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Das Orakel von Antara

Das Orakel von Antara

Titel: Das Orakel von Antara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Galen
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nicht das Gewicht eines Mannes. Doch dann atmeten die beiden am Fuß des Spalts auf. Yorn hatte den Felsrand erreicht. Kandon griff nach seiner Hand und zog ihn vollends in die Höhe. Erschöpft sank Yorn auf dem Boden nieder. Ruhig löste Kandon das Seil von seiner Brust und warf es erneut hinunter.
     
    „Jetzt du, Vanea!“ rief er.
     
    Reven band das Seil unter den Achseln des Mädchens fest, und in wenigen Augenblicken hatte Kandon die geringe Last emporgezogen. Während Vanea sich sofort um Yorn kümmerte, der mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Boden saß, holte Kandon auch Reven nach oben. Reven stand kaum neben den dreien, als er auch schon sagte:
     
    „Komm, Kandon, wir müssen Yorn ins Lager zurücktragen.“
     
    „Ich kann selbst laufen!“ protestierte Yorn und stand auf. Doch kaum stand er auf den Beinen, begann er auch schon zu taumeln und fiel in die rasch zugreifenden Arme Revens.
     
    „Hör' auf, hier den Helden zu spielen!“ knurrte dieser. „Du läßt dich jetzt ohne Widerrede von uns ins Lager tragen, oder ich bitte Kandon, dich wie einen Mehlsack über die Schulter zu werfen. Was wolltest du in deinem jetzigen Zustand wohl dagegen unternehmen?“
     
    Mit einem kleinen Lächeln wehrte Yorn ab. „Schon gut, schon gut!“ gab er klein bei. „Ich merke ja selbst, dass ich den Weg zurück nicht allein schaffe. Aber es reicht völlig, wenn Kandon mich ein wenig stützt.“
     
    Doch Kandon schien das lange Hin und Her nun zu bunt zu werden. Kurzerhand trat er zu Yorn und ehe dieser sich versah, hatte der Freund ihn schon aufgehoben. Wortlos stapfte Kandon los, ohne sich um Yorns schwachen Protest und die verblüfften Blicke der beiden anderen zu kümmern. Die zwei mussten sich beeilen, um mit den ausgreifenden Schritten des Hünen mithalten zu können.
     
    „Renn' doch nicht so! Vanea kommt ja kaum mit!“ beschwerte sich Reven nach einer Weile.
     
    „Ihr könnt ja nachkommen“, antwortete Kandon ungerührt. „Ihr kennt ja den Weg. Aber Yorn muss so schnell wie möglich ruhig liegen, darum werde ich mich beeilen.“
     
    Reven hielt Vanea am Arm fest. „Er hat Recht!“ sagte er. „Lass’ ihn nur vorgehen. Yorn ist bei ihm gut aufgehoben. Wir wollen etwas langsamer gehen. Du bist ja schon ganz außer Atem.“
     
    „Aber Yorns Wunde muss versorgt werden!“ meinte Vanea besorgt, denn sie hatte gesehen, dass wieder ein dünnes Rinnsal Blut an Yorns Wange hinablief.
     
    Reven lächelte. „Wie viele Wunden hast du denn in deinem Leben schon behandelt?“ fragte er.
     
    Vanea errötete. „Keine!“ gestand sie leise.
     
    „Na, also! Dann lass' Kandon nur machen. Er versteht noch mehr davon als ich“, beruhigte Reven das Mädchen. „Oder glaubst du, ich würde ihm meinen Bruder sonst so ruhig überlassen?“ fragte er dann mit einem hintergründigen Seitenblick auf Vanea. „Ich liebe ihn nämlich sehr, weißt du!“
     
    Vaneas Augen hielten seinem Blick stand. „Ich auch!“ sagte sie dann ruhig.
     
    „Heissa!“ lachte Reven erfreut. „Sollte dieser unglückliche Jagdausflug etwa doch einen Nutzen gehabt haben? Dann will ich heute Nacht gern mit knurrendem Magen schlafen gehen, obwohl ich mich schon auf eine saftige Hammelkeule gefreut hatte. Hast du es also endlich doch begriffen, dass sein Blick nicht nur aus Dankbarkeit seit Wochen nur an dir hängt?“
     
    Vanea schwieg, doch der glückliche Glanz in ihren Augen sagte Reven mehr als jede Erklärung.
    Als die beiden ins Lager kamen, lag Yorn bereits auf seinen Decken, und Kandon befesti gte gerade den Verband um seinen Kopf. Vanea wollte zu ihm, doch Kandon schob sie mit festem Griff von ihm fort.
     
    „Er schläft“, sagte er leise. „Weck' ihn nicht auf, denn Schlaf ist jetzt die beste Arznei für ihn. Wenn er bis morgen durchschläft, wird sein Kopf schon wieder klarer sein. Aber ich fürchte, dass er zwei bis drei Tage nicht wird reiten können.“ Vorsichtig lüftete er die Decke über Yorns nacktem Oberkörper. Vanea schlug erschreckt die Hand vor den Mund und auch Reven holte hörbar Luft. Auf der linken Seite von Yorns Brust zeichnete sich ein Bluterguß von der Größe einer Männerfaust ab. „Er hat Glück gehabt“, fuhr Kandon fort, „denn die Rippen sind nicht gebrochen. Aber er wird noch einigen Tage ziemliche Schmerzen haben.“
     
    Vaneas Augen füllten sich mit Tränen. „Das ist meine Schuld!“ klagte sie. „Wäre ich nicht so neugierig gewesen, wäre das nicht geschehen.“
     
    Reven

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