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Das Orakel von Margyle

Das Orakel von Margyle

Titel: Das Orakel von Margyle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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einen großen Raum, dessen Fenster zum Innenhof hinausgingen. Etliche hochgewachsene, dunkelblonde Soldaten standen um einen Tisch, auf dem eine grob gezeichnete Landkarte lag. Selbst aus der relativ großen Distanz erkannte Maura die vertrauten halbmondförmigen Umrisse, die dem Blutmondgebirge seinen Namen gaben.
    Die Männer blickten auf und einer der Diensthabenden bellte dem Offizier, der Maura brachte, eine Frage zu. Der Offizier machte mit seiner Faust eine Art salutierende Bewegung und antwortete dann in schnellem Hanisch. Maura wünschte, sie hätte auch nur ein Wort verstanden.
    Der Kommandant entließ die anderen Männer mit einem Blick und einem Kopfnicken. Als sie gegangen waren, ging er auf Maura zu. Sie zuckte voller Angst zusammen, als er ihr unter den Mantel griff. Doch er packte nur einen Zipfel des Schultergürtels und zog ihn an sich heran, um ihn sich genauer anzusehen.
    “Was ist das?”, fragte er. “Was ist da drin?”
    “Nur harmlose Kräuter, Herr, um zu heilen.”
    Er ließ den Gurt los, als hätte er sich in eine zischende Schlange verwandelt. “Wenn Starke krank werden oder verwundet sind, werden sie auch ohne stinkende Giftkräuter wieder gesund. Schwächlinge, die so etwas brauchen, lässt man besser sterben.”
    Maura presste die Lippen zusammen. Mit dem Mann, der ihr Leben in der Hand hielt, wollte sie lieber nicht über diese Auffassung diskutieren. Sie wollte ihm andererseits aber auch nicht das kleinste Zeichen der Zustimmung geben.
    Glücklicherweise schien der Kommandant keine Antwort zu erwarten. Stattdessen richtete er seine Aufmerksamkeit auf Delyon, zog das Pergament aus seinem Gürtel und entrollte es. Einen Augenblick starrte er auf die Zeichen und zog dabei die dichten Brauen zusammen.
    “Was ist das?” Er hielt Maura die Schriftrolle unter die Nase. “Was steht da drin?”
    Sie konnte ihm eine ehrliche Antwort geben. “Ich weiß es nicht, Herr. Wenn Ihr es herausfinden wollt, dann müsst Ihr mich meinen Freund pflegen lassen und hoffen, dass es mir gelingt, ihn wiederzubeleben, damit er Eure Fragen beantwortet.”
    “Pah!” Der Kommandant ließ die Rolle fallen und stieß sie mit dem Fuß beiseite. “Es braucht mehr als das da, damit ich mir Gedanken darüber mache, ob ein umbrischer Minderling lebt oder stirbt. Wie es aussieht, gibt es zu viele von Eurer Sorte. Wir erweisen Euch bloß einen Gefallen, wenn wir die Schwachen ausmerzen.”
    “Ihr verwechselt Tyrannei mit Stärke.” Bevor sich Maura zurückhalten konnte, hatte sie die Worte bereits ausgesprochen. Glücklicherweise auf Umbrisch, und der Kommandant beachtete sie nicht.
    “Lurgo sagte mir, ihr seid Spione.”
    “Nein, Herr.” Maura hoffte, dass ihre Beteuerung unecht genug klang, um Verdacht zu erregen. “Nur harmlose, versehentlich festgenommene Reisende.”
    “Wenn es zu einer Festnahme Euresgleichen kommt, machen meine Männer niemals Fehler! Reisen, außer im Dienste des Imperiums, ist verboten. Wenn ihr das nicht wisst, seid ihr alles andere als harmlos. Woher kommt ihr und wohin wollt ihr?”
    “Wir kommen aus dem Süden, Herr.” Maura hoffte, dass er diese Lüge bemerkte. “Aus einem Dorf namens … Woodbury, und wir wollen nach …Talward.”
    “Hab weder von dem einen noch dem anderen je gehört”, höhnte der Han wie die meisten seines Volkes, wenn sie mit sogenannten Minderlingen sprachen. “Was wollt ihr in diesem Talward?” Er stieß den bewusstlosen Delyon mit dem Fuß an. “Und warum hat der da eine offizielle Bekanntmachung heruntergerissen?”
    “Ein unglückliches Versehen, Herr. Mein Freund wollte … sie sich nur etwas näher anschauen.” Lügen war wirklich ein mühsames Geschäft – und das, obwohl sie gar nicht wollte, dass man ihr glaubte! “Wie Ihr an der Schriftrolle erkennt, hat er ein großes Interesse an allem Geschriebenen.”
    “Lügensau!” Der Kommandant stürzte sich auf Maura. “Wenn Oseck hier wäre, würde er schnell die Wahrheit aus Euch herausprügeln, und ich vermute, er hätte auch noch Spaß dran.” Sein Lachen klang wie zersplitterndes Glas. “Doch ich denke, da man Oseck gerade in dem Augenblick, in dem ich ihn doch eigentlich hier am meisten brauche, nach Venard befohlen hat, werde ich euch ebenfalls dorthin schicken, damit er euch befragen kann.”
    “Bitte, Herr! Nicht Venard!” Maura zwang ihre Muskeln, sich noch mehr zu verkrampfen, obwohl sie ganz erleichtert war. “Nicht die Echtroi!”
    Bei ihrer gespielten Verzweiflung

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