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Das Orakel von Port-nicolas

Das Orakel von Port-nicolas

Titel: Das Orakel von Port-nicolas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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geht voran«, sagte er.
    »Da, da tut sich was.«
    »Wo, welches Teil?«
    »Nein, Lionel kommt hoch. Für heute abend ist Schluß.«
    Mit befriedigtem Gesichtsausdruck trat Lionel Sevran ein, während er sich die Hände an einem Handtuch abwischte. Sie stellten sich vor. Es stimmte, was Mathias gesagt hatte, der Typ sah gut aus und hatte in diesem Augenblick das Gesicht eines Jungen, der von einer neuen Errungenschaft beglückt ist.
    Seine Frau stand auf und trug das Tablett mit dem Puzzle weg. Louis hatte den Eindruck, daß sie nicht mehr ganz so gleichgültig war. Trotzdem war sie etwas angespannt. Sie beobachtete ihren Mann, der sich gerade zu trinken einschenkte. Louis’ Anwesenheit in seiner Küche schien ihn nicht zu überraschen, genausowenig wie seine Frau eine Stunde zuvor.
    »Ich habe dir schon mal gesagt, daß du die Handtücher unten lassen sollst«, sagte sie. »Ich mag das nicht in der Küche.«
    »Entschuldige, Liebes. Ich werde versuchen, dran zu denken.«
    »Bringst du sie nicht hoch?«
    Sevran runzelte die Stirn.
    »Noch nicht, sie ist noch nicht fertig. Aber sie wird dir gefallen, da bin ich mir sicher, sehr angenehm, hübsche Rundungen, schön anzufassen, fest, gefügig. Ich habe sie über Nacht weggeschlossen, das ist sicherer.«
    »Im Augenblick ist es feucht unten«, bemerkte seine Frau halblaut.
    »Ich habe ihr eine dicke Decke übergelegt, mach dir keine Sorgen.«
    Er lachte, rieb sich die Hände, fuhr sich mehrfach durchs Haar, wie jemand, der gerade aufwacht, und wandte sich Louis zu. Ja, ein gutmütiges, klares, offenes, aufrichtiges Gesicht, entspannte Sitzhaltung, eine schöne Hand, die das Glas hielt, das ganze Gegenteil von seiner Frau, man hätte ihn der Sache im Keller nicht für fähig gehalten. Und doch, dieses fliehende Kinn und um die Lippen so etwas Schmales, Sparsames, Entschlossenes, auf jeden Fall nichts Sinnliches. Der Typ gefiel Louis, abgesehen von den Lippen, sein Ding im Keller dagegen gefiel ihm überhaupt nicht. Und die trostlose Hingabe seiner Frau ebensowenig.
    »Also?« fragte Lionel Sevran. »Haben Sie was für mich?«
    »Ob ich etwas für Sie habe? Nein, ich komme wegen Ihrem Hund.«
    Sevran runzelte die Stirn.
    »Ach so? Sind Sie nicht wegen des Geschäfts hier?«
    »Geschäft? Aber keineswegs.«
    Sevran und seine Frau schienen einer so überrascht wie der andere. Sie hatten an einen Geschäftsmann, einen Vertreter gedacht. Deshalb hatte man ihn so einfach hereingebeten.
    »Mein Hund?« fragte Sevran.
    »Sie haben doch einen Hund? Mittelgroß, kurzhaarig, beige … Ich habe ihn vorhin hier reinlaufen sehen. Daher habe ich mir erlaubt, vorbeizukommen.«
    »Das stimmt … Was ist los? Hat er schon wieder Mist gebaut? Lina, hat der Hund Mist gebaut? Wo ist er eigentlich?«
    »In der Küche, ich habe ihn eingesperrt.«
    Er nannte sie also Lina. Brünetter Typ, matte Haut, dunkle Augen, vielleicht kam sie aus dem Süden.
    »Wenn er Mist gebaut hat«, fuhr Lionel Sevran fort, »dann zahle ich. Ich paß auf den Köter auf, aber er ist ein schrecklicher Ausreißer. Eine Sekunde nicht hingeschaut, irgendwo eine offene Tür, und schon haut er ab. Eines Tages finde ich ihn noch unter einem Auto.«
    »Das wäre nicht schade«, sagte Lina.
    »Lina, bitte, sei nicht so brutal. Sehen Sie«, fuhr Sevran fort und wandte sich Louis zu, »der Hund kann meine Frau nicht ausstehen, und umgekehrt, so was kann man nicht befehlen. Davon abgesehen ist er nicht böse, es sei denn, natürlich, man reizt ihn.«
    Wenn die Leute einen Hund haben, dachte Louis, passiert es, daß sie Dummheiten sagen. Und wenn ihr Hund jemanden beißt, ist es immer der Fehler des Gebissenen. Mit einer Kröte dagegen gibt’s keinen Ärger, das ist der Vorteil.
    »Sie müßten mal sehen, was er heimbringt«, sagte Lina. »Er frißt alles.«
    »Also ein Ausreißer?« fragte Louis.
    »Ja, aber was hat er Ihnen denn getan?«
    »Er hat mir nichts getan, ich suche nur einen in der Art. Ich sah ihn und bin hergekommen, um mich zu erkundigen, weil so einer nicht häufig ist. Es ist doch ein Pitbull, oder?«
    »Ja«, antwortete Sevran, so wie man eine schlechte Angewohnheit gesteht.
    »Es ist für eine alte Freundin. Sie will einen Pitbull, um sich zu schützen, so stellt sie sich das vor. Aber ich bin mißtrauisch, was Pitbulls angeht, ich habe keine Lust, daß er sie in ihrem Bett auffrißt. Wie ist so einer?«
    Lionel Sevran erzählte viel über den Hund, was Louis vollkommen schnurz war. Was ihn interessierte, war

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