Das Paradies am Fluss
und fragt sich, warum sie sich immer noch so unbehaglich fühlt. Dann gehen sie bald auseinander.
Tamar
Sophie steht an der Balustrade im Seegarten und sieht zu, wie Freddy Grenvile von Cargreen aus über den Fluss gerudert kommt. Das ist typisch für Freddy, denkt sie, dass er lieber rudert, statt den Außenbordmotor zu benutzen. Sogar jetzt noch, in den Sechzigern, ist er stark und fit und liebt Segeln, Skifahren und Tennis. Der Garten hinter seinem kleinen Reihenhaus liegt voll mit Krimskrams in verschiedenen Reparaturstadien. Ständig repariert oder baut er etwas, und Johnnie und er restaurieren momentan unten im Bootshaus einen alten Marinekutter. Unter sich kann Sophie die Alice erkennen, die an der Steinmauer des alten Kais vertäut ist, sodass man sie an die Mauer lehnen kann, wenn die Ebbe kommt, und dann abschrubben. Freddy ist unterwegs, um dabei mitzumachen.
Er rudert kräftig und stemmt sich gegen die auslaufende Ebbe. Als er über die Schulter sieht, grüßt Sophie ihn mit erhobener Hand, und er hält inne, um ihren Gruß zu erwidern, bevor er weiterrudert. Sie setzt die Ellbogen auf die Balustrade und entspannt sich in der Sonne. Die drei – Johnnie, Freddie und sie – halten, mit ein wenig Hilfe von einem Ehepaar aus dem Dorf, das ganze Anwesen zusammen, und zwischen ihnen hat sich ein starkes Band aus Vertrauen und Zuneigung gebildet.
Damals, ganz zu Beginn, hat sie sich eingebildet, in Freddy verliebt zu sein. Es machte ihr nichts aus, dass er zwanzig Jahre älter als sie war, Anfang vierzig; er war groß und schlank und sehr gut aussehend, und er und Johnnie hatten immer viel Spaß zusammen. Sie segelte mit beiden, ging mit ihnen in den Pub, und die zwei Männer waren eine so gute Gesellschaft, dass der Schmerz darüber, von ihrem Exfreund so brutal abgelegt worden zu sein, langsam nachließ und ihr Selbstbewusstsein nach und nach wieder wuchs. Doch aus dieser alten Schwärmerei war nie etwas geworden. Freddy war im Fernen Osten stationiert worden, und während der nächsten zwei Jahre hatte er nur wenige Urlaubswochen in seinem Häuschen in Cargreen auf der anderen Seite des Flusses verbracht. Als er aus Hongkong zurückkehrte, schenkte er ihr eine seiner kleinen Zeichnungen, die wunderbare Details aufwiesen; dieses Mal von einer Dreimaster-Dschunke. Es war eine herzliche Geste, die aussagte, dass er sie mochte und sie zur Familie gehörte, aber nichts weiter.
Und ganz gut so, denkt Sophie jetzt, dass ihre Schwärmerei so gründlich im Keim erstickt worden ist. Diese entspannte Beziehung zu beiden Männern kommt ihr viel besser zupass als das emotionale Wirrwarr, das zum Verliebtsein gehört. Abgesehen von dem Nachteil der zwanzig Jahre Altersunterschied war Freddy wahrscheinlich auch nicht aus dem Stoff, aus dem gute Ehemänner sind. Seine Ehe mit einer geschiedenen Frau mit zwei Kindern ist gescheitert. Sie ist zu ihrem ersten Mann zurückgekehrt und hat die Kinder mitgenommen, und wenn man Johnnie glauben will, war Freddy nicht allzu unglücklich darüber.
»Ich denke nicht, dass unser Fred besonders viel für Heim und Herd übrig hat«, erklärte er. »Er ist der typische Freigeist, und ich glaube, er ist so mit seinem Leben ganz zufrieden.«
Das gilt auch für Sophie. Über den Rasen schlendert sie zum Bootshaus und wartet, bis Freddy das Boot auf die Slipanlage gezogen hat.
»Johnnie und Rowena sind nach Tavistock gefahren«, sagt sie. »Aber sie kommen sicher bald zurück. Die Bücherei hat ein paar Bücher hereinbekommen, die Johnnie vorbestellt hat und die mit seiner Forschung über den Tamar zu tun haben. Und Rowena ist aus einer Laune heraus mit ihm gefahren. Komm, trink einen Kaffee mit mir!«
In freundschaftlichem Schweigen schlendern sie über den Rasen zur Rückseite des Hauses und in die Küche. Die Hände in den Taschen seiner alten Shorts, lehnt Freddy sich an das Spülbecken. Er trägt ein uraltes, verschossenes Baumwollhemd und Turnschuhe, seine Putzmontur. Ziemlich typisch für Fred, denkt Sophie, dass er es trotzdem fertigbringt, auf eine saloppe, sexy Art elegant auszusehen.
»Johnnie hat sich das perfekte Wochenende ausgesucht«, meint er. »Ein guter Nachmittag dafür. Das Wasser steht genau richtig.«
»Nach dem Mittagessen komme ich und unterstütze euch«, sagt sie. »Und Will hat morgen, am Sonntag, Ausgang und kann auch helfen. Das macht ihm sicher Spaß.«
Der kleine Will, Louisas Ältester, besucht jetzt das Mount House, das Privat-Internat am
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