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Das Paradies am Fluss

Das Paradies am Fluss

Titel: Das Paradies am Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Willett
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dennoch war das sehr mutig. Er pflegte zu sagen, wir dürften nicht zulassen, dass Angst und Verlangen unser Leben beherrschen, doch damals war ich zu jung, um zu verstehen, was er mir wirklich mitzuteilen versuchte. Aber ich glaube, ihm war das wichtig.«
    Sie kam sich ein wenig töricht vor und fragte sich, ob sie nicht wie ein dummes, altkluges Kind klang, doch Kate gab keine Plattitüde von sich wie »Er wäre sehr stolz auf Sie« oder so, sondern hielt ihr einfach eine Karte und die Thermosflasche hin. »Viel Spaß«, sagte sie.
    Jetzt sitzt Jess in der Sonne, trinkt den Kaffee aus und denkt an Kate und Oliver, Tom und Cass und David. Sie hat das Gefühl, zu ihnen zu gehören, ein kleiner Teil ihrer Geschichte zu sein, und sie ist vollkommen glücklich.
    »Ich kann Kate nicht erreichen«, sagt Cass. »Wahrscheinlich ist sie einkaufen.«
    »Mir soll’s recht sein«, meint Tom mürrisch. »Um Himmels willen, Cass, lass uns doch allen etwas Luft zum Atmen!«
    Sie starrt ihn an. »Was ist bloß mit dir los? Man könnte meinen, du freust dich nicht, deine Tochter und deine Enkel zu sehen.«
    »Unter diesen Umständen habe ich keine große Lust dazu«, zischt er und behält mit einem Auge die Tür im Blick. »Nicht ohne Guy. Nicht, wenn wir über Scheidung reden. So habe ich mir das für sie alle nicht vorgestellt. Das weißt du doch.«
    »Ich ja auch nicht«, protestiert sie. »Natürlich nicht. Aber es hat eine Krise gegeben, und irgendwo muss Gemma doch hin.«
    »Na, dann darfst du aber nicht erwarten, dass Kate unter Freudengeschrei angelaufen kommt«, faucht er. »Was glaubst du denn, wie sie sich dabei fühlt, um Gottes willen?«
    »Kate versteht das bestimmt«, meint Cass ziemlich unsicher. »Sie muss doch begreifen, dass Gemma sich wehren musste …«
    »Sie sieht aber wohl auch, dass Gemma untreu war, dass sie sich in eine üble Lage gebracht und beschlossen hat, dass der Umzug nach Kanada ein schöner, sauberer Schnitt wäre. Gemma hat sich sehr dankbar damit einverstanden erklärt. Damals wollte sie Guy nicht verlassen. Erinnerst du dich? Das hat sie sehr laut und deutlich kundgetan.«
    »Das weiß ich ja alles«, flüstert Cass verärgert. »Aber es hat eben nicht funktioniert. Mark wollte sich angeblich zur Ruhe setzen und Guy die Leitung der Werft überlassen. Doch er sitzt immer noch auf dem Chefsessel, und Guy muss seine Anweisungen befolgen, und er ist inzwischen ziemlich frustriert. Gemma sagt, sie hält es nicht mehr aus, und das kann ich ihr nicht verübeln. Ich erinnere mich von früher an Mark. Denk nur daran, wie er sich Kate gegenüber verhalten hat! Meiner Meinung nach kann sie nichts als Mitgefühl für Gemma empfinden.«
    »Das finde ich nicht«, gibt Tom stur zurück. »Guy hat Gemma eine Chance gegeben, eine wirklich große Chance, und die sollte sie ihm jetzt auch geben, statt mit den Zwillingen zu uns nach Hause zu flüchten. Wenn die beiden ihre Probleme lösen wollen, dann bitte auf neutralem Boden, wo sie niemand anderen hereinziehen. Für uns ist das schwierig, und Kate ist in einer ganz unmöglichen Position …«
    »Und es wird peinlich für alle, sollten Gemma oder die Zwillinge euch hören«, erklärt Oliver, tritt durch die angelehnte Tür und schließt sie hinter sich. »Erstaunlich, wie weit Flüstern zu hören ist, oder? Und gerade weil geflüstert wird, möchte man erst recht lauschen. Aber sie schlafen noch alle.«
    Tom starrt ihn aufgebracht an, und Cass lacht. »Gott, hast du mir einen Schrecken eingejagt! Hör mal, können wir nicht … wie nennt ihr das? … Waffenstillstand schließen? Uns einfach etwas Zeit lassen, damit sich alle beruhigen können und niemand Fragen stellt.«
    »Interessant ist aber doch«, sagt Oliver leise, »dass Gemma, nachdem sie jetzt hier ist, gar nicht über Scheidung reden will, oder? Ich bin ja der Meinung, dass sie blufft.«
    Cass und Tom starren ihn an, und er nickt.
    »Ich glaube, sie hat Guy ein Ultimatum gestellt. Es hat in Kanada nicht so funktioniert, wie sie es sich erhofft hatten, und sie möchte, dass sie sich da herausziehen. Alle. Guy zaudert. Er hat viel Arbeit, er ist frustriert und verwirrt, und er will nicht reden. Also hat sie beschlossen, die Initiative zu ergreifen. Sie hofft, dass Guy durch den Schock zur Vernunft kommt. Okay, es hat mit ihnen nicht funktioniert. Das hat sie uns alles erzählt. Guy und Mark streiten, Guy kann nicht wirklich so, wie er will. Er möchte über das Internet werben, und Mark will nichts

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