Das Osterman-Wochenende - Ludlum, R: Osterman-Wochenende
werden konnte. Wir würden praktisch Ihr Todesurteil unterzeichnen.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Dann glauben Sie es mir, ohne zu verstehen«, sagte Fassett scharf. »Omega muß zu uns kommen. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht.«
Tanner wartete und musterte Fassett aufmerksam. »Das stimmt nicht ganz, oder? Was Sie sagen, ist... Es ist zu spät.«
»Sie sind sehr scharfsinnig.«
Fassett nahm seine Tasse und ging zu dem Tisch, auf dem eine Thermosflasche mit Kaffee stand. »Wir haben nur noch einen Tag. Höchstens zwei. Bis dahin wird ein Teil von Omega zerbrechen. Wir brauchen nur einen. Einer der sich von ihnen löst. Dann ist es vorbei.«
»Und eine einzige Stange Dynamit in meinem Haus jagt uns alle in die Hölle.«
»Dazu wird es nicht kommen. Keine Gewalttätigkeiten. Keine, die sich gegen Sie richten. Um es ganz einfach auszudrücken, Sie sind unwichtig. Die interessieren sich jetzt nur mehr füreinander.«
»Und was war gestern nachmittag?«
»Wir haben uns mit der Polizei getarnt. Ein Einbruch. Bizarr, zugegeben, aber nichtsdestoweniger ein Einbruchdiebstahl. Genau das, was Ihre Frau meint, daß passiert ist. So wie sie glaubt, daß es sich zugetragen hat. Sie brauchen überhaupt nichts zu leugnen.«
»Aber die wissen, daß es eine Lüge ist. Die werden unseren Bluff auffliegen lassen.«
Fassett blickte ruhig von der Thermosflasche auf. »Dann haben wir Omega ja, nicht wahr? Dann wissen wir, wer es ist.«
»Und was soll ich tun? Den Telefonhörer abnehmen und Sie anrufen? Die haben vielleicht andere Vorstellungen...«
»Wir werden jedes Wort hören, das in Ihrem Haus gesprochen
wird, beginnend mit Ihrem ersten Gast morgen nachmittag. Im späteren Verlauf des heutigen Morgens werden zwei Fernsehmechaniker kommen, um die Geräte zu reparieren, die bei dem Einbruch beschädigt wurden. Während sie die Antennenanlage überprüfen, werden sie im ganzen Haus miniaturisierte Lauschmikrofone anbringen. Und sobald morgen Ihr erster Gast eintrifft, werden die Mikrofone eingeschaltet. «
»Sie wollen behaupten, daß Sie sie erst dann einschalten?«
Cole unterbrach ihn. »Ja, früher nicht. Wir interessieren uns nicht für Ihr Privatleben, nur für Ihre Sicherheit.«
»Sie sollten jetzt zurückgehen«, sagte Fassett. »Jenkins setzt Sie am Südende Ihres Grundstücks ab. Sie konnten nicht schlafen, also haben Sie einen kleinen Spaziergang gemacht. « «
Tanner ging langsam zur Türe. Dort blieb er stehen und sah sich zu Fassett um. »Es ist genauso, wie es in Washington war, nicht wahr? Sie lassen mir keine Alternative.«
Fassett wandte sich ab. »Wir treten mit Ihnen in Verbindung. An Ihrer Stelle würde ich mich entspannen, in den Club gehen, Tennis spielen, schwimmen. Das lenkt Sie ab. Dann fühlen Sie sich besser.«
Tanner sah Fassett ungläubig an. Er wurde entlassen, weggeschickt, so wie ein unwichtiger Untergebener weggeschickt wird, ehe eine wichtige Konferenz beginnt.
»Kommen Sie«, sagte Cole und stand auf. »Ich bringe Sie zum Wagen.« Während sie gingen, fügte er hinzu: »Ich glaube, Sie sollten wissen, daß der Tod jenes Mannes gestern nacht Fassetts Aufgabe wesentlich komplizierter macht, als sie je begreifen werden. Dieser Mord war gegen ihn gerichtet. Er war seine Warnung.«
Tanner musterte Cole scharf. »Was wollen Sie damit sagen? «
»Zwischen alten Profis gibt es gewisse Signale, und das ist eines davon. Sie sind jetzt unwichtig... Fassett ist brillant. Er hat die Kräfte in Bewegung gesetzt, jetzt kann nichts mehr sie aufhalten. Die Leute, die Omega ins Leben gerufen haben, erkennen, was geschehen ist. Und sie beginnen zu begreifen, daß sie vielleicht hilflos sein werden. Sie wollen, daß der verantwortliche Mann weiß, daß sie wiederkommen werden. Irgendwann. Ein abgeschnittener Kopf bedeutet ein Massaker, Mr. Tanner. Die haben seine Frau getötet. Jetzt hat er drei Kinder, um die er sich Sorgen machen muß.«
Tanner spürte, wie die Übelkeit wieder in ihm aufstieg.
»In was für einer Art Welt leben denn Leute wie Sie?«
»In derselben Welt wie Sie.«
16.
Donnerstag – 10.15 Uhr
Als Alice am Donnerstag um Viertel nach zehn aufwachte, war ihre erste Reaktion, auf alle Ewigkeit im Bett bleiben zu wollen. Sie konnte die Kinder im Erdgeschoß streiten hören und im Hintergrund die unverständlichen, aber geduldigen Worte ihres Mannes, der die Auseinandersetzung schlichtete. Sie dachte über seinen bemerkenswerten Sinn für kleine Freundlichkeiten nach,
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