Das Paradies am Fluss
Schwierigkeiten. Doch sie mussten weitermachen. Dumm gelaufen! Werde damit fertig!«
Schockiert starrt sie ihn an. »Nicht nötig, das so brutal auszudrücken.«
»Ich bin nicht brutal. Ich hatte mehr Zeit, mich an die Wahrheit zu gewöhnen, und wie du schon sagtest, ist es lange her. Es ist nur so: Ich will, dass wir alle nichts übers Knie brechen. Okay, Pa geht einem auf die Nerven, aber nachdem du jetzt den Grund dafür kennst, ist es weniger wahrscheinlich, dass du etwas Dummes anstellst und in einem Wutanfall davonrennst. Wir müssen an Ben und Julian denken. Sie brauchen jetzt Stabilität.«
»Das weiß ich doch«, verteidigt sie sich. »Das weiß ich. Ich tue das genauso für die beiden wie für mich. Wenn überhaupt, dann eher für sie. Die Jungs waren in Kanada in letzter Zeit nicht besonders glücklich, weißt du.«
»Okay, okay.« Beschwichtigend hebt er die Hände. »Aber jetzt wird es besser. Nächste Woche gehen sie zu den Aufnahmeprüfungen ans Mount House, und mit etwas Glück werden sie gleich aufgenommen. Es ist ein erstaunlicher Glücksfall, dass die Schule Plätze für sie hat.«
Gemma rutscht in die Ecke der Sitzbank. »Ich weiß. Und ich bin dir wirklich dankbar dafür, dass du bereit bist, die Schulgebühren zu übernehmen, falls sie aufgenommen werden, Ol.«
Er grinst sardonisch. »Ich hoffe, dass Guy das genauso sieht. Wir beide waren nie besonders gute Freunde, und ich vermute, dass es ihm ein wenig schwerfallen wird, damit klarzukommen.«
»Ich weiß.« Sie verzieht ein bisschen das Gesicht. »Das ist hart. Ich bin vollkommen begeistert darüber, Ben und Julian am Mount House unterzubringen. Ich glaube, es hat Mr. Massie bei seiner Entscheidung geholfen, dass vor ihnen ihr Vater und ein paar Onkel dort waren. Das wird noch ein Schock für Pa, dass du die Schulgebühren für beide bezahlst.«
Er zuckt mit den Schultern. »Ich kann es mir leisten, und ich bin nicht nur ihr Onkel, sondern auch ihr Taufpate. Er sollte sich darüber freuen, dass sie gut untergebracht sind.«
»Das wird er, aber er empfindet trotzdem so. Es muss ein wenig hart für ihn sein, dass du so reich bist.«
»Der pure Neid. Essen wir jetzt etwas oder nicht?«
Sie richtet sich auf ihrem Platz auf. »Bist du nur mit mir hergekommen, um mir das zu sagen? Das mit Charlotte?«
»Du musstest es erfahren. Ich kann mir nicht vorstellen, wie man je darüber hinwegkommen kann, ein Kind zu verlieren, aus welchem Grund auch immer, doch Ma und Pa haben darum gekämpft, weitermachen zu können, und versucht, mit diesem Schicksalsschlag fertig zu werden. Es ist leicht, ein hartes Urteil über andere Menschen zu fällen, wenn man die Wahrheit über sie nicht kennt. Du bist jetzt ein großes Mädchen, und ich finde, du kannst die Wahrheit vertragen.«
»Ob es Ma etwas ausmachen würde, wenn sie wüsste, dass du es mir erzählt hast?«
Er zuckt mit den Schultern. »Inzwischen wahrscheinlich nicht mehr. Sie hat nicht eindeutig gesagt, dass es ein Geheimnis ist, aber mir wäre lieber, du sprichst sie nicht darauf an. Und auf keinen Fall solltest du mit anderen darüber reden.«
»Du meine Güte, nein!« Sie erschauert und runzelt dann plötzlich die Stirn. »Glaubst du, Kate weiß es?«
Er zögert und nickt dann. »Da bin ich mir beinahe sicher. Die beiden waren immer so eng befreundet, oder? Komm, lass uns bestellen!«
Als er zur Theke geht, schaut sie ihm nach und sieht ihr eigenes Spiegelbild; hochgewachsen, elegant, blond, attraktiv. Sie fragt sich, warum er nie eine feste Beziehung eingegangen ist. Frauen, die sich um ihn gerissen haben, gab es immer genug.
»Ich langweile mich zu schnell«, hat er einmal gesagt. »Das wäre nicht fair.«
Egoistischerweise freut sie sich eher darüber; Oliver ist so ein guter Freund und stets da, wenn etwas passiert. Und, noch wichtiger, er ist immer auf ihrer Seite. Da könnte eine Frau oder Partnerin doch nur störend wirken. Die Sache bei Oliver ist, dass er kein Urteil über andere fällt, und deswegen hört sie ihm zu, wenn er einmal ernst wird. So wie gerade eben …
Gemma trinkt noch einen Schluck Wein und versucht, sich an Charlotte zu erinnern. Sie denkt über den großen Altersunterschied zwischen sechs und fünfzehn nach und darüber, dass Charlotte die meiste Zeit im Internat war. Wie grauenhaft das für Ma gewesen sein muss! Welch hoher Preis für einen albernen Flirt! Was für eine schreckliche Vorstellung, sich mit seinem Kind zu streiten und es danach nie mehr
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