Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Orakel von Margyle

Das Orakel von Margyle

Titel: Das Orakel von Margyle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
Vom Netzwerk:
Kapitulation vorziehen. Dessen bin ich mir sicher.”
    Rath antwortete mit einem Knurren. Mit Idrygon konnte man nur schwer streiten. Für all seine Vorhaben schien er einen schier unerschöpflichen Vorrat an stichhaltigen, vernünftigen Argumenten zu haben.
    “Um Krieger zu bekämpfen”, Idrygon ballte die Fäuste, “müssen wir wie Krieger denken. Wir müssen Krieger
werden.
Es ist wahr, bis jetzt waren wir in unseren Schlachten in der Überzahl. Aber wir haben nicht genügend Streitkräfte, um der gesamten hanischen Besatzungsarmee standzuhalten. Wir müssen sie in kleinen Schritten schwächen. Ihr kanntet unseren Schlachtplan, bevor wir Margyle verließen. Ich dachte, Ihr wäret damit einverstanden.”
    “Das … das war ich.” Damals handelte es sich um kleine hölzerne Markierungen, die sie auf der Landkarte hin und her schoben, und nicht um schreiende, blutende Männer, deren Körper einfach so in Stücke gerissen wurden.
    Er sprang auf und begann, immer noch den Trinkschlauch umklammernd, im Zelt auf und ab zu gehen. “Das alles weiß ich, Idrygon.” Er tippte sich mit dem Daumen an die Stirn. “Hier oben weiß ich es. Aber hier und hier … “, er deutete auf seine Brust und dann auf den Bauch, “… macht es mich krank. Zu meiner Zeit habe ich jede Menge hanisches Blut vergossen, aber niemals so. Wenn ich keine andere Wahl hatte und töten musste, versuchte ich es immer so schnell und so sauber wie möglich zu tun.”
    “Sehr edel von Euch.” Idrygons Stimme verriet keinen Spott, doch Rath spürte ihn trotzdem.
    “Wenn wir am Ende nicht besser sind als die Han”, Rath deutete mit seinem Trinkschlauch auf Idrygon, “wozu tun wir dann all das hier? Wird es Umbria dann besser haben?”
    Er bemerkte, wie er anfing, undeutlich zu sprechen, und hatte noch genug Verstand zu erkennen, dass er mit Reden aufhören und ins Bett gehen sollte, bevor ihn seine lose Zunge in Schwierigkeiten brachte.
    “Beruhigt Euch”, sagte Idrygon. “Und setzt Euch, bevor Ihr fallt. Ich bin sicher, bei dieser … Rohheit der Festlandbewohner handelt es sich um ein vorübergehendes Fieber, das sich bald selbst verzehrt.”
    “Ein Fieber also?” Rath stellte sich breitbeinig hin, um das Gleichgewicht zu behalten. “Dann brauchen sie eine gute Medizin, und wenn Ihr die nicht verteilt, dann werde ich das übernehmen. Morgen werde ich Befehle erteilen bezüglich ehrenhaften Verhaltens in der Schlacht. Und ich werde Strafen festsetzen für jeden, der nicht gehorcht.”
    “Seid kein Narr!” Idrygon sprang auf die Füße und riss Rath den Trinkschlauch aus der Hand. “Die Festlandbewohner sind Euch zugeströmt, genau wie ich es gesagt habe. Ohne ihre Anzahl hätten wir heute vielleicht einen
ehrenhafteren
Kampf geführt, aber wir hätten auch viel mehr eigene Männer verloren. Ist es das, was Ihr wollt?”
    “Nein, aber …”
    “Falls Ihr es noch nicht bemerkt haben solltet: In diesen Tagen sind die Festlandbewohner unseren vestanischen Soldaten zahlenmäßig überlegen. Wenn Ihr versucht, sie daran zu hindern, ihre verdiente Rache zu üben, werden sie sich gegen Euch wenden,
Wartender König.
Und wenn sie das tun, dann sind die Han unsere kleinste Sorge.” Er deutete auf Raths Schlafsack. Die Schärfe in seiner Stimme und seinem Benehmen ließ nach. “Legt Euch jetzt hin und schlaft etwas. Ihr seid zu … überreizt, um Pläne zu machen. Morgen werdet Ihr all das, was ich Euch gesagt habe, besser verstehen.”
    Rath wollte protestieren. Idrygons Argumente klangen logisch, doch sie änderten nichts an seinen Gefühlen. Das war nicht die glorreiche, ehrenhafte Eroberung, die er sich vorgestellt hatte. Vielleicht konnte man aber beim Erobern weder Ruhm noch Ehre finden.
    Er legte sich gehorsam aufs Bett und hoffte, der Sythria würde ihn einschlafen lassen und die Albträume von ihm fernhalten.
    “Genug geredet für heute Abend.” Idrygon deckte ihn zu. “Wir müssen morgen früh auf den Beinen sein. Es geht ins Gebirge, wie ich es Euch versprochen habe. Wenn Ihr die Minen wiederseht, werden Euch die armen, misshandelten Han vielleicht nicht mehr so leid tun.”
    “Es geht nicht um die Han”, murmelte Rath, als Schnaps und Schlaf ihn zu überwältigen begannen. “Es geht um uns.”
    Das war es – es ging nicht darum, auf welche Weise die Han abgeschlachtet werden sollten, sondern darum, welch brutales Vergnügen seine Leute am Töten hatten.
    Idrygon erhob sich. Er warf den Trinkschlauch beiseite. Raht hörte

Weitere Kostenlose Bücher