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Das Orakel von Port-nicolas

Das Orakel von Port-nicolas

Titel: Das Orakel von Port-nicolas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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hopp, ein kurzer Kurbeldreh … Meine Maschine ist weit über mich hinausgewachsen, ganz im Ernst.«
    »Was wollten Sie eigentlich genau damit?«
    »Das Nutzlose konstruieren, in Mechanik umsetzen. Ich wollte der Mechanik ein Denkmal errichten! Und um die Schönheit der Mechanik zu rühmen, wollte ich, daß die Maschine zu nichts nutze ist, ihre einzige Bedeutung sollte sein, zu laufen, zu funktionieren, und wer sie ansieht, sollte sagen können: ›Es funktioniert!‹ Ehre dem Funktionieren, Ehre dem Lächerlichen und dem Unnützen! Ehre dem Hebel, der hebelt, dem Rad, das sich dreht, dem Kolben, der sich bewegt, der Walze, die rollt! Und wozu? Um zu hebeln, zu drehen, zu bewegen!«
    »Und am Ende hat die unnütze Maschine angefangen, etwas zu nutzen, nicht wahr?«
    Louis, den das Reden des Ingenieurs zerstreute, entspannte sich und versenkte Kugel auf Kugel. Sevran, der sich auf sein Billardqueue stützte, amüsierte sich und vergaß den toten Hund.
    »Ganz genau! Eine Anlage für unbefriedigte Fragen! Ich schwöre Ihnen, daß die Leute aus zweihundert Kilometern Umkreis herkommen, um sie um Rat zu fragen! Nicht um sie anzugucken, Kehlweiler, um sie um Rat zu fragen!«
    Louis gewann die erste Partie, und Sevran forderte Revanche und einen Weißwein. Von der Bar aus kamen nach und nach immer mehr, die sich um den Billardtisch versammelten, um den Fortgang des Spiels zu beobachten. Es herrschte ein ständiges Kommen und Gehen, es wurde kommentiert, der Ingenieur wurde auch gefragt, was die Maschine antworten würde. Draußen regnete es noch genauso heftig. Gegen fünf Uhr blieb Louis nur noch die 7 zu versenken.
    »Die 7 leistet ihm Widerstand«, sagte eine Stimme.
    »Die letzte, so ist das immer«, sagte eine andere. »Poolbillard ist gemein. Am Anfang sind überall Kugeln, da muß man wirklich ziemlich blöd spielen, um sie nicht reinzukriegen. Dann wird es komplizierter, und man merkt, daß man dümmer ist, als man dachte. Beim Karambolage dagegen weiß man gleich, wie dumm man ist.«
    »Karambolage ist schwieriger, aber ehrlicher«, sagte eine weitere Stimme.
    Louis lächelte. Er verpaßte die 7 zum dritten Mal.
    »Na, hab ich dir nicht gesagt, daß die 7 nicht will?« wiederholte die Stimme.
    Sevran stieß und versenkte die 7 über doppelte Bande.
    »Gut gespielt«, bemerkte Kehlweiler. »Es ist gleich fünf. Haben Sie Zeit für die Entscheidungspartie?«
    Lina hatte sich neben dem Billardtisch auf die Zuschauerbank gesetzt. Sevran warf ihr einen raschen Blick zu.
    »Ich gehe zu Lina, wer will, kann für mich weiterspielen.«
    Sevran setzte sich neben Lina und legte ihr unter Marcs aufmerksamem Blick, der immer beobachtete, wie die anderen es mit den Frauen machten, einen Arm um die Schulter. Marc schien, er hätte den Arm eher dorthin als dahin gelegt. Das war zärtlicher. Darnas dagegen hielt Pauline nirgendwo. Pauline hielt von ganz allein, wie es schien. Louis begann die Partie mit Lefloch, dem Eigner der Belle de Nuit. In dem Fall war es einfacher, der stämmige Typ schlug sich wohl besser im Westwind als an einem Billardtuch. Antoinette erinnerte ihn daran, mit dem Tuch aufzupassen und die Gläser nicht auf dem Rand abzustellen, verdammt.
    »Da sind die Bullen«, sagte Marc plötzlich.
    »Machen Sie weiter«, sagte Louis zum Fischer, ohne den Kopf zu heben.
    »Wollen die zu Ihnen?« fragte Lefloch.
    »Sieht so aus«, sagte Louis, über das Tuch gebeugt, ein Auge halb geschlossen.
    »Sie hätten besser die Klappe halten sollen. Es war was Wahres dran an dem, was René vorhin gesagt hat. Wer Wind sät, wird Sturm ernten, mein Lieber.«
    »Wenn das wahr ist, wird es ein gutes Jahr.«
    »Vielleicht schon, aber Port-Nicolas ist schließlich nicht Ihr Problem.«
    »Sie fahren doch auch bis in die Irische See, Lefloch.«
    »Das ist was anderes, das ist Großfischfang, da hab ich keine Wahl.«
    »Nun, bei mir ist es das gleiche, es geht um Großfischfang. Wir machen dieselbe Arbeit, ich habe keine Wahl, ich folge dem Fisch.«
    »Sicher?«
    »Wenn er’s dir sagt«, unterbrach Sevran.
    »Also gut«, räumte Lefloch ein und kratzte sich mit dem Billardqueue die Wange. »Wenn’s das gleiche ist, einverstanden, dann ist es was anderes, da sag ich nichts mehr. Sie sind dran.«
    Leutnant Guerrec hatte den Spielsaal betreten und sah ohne sichtbare Ungeduld der Partie zu, die gerade gespielt wurde. Das Gesicht von Lefloch war auf der Seite, wo er sich gekratzt hatte, gerötet, und Louis, der seit anderthalb Stunden

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