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Das Orakel von Theran

Das Orakel von Theran

Titel: Das Orakel von Theran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Vlcek
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Neugierde.«
    »Bei mir ist es nicht die bloße Neugierde. Ich möchte meine Vergangenheit erforschen, um zu erfahren, ob sie Einfluss auf die Zukunft hat.«
    »Deine Zukunft?«
    »Das und mehr – die Zukunft der Lichtwelt.«
    »Solches Gewicht willst du haben?«
    »Ich möchte erfahren, ob ich es habe.«
    »Was wirst du das Orakel also fragen?«
    »Ob ich der Sohn des Kometen bin.«
    Schweigen folgte, das lange andauerte. Mythor brach der Schweiß aus. Er fragte sich, was der Frager in der Dunkelheit hinter dem Holzgitter so lange zu überlegen hatte, bevor er sich zu seinen Worten äußerte.
    Hrobons Handlungsweise fiel ihm ein, aber jene Situation war wohl nicht mit der augenblicklichen zu vergleichen. Doch er ertrug das Schweigen nicht mehr länger. Er leckte seine Lippen und fragte: »Warum schweigst du? Du kannst mir das Recht nicht abstreiten, diese Frage zu stellen.«
    »Weshalb nicht?«
    »Ich habe mich einige Male bewährt«, antwortete Mythor fest. »Ich war an fünf Fixpunkten des Lichtboten und habe die mir auferlegten Prüfungen bestanden. Was ich von dort mitgebracht habe, hinterlegte ich in Theran als Pfand. Zum Beweis habe ich ein Knotenleder.«
    »Reiche es mir.«
    Mythor überlegte und entschloss sich dann, sich dieser Forderung zu widersetzen. Er hatte diese Fragerei satt und war nicht gewillt, sich alles gefallen zu lassen.
    »Nein«, sagte er. »Du kannst nachfragen, ob ich ein Einhorn, einen Schneefalken und einen Bitterwolf im Tiergehege zurückgelassen habe. Prüfe nach, ob ein Prunksattel, der Helm der Gerechten und das Gläserne Schwert Alton hinterlegt wurden. Das alles sind meine Pfänder. Und noch eines. Kannst du im Dunkeln sehen? Wenn nicht, dann entzünde ein Licht und betrachte das Mädchenbildnis auf meiner Brust. Es stellt Fronja dar, und sie ist mir wie aus dem Gesicht geschnitten.«
    In der Dunkelheit war ein lang anhaltender Seufzer zu hören.
    »Ich hätte Lust, dich auf die sieben Straßen zurückzuschicken, damit du zur Besinnung kommst«, sagte die Stimme dann.
    »Ich weiß, was ich will. Du kannst mir den Zutritt zum Orakel nicht verwehren.«
    »Bestehe nicht darauf!«
    Die Stimme sagte es eindringlich, und sie klang auf einmal ganz anders. Mythor erkannte sie sofort wieder.
    »Gorel?« fragte er und fügte, als keine Antwort kam, hinzu: »Du musst Gorel sein. Warum willst du mir den Zutritt verweigern?«
    »Geh!« sagte Gorel keuchend, es klang gehetzt. »Aber wähle den richtigen Weg. Kehr um, du eigensinniger Narr!«
    »Ich gehe die eingeschlagene Richtung weiter«, sagte Mythor fest.
    In den Gang hinter ihm fiel auf einmal ein Lichtschein, der auch die Nische erhellte. Mythor erkannte durch das Holzgitter die Umrisse eines Gesichts. Es wirkte uralt, aber er war nicht ganz sicher, ob es Gorel gehörte. Er sah es nur einen Moment lang, dann zog es sich zurück.
    Er trat aus der Nische. Zwei Männer in Kutten, die jeder ein Öllicht hielten, kamen den Gang entlang. Als sie ihn sahen, blieben sie stehen. Der eine sagte: »Du hast das Fragerecht erworben. Folge uns, wir zeigen dir deine Unterkunft.«
    »Wenn ich das Fragerecht erworben habe, möchte ich auch sogleich davon Gebrauch machen«, sagte Mythor forsch. Er hatte die Befürchtung, dass man ihn weiter hinhalten wollte, um ihn vielleicht doch noch zur Aufgabe zu bewegen.
    »Das Fragerecht kann nicht sogleich in Kraft treten«, sagte der Orakeldiener, der zuvor das Wort an ihn gerichtet hatte. »Eine gewisse Zeit der Vorbereitung ist nötig.«
    »Und wie lange wollt ihr mich warten lassen?« fragte Mythor angriffslustig.
    »Das hängt allein von dir ab. Du musst dich in Geduld üben.«
    »Stellt sie aber nur nicht auf eine zu harte Probe.«
    Darauf wurde ihm nichts entgegnet. Mythor konnte sich gut vorstellen, dass solche Redensarten den Orakeldienern missfielen. Aber er bereute nichts, er konnte noch eine ganz andere Sprache sprechen, wenn man mit ihm Unfug trieb. Er würde sich nicht einschüchtern und nicht verscheuchen lassen, denn er wusste, dass er mit Maluk einen Verbündeten hatte, der ihm zu seinem Recht verhelfen würde.
    Sie erreichten das Ende des Ganges und kamen durch eine Tür ins Freie. Mythor stellte fest, dass der Mond nicht mehr schien. Es war stockdunkel geworden. Er konnte im Lampenschein nur die nächste Umgebung erkennen. Er sah überall nur Mauern mit gerade mannshohen Durchgängen. Er kam sich wie in einem Irrgarten vor, als er den Orakeldienern folgte, und konnte sich bald nicht mehr

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