden Tag mittags angerufen, um zu fragen, ob der alte Herr aufgetaucht sei. Und jedesmal war die Antwort nein gewesen. Mr. Tagomis Stimme war von Tag zu Tag kühler und formeller geworden. Als Mr. Baynes sich anschickte, zum sechzehnten Mal anzurufen, dachte er, über kurz oder lang werden sie mir sagen, Mr. Tagomi sei nicht da. Er würde keine Anrufe mehr von ihm entgegennehmen.
Und dann ist es Schluß.
Was war geschehen? Wo ist Mr . Yatabe?
Er konnte es sich denken. Der Tod Martin Bormanns hatte in Tokio Verwirrung augelöst. Mr. Yatabe war zweifellos nach San Francisco unterwegs gewesen, als ihn die neuen Anweisungen erreichten. Kehren Sie für weitere Beratungen zu den Heimatinseln zurück.
Pech gehabt, Mr. Baynes. Das konnte schlimm werden. Aber er mußte in San Francisco bleiben. Mußte versuchen, die Besprechung zu arrangieren, deretwegen er gekommen war. Fünfundvierzig Minuten per Lufthansarakete aus Berlin und jetzt das. Eine schreckliche Zeit, in der wir leben. Wir können reisen, wohin wir wollen, selbst zu anderen Planeten. Und wozu? Um Tag für Tag dazusitzen und zu warten und die Hoffnung zu verlieren.
Und die anderen warten nicht.
Mr. Baynes schlug die Mittagsausgabe der Nippon Times auf und sah erneut die Überschrift.
DR. GOEBBELS ZUM REICHSKANZLER ERNANNT
Überraschende Lösung des Nachfolgerproblems durch Parteiausschuß gefunden. Radioansprache entscheidender Faktor. Hochrufe in Berlin. Erklärung erwartet. Göring möglicherweise Polizeichef.
Er las den ganzen Artikel. Dann legte er die Zeitung wieder weg, griff nach dem Telefon und gab die Nummer der Handelsmission an. »Hier spricht Mr. Baynes. Kann ich bitte Mr. Tagomi sprechen?«
»Einen Augenblick bitte.«
Ein sehr langer Augenblick.
»Hier spricht Mr. Tagomi.«
Mr. Baynes atmete tief und sagte: »Entschuldigen Sie diese für uns beide unangenehme Situation…«
»Ah, Mr.
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