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Das Paradies am Fluss

Das Paradies am Fluss

Titel: Das Paradies am Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Willett
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Aufbruch und die Drohung mit Scheidung, falls Guy ihr nicht nachkommt. Als sie sich vorstellt, wie er auf ihren Weggang reagiert haben mag, umklammert sie das Steuer. Aber die Lage hat nach verzweifelten Mitteln verlangt. Guy muss zurückkommen und sein Leben wieder selbst in die Hand nehmen. Nach der Pfeife seines Vaters tanzen zu müssen schmettert ihn nieder und raubt ihm das Selbstvertrauen.
    Als sie durch Whitchurch fährt und die Stadt verlässt, muss sie ihr schlechtes Gewissen niederringen, damit es sie nicht außer Gefecht setzt und schwächt. Wenn sie nicht untreu gewesen wäre und während Guys Abwesenheit eine alberne Affäre gehabt hätte, wäre es nie zu diesem drastischen Umzug nach Kanada gekommen, dem Angebot, die Werft zu leiten, sie zu übernehmen, damit Mark in den Ruhestand gehen kann. All das wäre einfach nur eine Möglichkeit in Guys Hinterkopf geblieben. Sie weiß ganz genau, dass es für Mark ein Sieg war, sie alle dorthin gelockt zu haben, und eine Art demonstrativer Triumph über Kate. Sehr schnell hat Gemma gesehen, dass Mark nicht die geringste Absicht hegte, Guy wirklich Mitspracherechte einzuräumen.
    Es hat sie – auf eine unangenehme Weise – fasziniert, wie Mark seinen Sohn mit einer Mischung aus beißendem Sarkasmus, der sich nur notdürftig als Humor tarnte, kaum verhülltem Zorn und Distanz unter Kontrolle hielt. Nach dem Motto: »Kannst wohl keinen Spaß verstehen, was?« Ziemlich Furcht einflößend. Guy ist ebenfalls distanziert und geht schnell in die Luft, aber er ist auch zu großer Zuneigung und Loyalität fähig – und sein Humor ist echt und nicht herabsetzend.
    Wenn sie ihn mit seinem Vater beobachtete, spürte sie den ersten Anflug einer tiefen Angst um sie alle – und es war ihre Schuld. Das war der Preis, den sie für ihre Torheit, Treulosigkeit und die kurze Erfüllung eines körperlichen Bedürfnisses, alles als harmloser Spaß getarnt, bezahlen musste. Guy, der sich ständig gedemütigt und frustriert fühlte, begann, sich von ihr zurückzuziehen; Mark ignorierte sie einfach oder behandelte sie, als wäre sie eine Närrin. Sie war wütend geworden, hatte ein paar Mal mit ihm gestritten, doch er war stets schnell dabei gewesen, ihr vor Augen zu führen, wie abhängig sie von ihm war, denn sie war weit weg von zu Hause und auf sein Wohlwollen angewiesen. Guy versuchte, zwischen den beiden zu vermitteln, schämte sich, weil er nicht in der Lage war, für sie einzutreten, und wurde immer mürrischer. Und jetzt ist noch Marks neue Frau hinzugekommen, die sehr darauf bedacht ist, ihre Rechte einzufordern. Mark schien es immer vollkommen auszureichen, in der Wohnung über der Werft zu leben und Guy das Haus des Betriebsleiters zu vermieten, aber nun sieht seine neue Frau nicht ein, warum sie in der Wohnung leben soll, wenn nebenan ein schönes Haus steht.
    Auf dem offenen Moor zwischen Horrabridge und Walkhampton hält Gemma an und steigt aus dem Wagen. Was, wenn Marks Einfluss auf Guy jetzt noch stärker wird, nachdem sie gegangen und Guy auf sich gestellt ist; was, wenn Mark seinem Sohn einredet, er sei im Recht und dürfe sich nicht erpressen lassen? Das Gespräch mit Kate hat sie ein wenig verunsichert – aber ihre Schwiegermutter hat Verständnis für sie aufgebracht.
    »Es tut mir wirklich leid, Kate«, hat sie gesagt. »Ich habe es wirklich, wirklich versucht. Ich schwöre. Doch ich liebe ihn immer noch und will ihn wiederhaben. Und dazu muss ich dieses große Risiko eingehen. Habe ich das falsch gemacht?«
    »Wahrscheinlich nicht«, antwortete Kate. »Wenn dein Instinkt dir rät, so zu handeln, dann liegst du wahrscheinlich richtig.«
    »Es ist wie ein Kampf zwischen Herz und Verstand, nicht?«, sagte sie nervös. »In einem Moment erscheint es mir vollkommen richtig, und im nächsten habe ich die Panikattacke des Jahrhunderts.«
    »Dazu ist es ein wenig spät«, versetzte Kate trocken. »Wollen wir also hoffen, dass du einen guten Instinkt hast, Schatz.«
    Gerade jetzt überfällt Gemma wieder einmal Panik. Die leichte, kühle Brise fächelt ihr die heißen Wangen, und sie atmet langsam ein und aus. Die tiefe ländliche Stille umfängt und beruhigt sie, und sie kann zwischen den Bäumen den viereckigen, massigen Turm der Kirche von Walkhampton erkennen. Er wirkt fest und tröstlich wie ein Fels. Gemma hat das Gefühl, gleich in Tränen auszubrechen. Sie steckt in einem Dilemma: entweder der langsame Zerfall ihrer Familie oder die Scheidung.
    Schweren

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