Das Paradies am Fluss
Party an einem warmen Frühlingsabend vor den Fenstern genau dieses Morgensalons flüstern: »Jetzt weiß ich, dass ich ihn nie hätte heiraten dürfen. Ich dachte, ich wäre verliebt in ihn. Das habe ich wirklich geglaubt. Woher sollte ich wissen, was kommen würde? Was sollen wir nur tun?« Und die leise gemurmelte Antwort: »Wir müssen eben sehr vorsichtig sein.«
Sie denkt daran, wie Juliet bei ihnen zu Gast war. Eine Woche lang, während Mike auf See war.
»Du kannst doch bei diesem herrlichen Wetter nicht in dieser engen Wohnung in Plymouth sitzen«, sagt Rowena. »Komm doch zu uns! Johnnie ist auf See, aber Al hat ein paar Tage Landurlaub.«
Juliet, die sich den Fluss entlang zur Segelwerkstatt schleicht, und kurz darauf Als schattenhafte Gestalt, die ihr folgt.
Die letzte Szene ist die wichtigste: die Mittsommerparty. Im Seegarten hängen überall Lichterketten, der Tisch im Sommerpavillon biegt sich unter köstlichem Essen und Wein, und Johnnie und Fred sind für den Plattenspieler verantwortlich. Die Segelwerkstatt dient als Schlafsaal für die jungen, unverheirateten Männer – nur wenige der Paare sind verheiratet –, und die Mädchen übernachten im Haus und verteilen sich auf die Gästezimmer.
Der Seegarten ist ein magischer Ort. Lichtreflexe flirren und hüpfen auf der glatten schwarzen Wasseroberfläche; schattenhafte Gestalten tanzen oder lehnen sich an die Balustrade unterhalb der imposanten Circe-Statue. Die hohen Lavendelhecken sind blasse, wolkenhafte Umrisse, deren Duft noch in der warmen Luft verweilt.
Als Rowena mit einem Tablett voller Cremespeisen auf den Sommerpavillon zugeht, wird sie sich des Flüsterns bewusst. Die erste Stimme klingt drängend, fordernd, die andere verängstigt.
Rowena tritt ins Dunkel zurück und beobachtet das Paar hinter dem Sommerpavillon. Juliets Kleid ist zerdrückt, ihr Haar aufgelöst. Al vergräbt das Gesicht an ihrem Hals, aber sie hat ihr Gesicht von ihm abgewendet und die Hände auf seine Schultern gelegt.
»Hör mir zu!«, sagt sie jetzt, immer noch in diesem verzweifelten Flüsterton. »Bitte hör mich einfach an! Ich bin schwanger, Al. Um Gottes willen, hör mir zu …«
Und dann kommt Dickie vom Haus aus mit ein paar Flaschen über den Rasen und ruft sie fröhlich an, und Rowena sieht, wie Al scharf den Kopf wendet. Beide Gestalten erstarren unbeweglich und verstummen. Rasch huscht Rowena davon und tritt ein paar Sekunden später zu Dickie, und dann taucht Juliet allein auf und steckt sich lächelnd das Haar hoch – aber keine Spur von Al.
Jetzt steht Rowena mit Als Foto in der Hand im Morgensalon und erinnert sich daran, wie sie in den darauffolgenden Wochen auf ein Wort von Al gewartet hat. Eine Erklärung, dass Juliets Ehe gescheitert sei vielleicht, oder eine Beteuerung, wie sehr er sie liebe. Sie war sich so sicher gewesen, dass Juliet Mike verlassen würde; so sicher, dass dieses Kind von Al war. Sie wünschte sie ihm so sehr, Juliet und das Baby. Mike tat ihr leid, natürlich, doch sie konnte verstehen, wie Juliet von dem Glanz ihrer ersten Begegnungen geblendet worden war und erst, als sie Al näher kennenlernte, erkannt hatte, dass sie mit dem falschen Mann verheiratet war. Mike und sie waren zu jung gewesen, und diese ganzen Clubabende, Partys und Sommerbälle waren einfach zu romantisch gewesen.
Vielleicht war es falsch von ihr gewesen, Juliet in jenem Frühling einzuladen, obwohl sie wusste, dass die junge Frau ihre Heirat bereute und dabei war, sich zu verlieben – aber nein. Rowena schüttelt den Kopf. Wieder sieht sie Juliet vor sich, die sich aus dem Haus schleicht und zu der Segelwerkstatt am Flussufer läuft, und dann, kurz darauf Al, der ihr zu ihrem Stelldichein folgt. Wie kann sie den beiden angesichts des Umstands, dass Al ein paar Monate später bei einem tragischen Segelunfall sterben sollte, dieses Glück missgönnen?
Doch war es auch ein Unfall gewesen? Sicher war Rowena sich nie, niemals zweifelsfrei davon überzeugt, dass Mike Al nicht über Bord gestoßen hat. Vielleicht hatten die beiden gestritten, Al hatte ihm die Wahrheit gesagt, und Mike hatte einfach zugeschlagen. Oder Mike hatte die Wahrheit erraten und sie Al auf den Kopf zugesagt. So oder so war sie nicht einmal in ihrer frischen, quälenden Trauer in der Lage gewesen, Mike die Schuld zu geben oder ihm einen Vorwurf zu machen. Er selbst hatte geschildert, wie das Boot von einer Sturmbö getroffen wurde und Al durch den herumschwingenden Mastbaum
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