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Das Orakel von Margyle

Das Orakel von Margyle

Titel: Das Orakel von Margyle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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der ihm prompt die Tränen in die Augen trieb. “Was ist das?”, keuchte er. Das Getränk brannte sich durch seine Kehle und hinterließ ein taubes Gefühl. Starke Getränke waren ihm nicht fremd … zumindest hatte er das gedacht. Aber so etwas!
    “Trinkt Ihr das erste Mal Sythria?” Gull nahm ihm den Krug aus der Hand und schüttete das scharfe Gebräu hinunter, ohne auch nur das geringste Unbehagen zu zeigen. “Ihr müsst Seemannsblut in Euch haben. Die meisten Landratten spucken ihren ersten Schluck sofort wieder aus und schreien nach Wasser.”
    Das war also Sythria. Bisher hatte Rath den Ruf des Getränks für übertrieben gehalten. Jetzt wusste er es besser. Sein Bauch fühlte sich an, als wäre er mit brennendem Öl gefüllt.
    Maura nahm Gull den Krug aus der Hand und schnupperte daran. “Das Zeug riecht gar nicht schlecht. Woraus ist es gemacht?”
    Bevor Rath es verhindern konnte, setzte sie den Krug an die Lippen und trank ihn aus. Es konnte nicht mehr viel drin sein, nachdem Rath und Gull daraus getrunken hatten. Trotzdem erwartete Rath, dass sie husten, nach Luft ringen und Feuer spucken würde.
    Aber sie fächelte sich nur ein wenig Luft zu. “Starkes Gebräu! Erinnere mich dran, dass ich den nächsten Schluck langsamer trinke.”
    “Ich werde es versuchen”, murmelte Rath.
    Von dem einen Schluck fühlte er sich bereits leicht beschwipst und so sorgenfrei wie schon lange nicht mehr. Vielleicht konnte er noch einen weiteren Schluck Sythria vertragen, jetzt, wo der erste seine Kehle bereits betäubt hatte. Aus irgendeinem Grund ließ ihn diese Erkenntnis in närrisches Gelächter ausbrechen. Alles fühlte sich so angenehm an. Und auch Gull, der Maura und Rath anstarrte, brachte Rath zum Lachen.
    “Verzeiht, Mistress.” Gull zwinkerte, als wollte er prüfen, ob seine Augen noch in Ordnung waren. “Ich hab noch keine Frau getroffen, die nach ihrem ersten Sythria nach einem zweiten verlangt hat.”
    Maura schnupperte wieder an der Krugöffnung und zuckte die Achseln. “Ich habe schon Schlimmeres probiert. Mein Vormund war der miserabelste Koch von ganz Norest … vielleicht von ganz Umbria. Woraus, sagtet Ihr, ist es?”
    “Verzeiht, Mistress, in meiner Verwunderung habe ich Eure Frage nicht beantwortet. Sythria wird aus der Schale der Sythfrucht destilliert. Sie wächst auf den Inseln. Die Leute machen aus der Frucht selbst einen sehr guten Wein, aber die Bewohner von Duskport ziehen ein Getränk vor, das ein bisschen mehr … bewirkt. Billig ist es auch, denn die Schale der Sythfrucht ist bitter und würde doch nur weggeworfen.”
    Die Bergkatze um Gulls Nacken stand auf und reckte sich. Zum ersten Mal sah Rath, wie sie von der Schulter ihres Meisters in eine dunkle Ecke des Decks sprang.
    “Abri muss hungrig sein.” Gull nahm einem vorübergehenden Matrosen einen Krug aus der Hand und trank einen großen Schluck. “Ratten, passt auf!”
    Er stand von dem kleinen Fässchen auf, auf dem er gesessen hatte, und machte eine schwungvolle, aber eher schwankende Verbeugung vor Maura. “Wollt Ihr mir die Ehre eines Tanzes erweisen, Mistress? Ich wagte nicht zu fragen, solange Abri ihre Klauen in mir hatte. Eifersüchtiges Geschöpf – sie hätte es nie zugelassen.”
    Maura rührte sich nicht. “Ich fürchte, es wäre weniger eine Ehre als eine Tortur für Eure Zehen, Captain. Ich habe noch nie mit einem Partner getanzt.”
    “Noch nie getanzt?” Gull trat taumelnd einen Schritt zurück. Entweder tat er so, als wäre er entsetzt über Mauras Worte, oder diese beiden kräftigen Schlucke aus dem Krug zeigten ihre Wirkung.
    Es musste Ersteres gewesen sein, denn er erholte sich rasch, trat nach vorne und ergriff Mauras Hand. Bevor sie oder Rath protestieren konnte, zog Gull sie auf die Füße und drückte Rath den Krug in die Hand, damit der ihm in Mauras Abwesenheit Gesellschaft leiste.
    “Das ist ein ernsthafter Missstand, den wir sofort beseitigen müssen.” Gull legte einen Arm um Mauras Taille, während er mit der anderen ausgestreckten Hand ihre Hand packte. Und so galoppierte er einige Male mit ihr im Kreis herum.
    Zuerst kreischte Maura vor Schreck auf, doch bald begann sie atemlos zu lachen und ihre steife, widerstrebende Haltung aufzugeben. Bei ihrer letzten Runde hatte es den Anschein, dass sie sich mit Gull in fröhlichem Tanz drehte.
    Rath trank langsam ein paar Mal aus dem Krug in seiner Hand und saß finster brütend da, während der Sythria in seinem Bauch eine Feuersbrunst

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