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Das Orakel von Antara

Das Orakel von Antara

Titel: Das Orakel von Antara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Galen
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legte den Arm um das weinende Mädchen und führte sie ein Stück von Yorns Lager fort. „Komm, erzähl' uns, was geschehen ist“, sagte er. „Und weine nicht mehr, denn so schlimm ist es ja auch nicht. In ein paar Tagen ist Yorn wieder auf den Beinen. Es kommt nicht darauf an, ob wir nun in drei oder sieben Tagen nach Hause kommen, denn ich glaube kaum, dass man uns überhaupt so schnell zurück erwartet. Also setze dich und beruhige dich erst einmal. Mich interessiert brennend, wie du in den Felsspalt gekommen bist.“
     
    „Ja, und wieso ich auf diese Entfernung deinen Hilferuf hören konnte“, führte Kandon weiter und ließ sich neben den beiden nieder. „Oder war das nur Einbildung von mir?“
     
    Nun berichtete Vanea den zwei Freunden, was geschehen war. „Ich musste einfach versuchen, ob einer von euch beiden nicht doch von dem Ruf erreicht würde“, schloss sie, „denn es hätte leicht Abend werden können, bis ihr uns gefunden hättet. Doch so lange konnte Yorn nicht ohne Hilfe bleiben. Vielleicht hat meine Angst um ihn meinen Ruf so verstärkt, dass sogar ein Mensch ihn vernehmen konnte.“
     
    „Ich habe nichts gehört“, wunderte sich Reven. „Wie kommt es, dass Kandon es gehört hat? Er hat zwar genauso scharfe Augen wie ich, aber mein Vater sagte stets, dass ich sogar das Atmen eine Fliege hören könne.“
     
    „Kandon hörte nicht mit den Ohren, er empfing die Stimme meiner Gedanken“, erklärte Vanea. „Jeder im Nebelreich hat diese Fähigkeit, und nur selten verständigen wir uns wie ihr. Doch unter euch scheint Kandon eine Ausnahme zu sein. Wenn es dir recht ist, Kandon, werden wir versuchen, diese besondere Gabe bei dir weiter zu fördern. Vielleicht ist es dir gegeben, auch selbst den Ruf auszusenden, und das könnte für euch oftmals von Nutzen sein.“
     
    „Ich wusste gar nicht, dass ich so etwas Besonderes an mir habe“, lächelte Kandon verlegen. „Aber wenn du glaubst, dass es etwas bringt, so soll es mir recht sein.“
     
    „Da sagt doch dieser Mensch, dass er nichts Besonderes an sich habe!“ lachte Reven. „Hat mehr Kraft als ein Ochse und ist groß wie ein Haus, aber er glaubt, er sei ein Durchschnittsmann! Wären die Antaren tatsächlich alle wie du, hätte sich nie ein Moradone über unsere Grenzen getraut und wir säßen jetzt nicht hier.“
     
    Auch Vanea schien der Gedanke an ein Volk von Kandons zu erheitern, und zum ersten Mal seit ihrer Bekanntschaft sahen die Männer ein befreites Lachen auf ihren Lippen.
    Bis zum Abend vertrieben sich die drei die Zeit mit kleinen Beschäftigungen und gedämp fter Unterhaltung. Zur Zufriedenheit aller schlief Yorn fest, und selbst Vanea legte sich beruhigt schlafen. Kandon hatte ihr versichert, dass sich Yorn am nächsten Tag wohl schon viel besser fühlen würde. So wich ihre Besorgnis einer freudigen Voraussicht auf die kommende Zeit mit dem Geliebten.
    Wirklich ging es Yorn am nächsten Tag schon wieder recht gut, und als Reven mit einem der Schafe als Jagdbeute zurückkehrte, sprach er dem köstli chen Braten genauso kräftig zu wie alle anderen. Am darauffolgenden Morgen wollte er darum auch schon wieder aufbrechen, doch Kandon ließ das nicht zu. Da auch Vanea und Reven Yorns Einwänden heftig widersprachen, blieb ihm nichts weiter übrig, als sich dem Mehrheitsbeschluss und der Fürsorge der drei unterzuordnen.
    So brach die Gesellschaft erst am dritten Tag nach Yorns Unfall in der Frühe wieder auf, um nun eiligst der nahen Heimat entg egenzustreben. Als die Sonne sich am vierten Tag nach ihrem Aufbruch bereits wieder gen Westen senkte, erreichten die Freunde das Tal, in dem sich der verborgene Zugang zum Schlupfwinkel der Niveder befand.
    Als sie sich dem Eingang der Höhle näherten, die in dem versteckten Talke ssel mündete, wurden die Blicke der Männer verwundert und besorgt. Kein Wachtposten schützte den Eingang, und niemand kam, um die Heimkehrer zu begrüßen, obwohl die Wächter auf dem Ausguck ihre Ankunft schon längst hätten bemerkt haben müssen.
    Voll schrecklicher Ahnungen drängten sie durch den schmalen Höhlengang und prallten am Talausgang entsetzt zurück. Statt des friedlichen Dor ftreibens bot sich ihnen ein Anblick des Grauens. In den letzten Strahlen der untergehenden Sonne lag vor ihnen ein Bild der Zerstörung. Tot und leer war das Dorf, die Häuser zerstört, die Zelte niedergerissen und zerfetzt. Hier und da schwelten noch Brände in den Gebäuden und nirgends sah man ein

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