Das Paradies am Fluss
Eifersucht.
»Meine Güte, du bist doch so viel älter als sie!«, ruft er aus.
Mitfühlend schüttelt Oliver den Kopf. »Aber wenigstens bin ich nicht alt genug, um ihr Großvater zu sein«, betont er milde.
Cass steht vom Tisch auf, erstickt ihr Gelächter und hofft, dass Tom nicht aus der Haut fährt. »Also, für mich klingt der Plan gut«, meint sie munter. »Gut möglich, dass Sophie mit Lady T. alle Hände voll zu tun hat und Jess das Gefühl bekommt, im Weg zu stehen. Schließlich kennt sie die Trehearnes kaum. Und um ehrlich zu sein, ist sie zwar ein liebes Mädchen, aber ich möchte sie im Moment auch nicht zwischen den Füßen haben. Kates Schlüssel liegt in der Kommodenschublade, Oliver. Willst du etwas zu essen mitnehmen, oder kaufst du auf dem Weg nach Tavistock ein?«
Mit einem vielsagenden Schnauben, das ausdrückt, Oliver sei ja wohl alt genug, um sich selbst um seine Mahlzeiten zu kümmern, schiebt Tom den Stuhl zurück. Oliver zögert und wittert eine neue Gelegenheit, ihn aufzuziehen, aber Cass sieht ihn mit warnendem Blick an, und er schenkt ihr ein Grinsen.
»Kate lässt mir das Lebensnotwendige da, und zum Abendessen springe ich in den Pub. Ich gehe dann packen.«
Cass erwidert sein Lächeln. Bei Oliver fühlt sie sich unbefangen. Er hat Verständnis für alles, verurteilt aber niemanden. Sein Spott ist niemals grausam; er bringt sie zum Lachen und erinnert sie an ihren lieben Dad, den alten Soldaten, nach dem er benannt ist.
Sie dreht sich um und sieht Tom an, der die Spülmaschine einräumt. Seine Miene ist immer noch finster. Sie würde gern seine Sorgen um Gemma lindern, ihm erklären, dass sie versteht, dass er von Neuem um Charlotte trauert, doch ganz so einfach ist das nie. Inzwischen hat sie gelernt, dass sie zwar beide gleichermaßen leiden, deswegen jedoch nicht unbedingt am besten geeignet sind, einander zu helfen. Die Schuld liegt bei ihnen beiden, und wenn der Schmerz des Verlustes sehr schlimm ist und beide übermäßig emotional reagieren, dann liegt nur ein schmaler, abschüssiger Grat zwischen gegenseitigem Trost und der Verlockung, sich selbst zu entlasten, indem man dem anderen die Verantwortung zuschiebt.
»Wenn du nur nicht …«
»Ein Jammer, dass du …«
Die leiseste Andeutung von Kritik, und eine liebevolle, behagliche Stimmung kann in einen flammenden Streit umschlagen.
Unterdessen hat Oliver kürzlich ihren Streit über Gemma geschlichtet, und dies ist die Gelegenheit zur Versöhnung.
»Ist doch nett«, sagt Cass fröhlich, »dass wir auch wieder Zeit für uns haben, findest du nicht? Hast du nicht gestern noch so etwas gesagt?«
»Schätze schon«, gibt er mürrisch zurück – und sie erstickt einen plötzlichen Drang zu lachen und zieht stattdessen hinter seinem Rücken eine kleine Grimasse.
»Dann ist ja gut«, meint sie leichthin. »Und alle sind zufrieden.«
Das Cottage ist warm und einladend. Oliver schließt die Haustür hinter sich, lässt seine Reisetasche in der Diele fallen und geht ins Wohnzimmer. Er sieht sich um und ist sich eines Gefühls von Vertrautheit bewusst. Die gemütliche Unordnung, die sich in Jahren bildet, fehlt hier, aber es fühlt sich auch nicht so unpersönlich an wie ein Ferienhaus.
»Es ist knifflig«, hat Kate ihm gestanden. »Die meisten meiner wirklich wertvollen Sachen sind nach St. Meriadoc gekommen, als ich dorthin gezogen bin; doch das Cottage dort war so viel kleiner, dass ich nicht alles unterbringen konnte. Die richtig großen Teile musste ich abstoßen, als ich das Haus in Whitchurch verkauft habe, aber ein paar Stücke habe ich behalten und eingelagert. Glücklicherweise passt das meiste hier herein, was wirklich gut ist. Ich werde vielleicht nicht oft hier sein, trotzdem sollte es wie ein Heim aussehen.«
Nun, es sieht auch so aus, wie die Art von Zuhause, das Kate vierzig Jahre lang in Dienstquartieren, Mietwohnungen und Cottages geschaffen hat, und er erkennt es wieder. Der Tisch hat wahrscheinlich in einem französischen Bauernhaus das Licht der Welt erblickt, und die Holzstühle und Kissen passen alle nicht richtig zusammen. Er kann nicht annähernd zählen, wie oft er und seine Geschwister und auch Guy und Giles auf diesen verschossenen Kissen aus kariertem Baumwollstoff und geblümtem Chintz um diesen Tisch gesessen haben. Flossies Zweitkorb steht unter dem Fenster, und an diesen Bentwood-Schaukelstuhl erinnert er sich schon aus seiner frühesten Kindheit. Die Gemälde an der Wand gehören zur
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