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Das Orakel von Margyle

Das Orakel von Margyle

Titel: Das Orakel von Margyle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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hatte. Er hielt ihn ein oder zwei Zoll in der Luft, genug, um den anderen aus dem Gleichgewicht zu bringen. Nur, dass Lord Idrygon auf einem Fuß sicherer zu stehen schien, als es bei den meisten Menschen auf zwei Füßen der Fall war.
    Da Raths Aktion ihre Wirkung klar verfehlt hatte, ließ er Lord Idrygons Fuß los und stand mühsam auf. Gull zog er dabei mit hoch. Er fuhr sich mit dem Hemdsärmel über das Gesicht, um das Blut fortzuwischen, das ihm immer noch aus der Nase tropfte.
    “Ich schlage Euch einen Handel vor, Mylord. Wenn Ihr Eure Zunge im Zaum haltet, versuche ich, auch meine im Zaum zu halten.”
    Rath deutete mit dem Kopf auf die Wehrhaften Wasser. “Wenn Ihr gefragt hättet, bevor Ihr Eure Anschuldigungen ausspracht, hätten wir Euch sagen können, dass Gull die Erzflotte nicht hierher geführt hat. Ein Sturm blies sie näher an Eure Küste, als sie üblicherweise herankommt. Uns kann man nichts vorwerfen, außer dass wir einige verdammt gute Segelmanöver ausgeführt haben, um den Klauen der Han zu entkommen.”
    “Ich sah, was geschah.” Idrygon presste die wohlgeformten Lippen zu einem harten, strengen Strich zusammen. “Während die Erzflotte segelt, hätte Gull der Insel nicht so nahe kommen dürfen. Das hätte er wissen müssen.”
    Als wollte er den Bogen spannen, um den Angriff eines Feindes abzuwehren, holte Rath tief Luft. Bevor er aber noch die richtigen Worte fand, war Maura an seiner Seite. Sie sah blass aus und sehr aufgeregt.
    “Wollt Ihr damit sagen, dass Ihr uns nicht durch diesen Botenvogel habt rufen lassen? Aber Langbard sagte mir doch, er wäre von hier gekommen. Und die zweite Botschaft besagte, dass Captain Gull uns hierher bringen solle.”
    “Botenvogel?”, murmelte Idrygon wie benommen. Sein hochmütiges Gesicht verzog sich ungläubig, als er von Maura in ihren Knabenkleidern und mit den zerzausten Haaren zu dem zerschlagenen und blutbeschmierten Rath schaute. “Aber das kann nicht sein.” Er schwieg einen Moment. “Wir schicken immer wieder diese dummen Vögel los.” Idrygons verächtlicher Ton ließ keinen Zweifel daran aufkommen, was er von dieser Praxis hielt. “Noch nie hat jemand auf ihre Botschaften geantwortet.”
    Maura ließ die Schultern hängen und Rath ahnte, was sie jetzt dachte – dass nämlich Langbards Tod und alle ihre Kämpfe umsonst gewesen waren.
    Er legte einen Arm um sie. Vielleicht war er nicht gerade der ideale König, aber er war auch kein Mann, der so schnell aufgab.
    Also beugte er sich vor, schenkte Lord Idrygon sein frechstes Grinsen und verkündete mit starker Stimme: “Nun, jetzt hat jemand geantwortet.”

6. KAPITEL
    W as Lord Idrygon wohl damit gemeint hatte, als er sagte, sie schickten die Botenvögel immer wieder los? Der feurige Sythria brannte in Mauras Magen, bis sie fürchtete, sie könnte einen völligen Narren aus sich machen und sich auf die elegant beschuhten Füße des vestanischen Lords übergeben.
    Sie hatte angenommen, sie und Rath würden hier erwartet und willkommen geheißen – und Antworten auf all ihre Fragen und Zweifel erhalten. Nun hatte es den Anschein, ihre Ankunft werfe eher neue Fragen auf. Als Rath den Arm um sie legte, wusste sie nicht, ob sie diese ungeschickte Geste der Unterstützung genießen oder ob sie sich umdrehen und ihn erdrosseln sollte, weil er solch einen Esel aus sich gemacht hatte! Kein Wunder, dass Lord Idrygon entgeistert dastand. Alle Vorstellungen, die der arme Mann vom Wartenden König und der Auserkorenen Königin gehabt haben mochte, starben soeben eines qualvollen Todes.
    Zu seiner Ehre muss gesagt werden, dass er seine Fassung rasch wiederfand.
    “Verzeiht, wenn unsere Bekanntschaft mit einem Misston begann.” Er machte eine steife Verbeugung. “ Das sind … erstaunliche Entwicklungen. Ich denke, Ihr kommt jetzt besser mit mir an Land. Sicher wünscht Ihr so bald als möglich eine Audienz beim Rat der Weisen.”
    Maura nickte zaghaft. Sie nahm zumindest an, dass sie das wünschten. Hatte der Rat der Weisen die Botenvögel geschickt? Würde wenigstens er in der Lage sein,
ein paar
ihrer Fragen zu beantworten?
    “Und Ihr wollt Euch sicher auf die Audienz vorbereiten”, fuhr Lord Idrygon fort. “Euch ausruhen, zurecht machen, Eure Wunden versorgen. Für Euren Aufenthalt auf Margyle biete ich Euch die Gastlichkeit meines Hauses an.”
    Maura glaubte, unter Gulls Männern unterdrücktes Gemurmel zu vernehmen, das durch die stille Nachtluft zu ihr drang. Offenbar stellte

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