Das Orakel von Antara
dass sie womöglich allein in irgendeine Gefahr geriet.
So wurden also die Vorbereitungen getroffen, dass er und Vanea im Morgengrauen aufbrechen konnten. Schorangar sah nicht gern, dass die beiden allein gehen wollten. Er bat Yorn, doch wenigstens einige Männer mitzunehmen, doch Yorn lehnte ab.
„Das hat wenig Sinn“, meinte er. „Ein großer Trupp, der sich wirksam verteidigen könnte, würde zu leicht bemerkt werden. Wenige jedoch könnten im Ernstfall auch wenig tun. Es kommt bei unserem Weg nicht auf Schlagkraft, sondern auf Heimlichkeit an. Deswegen wollte ich ja auch allein gehen, denn ein einzelner Mann kann sich leichter verbergen“, sagte er dann mit einem Seitenblick auf Vanea.
„Selbst im kleinsten Versteck wird immer noch ein wenig Platz für mich sein“, lächelte Vanea, die ihn sehr wohl verstanden hatte. „Ich drücke mich ganz einfach eng an dich.“
Yorn grinste. „Na, dann möchte ich fast hoffen, dass wir uns verstecken müssen. Ich könnte mir das sehr amüsant vorstellen.“
Vanea errötete unter seinem bedeutungsvollen Blick und dem verständnisvollen Lächeln Schorangars.
„Unter diesen Umständen ist es natürlich besser, wenn ihr allein reitet“, meinte der alte Kämpfer.
Dann wurde er jedoch wieder ernst. „Ich habe damals, als ihr bei mir ankamt, eure Pferde in einem Gehöft untergebracht, das nicht weit von der Stadt entfernt liegt. Der Mann, dem das kleine Anwesen gehört, ist ein Freigelassener wie ich. Die Tiere waren dort gut aufgehoben, aber ich befürchte, dass die Moradonen in der Zwischenzeit dort waren und sie beschlagnahmt haben. Ich hoffe nur, unsere Feinde haben dort nicht noch mehr Schaden angerichtet.
Hier aus der Stadt könnt ihr ja keine Pferde mitnehmen und natürlich auch nicht viel an Ausrüstung, weil ihr diese ja selbst tragen müsst. Wenn die Moradonen den Hof verschont haben, könnt ihr dort bekommen, was ihr braucht. Wenn nicht, werdet ihr euch Pferde stehlen müssen, was natürlich mit Zeitverlust und Gefahr verbunden ist. Findet ihr das Anwesen ausgeraubt, müsst ihr euch von eurem Weg ab nach Osten wenden.
Einen halben Tagesmarsch entfernt stoßt ihr auf ein Flüsschen, an dem ihr eine Strecke aufwärts gehen müsst. Dort liegt eines der Gestüte der moradonischen Armee. Normalerweise sind dort viele Pferde auf den Koppeln, die nur schwach bewacht werden. Wie es jetzt dort steht, kann ich natürlich nicht sagen, doch dort ist für euch die einzige Möglichkeit, Reittiere zu bekommen. Sonst müsstet ihr den ganzen Weg zu Fuß machen, und das würde sehr viel Zeit kosten.
Wenn ihr dann dem Flusslauf weiter folgt, kommt ihr ganz von selbst wieder in die richtige Richtung. Möge Saadh jedoch schenken, dass der Hof meines Freundes unversehrt ist und ihr eure Pferde dort wiederfindet. Nun aber solltet ihr noch ein wenig schlafen, denn ihr müsst aufbrechen, bevor es tagt, damit ihr ungesehen aus der Stadt kommt.“
Yorn und Vanea folgten seinem Rat und legten sich nieder, während das geschäftige Treiben der anderen nicht zur Ruhe kam. Ständig kamen Boten aus allen Teilen der Stadt mit Meldungen über die Lage zu Schorangar oder verließen das Versteck, um seine Befehle weiterzuleiten.
So war an ungestörtes Schlafen nicht zu denken, und als Schorangar die beiden dann w ecken kam, fühlten sie sich so zerschlagen und müde, als hätten sie sich gar nicht hingelegt.
Yorn sah besorgt in Vaneas blasses, übernächtigtes Gesicht, hütete sich jedoch, sie de swegen zum Bleiben bewegen zu wollen.
Reven war noch nicht wieder zu sich gekommen, und Sabrete schlief tief und fest auf e inigen Decken neben Revens Lager.
Hastig machten sich Yorn und Vanea reisefertig, denn sie mussten die nähere Umgebung der Stadt verlassen haben, ehe die Sonne aufging. Schorangar begleitete sie bis zu der Stelle, an der die Antaren in aller Heimlichkeit einen schmalen Tunnel aus der Stadt gegraben hatten. Der Stollen lag im Keller eines Hauses, das sich mit seiner Rückwand an die Stadtmauer lehnte. Dort warteten viele Sklaven, denn noch immer wurden Leute während der Nachtzeit aus der Stadt geschleust. Da jedoch der Tunnel sehr eng war, ging das nur sehr langsam vor sich. Außerdem konnten sich einzelne Menschen leichter in den Büschen draußen an der Stadtmauer verstecken und waren, wenn es hell wurde, schon aus dem näheren Umfeld der Stadt verschwunden.
Vanea staunte, wie diszipliniert und still sich die Leute verhielten. Selbst
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