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Das Orakel von Port-nicolas

Das Orakel von Port-nicolas

Titel: Das Orakel von Port-nicolas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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sich zu drängeln. Lina, eine große, schöne Frau mit langgezogenen, manchmal strahlenden Lippen, die Marc entschieden ein wenig beunruhigte, wechselte über seine Schulter hinweg kurze Sätze mit Pauline Darnas. Marc beugte jedes Mal den Rücken, um sie vorbeizulassen. Hin und wieder trank er einen Schluck, um sein Schweigen zu unterbrechen. Er saß nun hier schon seit einer halben Stunde, und es gelang ihm nicht, auch nur ein einziges Wort mit Pauline zu wechseln, er fühlte sich kümmerlich. Marthe hätte verkündet, es sei eine Eselei, sich zwischen zwei Frauen zu zwängen, man kann mit der einen nicht reden, ohne der anderen den Rücken zuzuwenden, das ist plump, man muß sich gegenüber setzen. Louis gab ihm ein Zeichen.
    »Nun? Was passiert?« fragte Louis leise.
    »Ich habe nachgedacht, ich schlafe lieber mit Pauline, aber ich gefalle ihr nicht.«
    »Nerv mich nicht, Marc. Also? Was ist mit dem heiligen Matthäus?«
    »Er kommt heute abend, 22 Uhr 21, in Quimper an.«
    Louis lächelte kurz.
    »Wunderbar. Geh zurück, führ wieder Gespräche und hör auf alles, was vor sich geht, während ich mit Guerrec zusammen bin.«
    »Ich führe kein Gespräch. Ich bin eingezwängt.«
    »Setz dich gegenüber, würde Marthe vorschlagen. Sevran«, fügte Louis laut hinzu, »eine Partie Billard?«
    Sevran lächelte und akzeptierte. Die beiden Männer entfernten sich in den hinteren Teil des Raumes.
    »Karambolage, Pool?« fragte Sevran.
    »Poolbillard. Ich bin nicht konzentriert genug für drei Kugeln, ich hab vierzigtausend Kugeln im Kopf, das wird mir guttun.«
    »Mir auch«, sagte Sevran. »Offen gestanden, ich habe schon angefangen, mich ein bißchen zu ärgern. Ich wollte nicht, daß Lina nach dem, was heute mittag passiert ist, alleine bleibt, und das beste war noch, mit ihr hierherzukommen. Dabei habe ich diese verdammte Maschine, die auf mich wartet, ich hätte mich lieber damit beschäftigt, um meinen Hund zu vergessen. Aber das ist jetzt nicht der Moment. Lina geht es schon besser, Ihr Freund scheint sie gut zu unterhalten. Was macht er so im Leben?«
    »Er ist Historiker. Er beschäftigt sich ausschließlich mit dem Mittelalter.«
    »Im Ernst?«
    »Im Ernst.«
    »So habe ich mir Mittelalterhistoriker nicht vorgestellt.«
    »Er sich auch nicht, fürchte ich. Er besteht aus zwei Enden, die es nicht schaffen, zusammenzukommen.«
    »Ach so? Und was macht er in der Mitte?«
    »Er verliert den Kopf, brilliert oder macht Späße.«
    »Ach ja? Das ist aber anstrengend, sagen Sie mal. Sie dürfen anfangen, Kehlweiler, stoßen Sie an.«
    Louis begann, stieß an und versenkte die 6. Mit halbem Ohr hörte er auf das, was sich an der Bar tat.
    »Warum regen wir uns eigentlich auf?« fragte Guillaume. »Man weiß nicht, wer Marie getötet hat? Da braucht man doch nur die Maschine zu fragen, nicht wahr, Ingenieur?«
    »Weißt du, was sie dir antworten wird?« fragte ein Mann vom anderen Ende des Raumes.
    »Hören Sie?« sagte Sevran lachend. »Das ist meine Maschine, eine riesige verrückte Maschine, die ich beim Campingplatz gebaut habe, haben Sie sie gesehen? Sie gibt kleine Botschaften aus. Ich hätte nie gedacht, daß die Leute sie derart akzeptieren würden. Ich habe mit einem kleinen örtlichen Skandal gerechnet, aber nach ein paar Monaten Mißtrauen haben sie angefangen, sie zu vergöttern. Meine Maschine hat nämlich auf alles eine Antwort … Man kommt von weit her, um sie um Rat zu fragen, schlimmer als eine Göttin, im Grunde. Wenn das Kurbeldrehen was kosten würde, wären wir in Port-Nicolas schon reich geworden, ganz im Ernst!«
    »Ja«, bemerkte Louis, während er Sevrans Stöße beobachtete, der ebenfalls sehr gut spielte. »Marc hat mir davon erzählt. Er hat ihr schon wer weiß wie viele Fragen gestellt.«
    »Sie sind dran. Das ändert allerdings nichts daran, daß die Maschine beinahe Schaden angerichtet hätte. Eines Abends«, sagte er und senkte die Stimme, »hat ein Typ sie gefragt, ob seine Frau ihn betrügen würde, und das dicke, dumme Schrottding fand es witzig, ›ja‹ zu antworten. Der Typ hat das als göttliche Wahrheit genommen und hätte den Rivalen beinahe kaltgemacht.«
    »Hat die Maschine die Wahrheit gesagt?«
    »Nicht mal!« erklärte Sevran lachend. »Die Frau hat ein Martyrium durchgemacht, um die Verleumdungen der Maschine hinter sich zu lassen! Ein wahres Drama … Und das war nicht das einzige. Es hat Leute gegeben, die von der Maschine richtig besessen waren. Beim geringsten Problem,

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