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Das Orakel von Theran

Das Orakel von Theran

Titel: Das Orakel von Theran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Vlcek
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von seinem Tun ab. Er verlor seine Unsichtbarkeit.
    Mythor erwachte. Er riss die Augen auf. Für eine winzige Zeitspanne sah er alles klar und deutlich vor sich.
    Auf seiner Brust kauerte ein haarloser Gnom. Er hielt eine dicke Nadel mit dünner Spitze in der Hand. Damit stach er auf Mythors Brust ein. Jeder Nadelstich kostete Fronjas Bildnis ein kleines Teilchen. Daneben kroch ein kinderfaustgroßer Käfer. Er hatte eine prächtige Zeichnung, und von dieser ging ein Leuchten aus. Der Käfer war die einzige Lichtquelle.
    Mythor überwand den Schreck und schrie wieder.
    Gleichzeitig schleuderte er den Gnomen mit einer ruckartigen Armbewegung von seiner Brust. Dieser fiel gegen die Wand und sank an ihr wimmernd zu Boden.
    Der Käfer war ebenfalls zu Boden gefallen. Er lag auf dem Rücken und strampelte mit seinen dünnen Beinen. Er leuchtete nun schwächer. Dennoch konnte Mythor erkennen, dass der hässliche, haarlose Gnom auf allen vieren zu fliehen versuchte.
    Mythor sprang von seiner Liege und stellte sich ihm in den Weg. Da bekam er einen Stoß in den Rücken, der ihn zur Seite beförderte. Diese Gelegenheit nützte der Gnom zur Flucht. Als Mythor ihm folgen wollte, verstellte ihm ein Körper den Weg.
    »Nicht, nicht«, flehte eine bekannte Stimme und klammerte sich an Mythors Armen fest. Mythor hatte unter den wallenden Tüchern einen knochigen Körper zu fassen bekommen, hob ihn hoch und wollte ihn von sich schleudern.
    »Nicht, beim Orakel, halte ein!« flehte Gorel.
    Mythor ließ ihn langsam zu Boden gleiten. »Was hat das zu bedeuten?« fragte er schwer atmend.
    »Ich wollte dich aufsuchen, um mit dir zu reden«, antwortete Gorel.
    »Und warum brachtest du diesen abscheulichen Zwerg mit?« erkundigte sich Mythor, dessen Zorn allmählich verrauchte. »Er hat sich an dem Mädchenbildnis zu schaffen gemacht.«
    »Das bildest du dir nur ein«, beteuerte Gorel. Er bückte sich nach dem Käfer und hielt ihn auf offener Handfläche an Mythors Brust. »Du musst schlecht geträumt haben. Sieh selbst, du hast deine Tätowierung immer noch.«
    Mythor blickte an sich hinunter. In dieser Haltung konnte er nicht erkennen, ob etwas an Fronja fehlte. Er war geneigt zu glauben, dass seine Tätowierung unversehrt war.
    »Da war ein Gnom!« sagte Mythor fest. »Ich war schon längst wach, als ich ihn gegen die Wand schleuderte und du verhindert hast, dass ich ihn mir griff.«
    »Nein, nein«, versicherte Gorel. »Du hast alles nur geträumt. Ich muss es besser wissen. Da war niemand außer mir.«
    Mythor betrachtete im fahlen Schein des Käferpanzers das Gesicht des alten Orakeldieners und konnte keine Falschheit darin erkennen. Er konnte ihm die Lüge nicht beweisen und musste seine Behauptungen hinnehmen. So setzte er sich und fragte: »Was wolltest du mir sagen?«
    »Ich habe gehört, dass du nach Maluk verlangt hast«, sagte Gorel. »Hüte dich vor ihm, Mythor, er übt einen schlechten Einfluss auf dich aus.«
    »Das finde ich nicht. Er ist der einzige, der mich ermuntert, das Orakel zu befragen.«
    »Eben darum!« rief Gorel aus. »Das wäre sehr gefährlich. Du schwebst in großer Gefahr, Mythor.«
    »Wer sagt das?«
    Gorel schwieg betreten und senkte unter Mythors durchbohrendem Blick den Kopf. Dann murmelte er: »Das Orakel hat vorausgesagt, dass tödliche Gefahren auf dich zukommen, wenn du diesen Ort nicht schnellstens verlässt.«
    »Ist dies nicht eine Freistatt, an der jeder den Schutz des Orakels genießt?« fragte Mythor.
    »Manchen Kräften steht selbst das Orakel hilflos gegenüber«, erwiderte Gorel, ohne den Blick zu heben. »Du solltest es selbst am besten wissen, dass die Dunklen Mächte in unserer Welt immer mehr um sich greifen.«
    »Auch in Theran?« fragte Mythor. Als Gorel ihm keine Antwort gab, fuhr er fort: »Ich will selbst mit dem Orakel sprechen und hören, was es über mich zu sagen hat.«
    »Nur das nicht!« rief Gorel entsetzt aus. »Das wäre das Ende!«
    »Das Ende von was?« fragte Mythor. Er erhielt keine Antwort mehr. Gorel deckte unvermutet mit der anderen Hand den Käfer ab, und es wurde augenblicklich dunkel.
    Mythor hörte das Rascheln von Stoff, als Gorel floh, und er handelte sofort. Er stürzte in die Richtung, in der er den Ausgang wusste, um dem Orakeldiener den Weg zu verstellen. Doch da war Gorel bereits an ihm vorbei. Mythor fasste nach ihm und bekam den Stoff seines Umhangs zwischen die Hände. Er zog daran, doch der Stoff riss .
    Gorels fliehende Schritte verloren sich in der

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