Das Orakel von Antara
Heftigkeit abgewiesen, wie ich sie noch nie erlebt habe. Dabei lag für den Bruchteil einer Sekunde der wahre Grund für diese Ablehnung offen dar, so dass ich erkennen konnte, was mich vertrieb. Und solange Reven nicht auch bis in den tiefsten Winkel seiner Seele davon überzeugt ist, dass sich zwischen ihm und dir nichts geändert hat, wird mir der Zugang zu ihm versperrt bleiben.“
„Aber Reven war es doch, der uns überhaupt zusammengebracht hat“, wandte Yorn ein. „Er war es doch, der mir bewusst gemacht hat, dass ich dich liebe. Hätte er das getan, wenn er eifersüchtig gewesen wäre?“
„Da war er es wohl auch noch nicht“, lächelte Vanea matt, „denn er konnte da noch nicht ahnen, wie tief diese Liebe sein würde. Doch ohne dass es ihm bewusst wird, beneidet er mich heute um die Möglichkeit, mit deinem Geist zu verschmelzen. Hätte er dieselbe Fähigkeit wie ich, wäre das Problem sofort gelöst.“
„Warum versuchst du dann nicht, sie zu schaffen?“ platzte Kandon heraus. „Bringe Yorn bei, wie es geht! Ihm wird sich Reven nicht verschließen.“
Verblüfft blickten die anderen ihn an.
„Ja, das könnte gehen“, sagte Vanea erstaunt. „Warum bin ich selbst noch nicht auf diese Idee gekommen?“
„Weil vielleicht auch in dir ein wenig von dieser Eifersucht steckt!“ trumpfte Kandon auf. „Auch du solltest diese Möglichkeit nicht von dir weisen.“
Vanea sah Kandon nachdenklich an. „Ich weise das gar nicht zurück“, sagte sie dann, „denn ich sah in Yorns Seele die Liebe zu seinem Bruder - und ich sah, wie stark sie ist!“ Dann lächelte sie Reven zu. „Wir beide werden uns damit abfinden müssen, dass wir uns Yorns Liebe teilen müssen. Doch ich glaube, er hat für uns beide genug davon.“
Reven sah Vanea dankbar an. „Es tut mir leid, dass ich dir Schmerzen zufügte, Vanea“, sagte er, „denn ich glaube, du weißt, wie sehr ich dich schätze. Und - wie du selbst sagst - ich wusste nicht, dass ein solches Gefühl in mir wohnt. Doch wenn du es schaffen könntest, Kandons Vorschlag zu verwirklichen, würdest du mir einen großen Wunsch erfüllen.“
„Ich will es gern versuchen“, stimmte Vanea zu, „aber ihr müsst mir ein wenig Zeit geben, mich zu erholen. Die heftige Zurückweisung hat mir Schmerzen verursacht. Ich werde es euch sagen, wenn ich wieder bereit bin.“
Kurze Zeit darauf kam Schorangar. „In drei Tagen werdet ihr zu eurem Unternehmen aufbrechen können“, verkündete er. „Mir fehlen zwar noch ein paar wesentliche Einzelheiten zu eurem Plan, aber die große Linie steht schon fest. Nicht umsonst habe ich mein halbes Leben mit der Vorbereitung dieses Ereignisses verbracht. Überall in der Stadt sind meine Boten unterwegs, die das Zeichen zum Bereithalten für den großen Schlag geben. Auch die vertrauenswürdigen Antaren in der näheren Umgebung werden benachrichtigt. Wenn ich das Zeichen gebe, werden sich überall die Sklaven erheben. Wir haben geheime Waffenlager, so dass wir nicht wehrlos sein werden.“
Yorn schüttelte den Kopf. „Verzeih’, dass ich dir widerspreche“, sagte er bestimmt. „Aber ich halte es nicht für gut, wenn eine Revolte schon sofort losbricht, wenn unser Vorhaben gelingt. Zu viele Antaren haben sich willig in die Sklaverei gefügt und dienen den Moradonen treu. Ich will nicht, dass Bruder gegen Bruder kämpft. Es ist genug antarisches Blut geflossen. Beginnt ihr den Kampf hier in Blooria, werden die Moradonen die ihnen ergebenen Antaren gegen euch auf den Plan rufen. Hier in der Enge der Stadt würde daraus ein fürchterliches Gemetzel entstehen, aber es wären vorwiegend Antaren, die ihm zum Opfer fallen würden. Es wäre besser, wenn unsere Leute zunächst einmal fliehen würden. Dann könnten sie Nith entgegenziehen und sich mit dem letzten Heer der Antaren vereinen, das der Priester aufstellen wollte. Wie auch immer unser Vorhaben endet - das ist die bessere Lösung! Denn gelingt der Plan, wird der böse Einfluss auf Blooria schwinden. Einige Moradonen werden vielleicht ihr Unrecht einsehen und zum Frieden raten. Die anderen werden jedoch verstört und unentschlossen sein. Denkt daran, dass nur ein geringer Teil von ihnen Kämpfer sind, ausgebildet zum Fang von Sklaven. Die Mehrzahl der Bevölkerung ist jedoch durch das lange Wohlleben verweichlicht und wird einen Krieg fürchten. Und viele der zurückbleibenden Antaren werden zu Bewusstsein kommen und später ebenso
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