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Das Orakel von Margyle

Das Orakel von Margyle

Titel: Das Orakel von Margyle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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sich seine Feindseligkeit nur noch in einem wütenden Blick. “Was habt Ihr mit mir gemacht, Landratte? Das lasse ich mir nicht gefallen, verdammt noch mal!”
    “Ihr müsst es Euch schon gefallen lassen, Euch bleibt nämlich gar keine andere Wahl”, knurrte Rath. “Und ich habe gar nichts getan.” Er versuchte, den Kopf zu drehen und Maura anzuschauen, aber sein Hals verweigerte ihm ebenso den Dienst wie der Rest seines Körpers. “
Sie
ist es. Diese verfluchten, idiotischen Spinnweben!”
    “
Sie?”
Gulls Blick wanderte zur Seite, doch er konnte den Kopf genauso wenig drehen wie Rath. “Ihr meint …”
    An irgendeinem Punkt der Rauferei musste die Musik zu spielen aufgehört haben, aber Rath bemerkte die Stille erst jetzt. Er erwartete, dass Mauras tadelnde Stimme sie durchbrechen würde.
    Stattdessen erklang eine scharfe männliche Stimme. Sie sprach Umbrisch, mit deutlichem twaranischen Akzent. “Was soll das, Gull? Du hast unsere Wehrhaften Wasser verschmutzt, indem du die ganze hanische Erzflotte hineingelockt hast, sodass sie nutzlos geworden sind. Jetzt ankerst du hier vor der Küste und gibst dich allen möglichen Ausschweifungen hin.”
    Etwas in dieser Stimme ließ Rath seinen im Grunde harmlosen Krach mit Gull vergessen. Vielleicht lag es an seinem Naturell eines Gesetzlosen, dass er sich über jegliche Autorität ärgerte. Oder am Sythria, dass er Lust auf einen neuen Kampf bekam.
    In das verschüchterte Schweigen hinein, das den Worten des Mannes folgte, brummte Rath laut genug, dass alle es hören konnten: “Ihr solltet Euch lieber hin und wieder auch ein wenig in Ausschweifungen üben. Vielleicht hättet Ihr dann einen besseren Stuhlgang.”
    Das Schweigen, das seinen Worten folgte, weckte in Rath ein merkwürdiges Gefühl. Selbst die Wellen schienen ihr sanftes Klatschen gegen den Schiffsrumpf eingestellt zu haben, um zu lauschen. In dieser gespannten Stille klang das leise Geräusch näher kommender, lederbesohlter Stiefel lauter als das vorherige Dröhnen der Handtrommeln.
    Rath kam der Gedanke, dass es eigentlich ziemlich dumm war, einen wendigen Gegner zu reizen, während er selbst hilflos dalag. Doch er konnte nun einmal nicht aus seiner Haut. Die schlanke Spitze eines Lederstiefels hakte sich unter sein Kinn und drehte Raths Kopf, was er aus eigener Kraft ja nicht tun konnte. Ein nicht gerade kleiner Schuh schwebte über seiner Kehle. Schon vor langer Zeit hatte er gelernt, seine Angst nicht zu zeigen, und er bildete sich ein, darin inzwischen ziemlich gut zu sein. Aber es war mit der Zeit nicht leichter geworden.
    Rath starrte zu dem Mann hoch, der sehr groß und schlank zu sein schien … zumindest aus seiner Position. Er hatte stechende, dunkle Augen und so klare, regelmäßige Gesichtzüge, dass es Rath in der Faust juckte, sie ihm ein wenig zu derangieren. Oder dem Burschen wenigstens die kurz geschnitten, unnatürlich ordentlich frisierten Haare durcheinanderzubringen. Gekleidet war er in enge Beinlinge und eine lange, hellbraune Tunika.
    “Und wer seid Ihr”, fragte der Besitzer des Stiefels, “dass Ihr mit Beleidigungen um Euch werft, ohne den Mut oder die Manieren zu besitzen, aufzustehen und sie mir ins Gesicht zu sagen?”
    “Ich bin der Wartende König”, knurrte Rath, als handelte es sich nur um einen verächtlichen Scherz, mit dem er den anderen schockieren wollte. “Wer seid Ihr?”
    “Nehmt es ihm nicht übel, Lord Idrygon!”, schrie Gull. “Ihr könnt eine Landratte nicht für das Geschwätz verantwortlich machen, das sie so von sich gibt, wenn sie das erste Mal den Bauch voll Sythria hat.”
    Lord
Idrygon? Schön, schön, aber Lord wovon, fragte sich Rath und versuchte, nicht darüber nachzudenken, dass Lord Idrygon genauso aussah, wie er sich früher den Wartenden König vorgestellt hatte.
    Rath blickte zu Maura, die ihrerseits Idrygon mit offenem Mund anstarrte. Als sie endlich einmal auch zu ihm schaute, formten seine Lippen lautlos das Wort
bitte.
Sie verzog das Gesicht, als hätte sie in etwas Saures gebissen. Doch dann bewegte sie die Lippen, sprach leise die Beschwörungsformel, und schon konnte Rath wieder die Finger bewegen. In der Zwischenzeit hatte Lord Idrygon die Schuhspitze zurückgezogen und Raths Kopf wieder nach hinten fallen lassen. “Ein Mann, der seine Zunge nicht im Zaum halten kann, wenn er trinkt, sollte nicht trinken.”
    Rath, der die Hand jetzt wieder bewegen konnte, packte Idrygons Fuß, bevor er ihn noch auf den Boden gesetzt

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