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Das Orakel von Margyle

Das Orakel von Margyle

Titel: Das Orakel von Margyle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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Rath nun eine Entscheidung fällte, mit der sie nicht leben konnte?
    “Wir sind keine Han”, wiederholte er, mehr zu sich selbst als zu den anderen. “Und wir dürfen keine Han werden.”
    “Natürlich nicht, Hoheit.” Idrygon schien wie immer sicher zu sein, dass alles nach seinem Willen verlief. “Wir werden diese gemeinen Ungläubigen von unseren Küsten vertreiben und jede ihrer stinkenden Spuren in unserem Land auslöschen.”
    Maura zuckte zurück, als hätte er sie geschlagen. Was Rath wohl sagen würde, wenn er wüsste, dass sie selbst eine “stinkende Spur” war?
    “Das hoffe ich auch.” Rath massierte sich das unrasierte Kinn. “Aber was, wenn wir in unserem Eifer, die Han zu vertreiben, selbst zu dem werden, was wir hassen?”
    Über Idrygons Gesicht huschte ein Ausdruck von Unsicherheit. Aber nur kurz, dann rief er: “Ganz gewiss besteht keine Gefahr, dass wir wie die Han werden, Hoheit.”
    “Die Gefahr ist größer, als Ihr glaubt.” Rath schüttelte langsam den Kopf. “Und wenn das der Preis für den Sieg ist, so könnte er zu hoch sein.”
    “Aber was hat all das mit der Frau zu tun, Hoheit?”
    “Alles.” Plötzlich wirkte Rath selbstsicherer, als Maura ihn seit Langem gesehen hatte. “Wenn die Han keine Gnade walten lassen, dann müssen wir es tun. Ich stelle diese Frau unter königlichen Schutz.”
    Delyon und Maura stießen einen Seufzer der Erleichterung aus.
    “Sire”, schrie Idrygon, “das ist Wahnsinn!”
    “Nehmt Euch in Acht!” Rath musterte ihn mit vernichtend kaltem Blick. “Ich weiß sehr wohl, was Ihr alles getan habt, um uns so weit zu bringen, und ich weiß es zu schätzen. Doch lasst uns nicht vergessen, wer hier der König ist. Gebt der Frau einen vertrauenswürdigen Wächter, um sie vor Ungemach zu schützen, und sorgt dafür, dass sie nicht davonläuft und Geschichten erzählt. Barmherzigkeit muss nicht Dummheit sein.”
    “Ich danke Euch, Hoheit!” Delyon machte eine tiefe Verbeugung. “Ich werde Eure Befehle sofort weitergeben.”
    Idrygon warf seinem Bruder einen Blick mühsam unterdrückter Wut zu und stolzierte dann hinter ihm aus dem Zelt. Für Maura hatte er weder einen Blick noch ein Wort übrig. Vielleicht fürchtete er, am Ende Landesverrat zu begehen.
    “Gut gemacht,
Aira!”
Maura warf Rath die Arme um den Hals. “Du hast wie ein wahrer König gesprochen!”
    “Ich hoffe, ich habe die richtige Entscheidung getroffen.” Er schien nicht davon überzeugt zu sein. “Sollte diese Songrid mit Informationen zu den Echtroi laufen, dürfte ich die kürzeste Regierungszeit aller umbrischen Könige haben … nicht, dass ich es schlimm fände, die Krone abzugeben.”
    “Sieh sie dir doch selbst an.” Maura bückte sich, um ihre Kleider vom Boden aufzuheben. “Ich kann Songrid hierher bringen, damit sie dir ihre Geschichte erzählt. Wenn du erst einmal mit ihr gesprochen hast, weiß ich, dass du zustimmen wirst …”
    “Nein!” Rath ging zur gegenüberliegenden Seite des Zeltes und kniete vor einer mit wunderbaren Schnitzereien verzierten Truhe nieder. Er öffnete sie. “Ich muss nicht mit ihr sprechen. Es genügt mir, wenn du für sie bürgst.”
    “Wie du willst.” Maura fröstelte, als sie aus Raths großem, warmem Gewand schlüpfte, das so tröstlich nach ihm roch.
    Auch seine Schroffheit war ein wenig Schuld an ihrem Frösteln. Hinter seiner Weigerung, Songrid zu treffen, musste mehr stecken, als er zugab – aber was?
    Er nahm einen kleinen Stoffbeutel aus der Truhe, ähnlich denen, die Maura in friedlichen Tagen, als sie nichts weiter als ein Zauberlehrling gewesen war, dazu benutzt hatte, Kräuter und andere magischen Dinge aufzubewahren.
    Als sie ihn sah, kam ihr ein Gedanke. “
Aira
, darf ich dich um einen weiteren Gefallen bitten?”
    “Du darfst mich um alles bitten.” Rath maß eine kleine Portion dunkles Pulver ab und schüttete es in eine Feldflasche. “Ob ich dir deinen Wunsch erfüllen kann, ist eine andere Sache. Ich werde es aber versuchen.”
    Er rief bei der Zeltwache nach heißem Wasser. Es musste ein morgendliches Ritual sein, denn umgehend wurde eine kleine Kanne, von der feiner Dampf aufstieg, durch die Zeltklappe gereicht. Rath nahm sie und goss etwas Wasser in das Fläschchen.
    “Was wird heute passieren?”, fragte Maura, während sie sich das Hemd und dann ihr Kleid überzog. “Werden deine Männer nach Aldwood marschieren?”
    “Aye.” Rath schüttelte die Mixtur. “Heute, morgen und übermorgen. Und

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