Das Paradies am Fluss
das Ganze funktionieren. Guy ist gekommen, wie Gemma gehofft hatte, und es scheint, als wäre er bereit, wieder nach England zu ziehen. Das haben wir uns alle gewünscht. Was ist bloß mit dir los?«
Tom kocht innerlich. Er kann nicht sagen, dass das Problem seine Eifersucht auf seinen ältesten Sohn ist, der wie üblich alles wie ein moderner Machiavelli zu regeln scheint.
»Ich bin es leid, mich ausnutzen zu lassen«, erklärt er. »Wir stehen herum und warten darauf, dass uns jemand sagt, was los ist, und sind für jedes Fitzelchen an Informationen dankbar, während Oliver bei uns ein und aus geht, als hätten wir hier ein verdammtes Hotel. Ich meine, was macht er eigentlich hier? Seit Wochen lungert er bei uns herum. Warum macht er nicht das, was er sonst in London oder wo auch immer tut, und verdient noch mehr Geld?«
»Ach, komm schon!«, fällt Cass ungeduldig ein. »Kennst du deine Kinder denn gar nicht? Ich vermute, dass Gemma Oliver gesagt hat, dass sie nach Hause flüchten will, und sie wollte ihn als Puffer in der Nähe haben. Seit sie ein kleines Mädchen war, hat sie sich immer darauf verlassen, dass Oliver ihr durch schwierige Situationen hilft. Er ist gekommen, um greifbar zu sein, falls sie ihn brauchte. Und sie hat ihn gebraucht. Er hat die Jungs am Mount House untergebracht, Gemma aufgemuntert und Guy bei den Trehearnes eingeführt.«
Tom starrt sie empört an: Wozu braucht Gemma ihren Bruder, wenn sie einen Vater hat, der sie unterstützt? Und was soll dieses Gerede von wegen »einführen«?
»Was meinst du?«, fragt er. »Wir kennen die Trehearnes seit Ewigkeiten. Was brauchen wir Oliver, damit er uns ihnen vorstellt?«
»Ich habe nicht von uns geredet. Aber er hat Guy bei ihnen eingeführt, und jetzt wird Gemma sie kennenlernen.«
»Und?«
Cass schweigt einen Moment. »Ich weiß es nicht«, sagt sie schließlich. »Ich habe nur das Gefühl, dass es irgendwie wichtig werden könnte.«
»Ich fürchte mich regelrecht davor, ins Pfarrhaus zurückzukehren«, vertraut Gemma in der Halbzeitpause Oliver an. Sie stehen ein Stück entfernt von den anderen am Rand des Spielfelds. »Ich weiß einfach, dass Pa eine gewaltige Szene machen wird.«
»Er hat die Gelegenheit verdient, etwas Dampf abzulassen«, meint Oliver verständnisvoll. »Ma hat er auch die Ohren vollgejammert, als ich vorhin gefahren bin. Er wird schon darüber hinwegkommen.«
»Denkst du, wir sollten morgen alle zum Mittagessen zu ihnen fahren? Wir könnten die Jungs nach der Kirche abholen und sie ins Pfarrhaus mitnehmen.«
»Definitiv nein«, erklärt Oliver sofort. »Der liebe alte Guy scheint momentan in ungewohnt milder Stimmung zu sein, doch ich glaube, das wäre ein Zahn zu viel. Pa könnte einfach nicht anders und würde etwas Provozierendes sagen, und das könnte unsere ganze gute Arbeit zunichtemachen.«
Gemmas Blick huscht zu der hochgewachsenen, schlanken Gestalt ihres Mannes, der tief in ein Gespräch mit Johnnie versunken ist.
»Bestimmt hast du recht«, stimmt sie unglücklich zu, »aber ich habe ein schlechtes Gewissen gegenüber unseren alten Herrschaften. Sie sind sehr geduldig gewesen.«
»Das ist nun einmal die Aufgabe von Eltern«, erklärt Oliver unbeeindruckt. »Die Kinder gehen immer vor. Deine Pflicht liegt bei deinen Jungs, und das heißt, dass du dich mit Guy versöhnen musst. Und da wir gerade von Eltern reden, hat er mit Kate gesprochen?«
»Er hat gestern Abend mit ihr telefoniert. Sie kommt Montagmorgen aus St. Meriadoc, und ich gehe dann in die Stadt, damit die beiden ein wenig allein sein können.«
Mit hochgezogenen Augenbrauen sieht er sie an. »Das ist außerordentlich … taktvoll von dir.«
Gemma zuckt mit den Schultern. »Kate ist sehr gut zu mir gewesen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich als Schwiegertochter haben wollte. Jedenfalls fahre ich am Montag nach dem Mittagessen mit Guy nach London, bringe ihn Dienstagmorgen zum Flughafen und komme dann mit dem Zug zurück. Kannst du mich in Plymouth abholen?«
»Selbstverständlich.« Oliver beobachtet Guy und Johnnie. »Anscheinend hat unsere Taktik sich ausgezahlt. Ich muss sagen, dass Guy sehr positiv wirkt. Vergnügt sogar.«
»Das ist er, nicht wahr?« Gemma beißt sich auf die Lippen. »Oh Gott, Ol. Ich könnte es nicht ertragen, wenn jetzt noch etwas schiefgeht.«
»Die beiden sind einander schrecklich ähnlich, nicht wahr?«, meint Jess. Sie sitzt neben dem Picknickkorb, wo Sophie aus einer Thermoskanne Kaffee in eine
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