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Das Paradies am Fluss

Das Paradies am Fluss

Titel: Das Paradies am Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Willett
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besonders für die Jungs. Und was dich angeht, bin ich überzeugt davon, dass es ihm vor allem darum geht, dich unter Kontrolle zu haben. Er wird wütend sein, genau wie du, als ich gegangen bin, aber viel mehr steckt nicht dahinter. Tut mir leid, das so brutal ausdrücken zu müssen, doch so sehe ich es. Und seine kalte Art scheint auf dich abzufärben, sodass unsere Beziehung ebenfalls leidet. Ich werde wirklich nicht mehr damit fertig, Guy. Und falls das nach einem Ultimatum klingt, dann deswegen, weil es eines ist.«
    Ein kurzes Schweigen trat ein.
    »Was hast du da eben vor dir gesehen, Guy?«, fragte sie dann.
    »Boote«, antwortete er. »Boote auf dem Tamar, ein altes graues Haus und ein Segelloft.«
    Sie schob ihren Stuhl zurück und stand auf. Rasch blickte er zu ihr hoch, und einen Moment lang wirkte er nervös und ängstlich. Sie streckte ihm die Hand entgegen. »Komm«, sagte sie. »Lass uns zu Bett gehen.«
    Als sie jetzt Tee aufbrüht und die Käsetoast-Scheiben aus dem Grill nimmt, erinnert sie sich daran, wie Guy und sie sich geliebt haben, und kann ein Lächeln kaum unterdrücken. Gestern hatten sie den ganzen Tag für sich und haben alte Lieblingsplätze erkundet, und heute Morgen, nach dem Frühstück im Hotel, war die Fahrt über das Moor geradezu magisch gewesen. Jetzt muss Gemma sich innerlich auf das Rugbyspiel vorbereiten, auf Guys Wiedersehen mit seinen Söhnen und auf die Begegnung mit diesen neuen Freunden. Oliver hat ihr eine SMS geschrieben und angekündigt, sie in der Schule zu treffen.
    Guy taucht hinter ihr auf. »Wie sieht es aus? Das Spiel fängt in weniger als einer Stunde an.«
    »Alles fertig«, erklärt sie und stellt Teller und Tassen auf ein Tablett. »Wir essen im Wohnzimmer. Ach, ich habe mich noch gar nicht erkundigt, wie es mit Oliver und Jess ging.«
    »Jess?«
    Sie sieht zu ihm auf. »Er ist ziemlich angetan von ihr. War ja klar, dass dir das nicht auffällt. Er fürchtet allerdings, er könnte zu alt für sie sein.«
    Guy runzelt die Stirn. »Ich hätte gedacht, dass er eher von Sophie angetan ist und nicht von Jess.«
    »Sophie? Aber er hat sie doch gerade erst kennengelernt, oder?«
    Guy zuckt mit den Schultern und beißt von einem Stück Käsetoast ab. »So etwas kann schnell gehen.«
    Gemma grinst ihm zu. »Wir beide haben ziemlich lange gebraucht«, meint sie. Dann wird sie mit einem Mal ernst. »Was sollen wir nur machen, Guy?«
    Er isst seinen Toast auf und trinkt einen Schluck Tee. »Noch habe ich keine Ahnung. Von etwas müssen wir leben, und wir brauchen eine Wohnung. Dad wird mir nicht helfen, mich hier zu etablieren. Warum sollte er auch?«
    »Aber du kommst zurück?«
    Er holt tief Luft. »Ja, ich komme zurück.«
    »Ach, Liebling.« Rasch schließt sie ihn in die Arme, um jeder resignierten Bemerkung seinerseits vorzubeugen. Habe ich denn eine andere Wahl?, könnte er entgegnen. Oder: Du lässt mir ja nichts anderes übrig. Ihre Position ist schwierig: Sie kann nicht offen jubeln, weil es dann so aussehen würde, als wäre dies ein Spiel, das sie gewonnen hat. Und wenn sie Dankbarkeit ausdrückt, wird er sich unbehaglich fühlen.
    Guy löst den Zwiespalt auf die ihm eigene prosaische Art. Er drückt sie an sich und gibt sie dann wieder frei. »Wenn du jetzt nicht einen Zahn zulegst, kommen wir zu spät zum Spiel«, erklärt er.
    Gemma möchte am liebsten vor Erleichterung in Tränen ausbrechen, doch sie beherrscht sich. Sie spielt nach seinen Regeln. Das kann sie sich leisten, denn sie hat gewonnen.
    Während Guy darauf wartet, dass sie sich zurechtmacht, erinnert er sich wieder an diese ersten, glücklichen Zeiten und lächelt in einem Anflug von Nostalgie. Gemma hatte eine Lücke in den Panzer geschlagen, den er zu seinem Selbstschutz sorgfältig um sich errichtet hatte, und ihre Unbeschwertheit und ihre Liebe zum Leben auf ihn übertragen. Mit ihr an seiner Seite war er besser in der Lage, Beziehungen zu anderen Menschen zu knüpfen und das Leben leichter zu nehmen. Ohne sie sah seine Zukunft trostlos aus. Ihr Ultimatum damals – die Nachricht, die sie unter seiner Tür durchgeschoben hatte – hatte die gleiche Wirkung auf ihn ausgeübt wie ihre Flucht aus Kanada jetzt.
    »Woran denkst du?« Bereit zum Aufbruch, steht Gemma an der Tür und sieht ihn an.
    »Ich habe daran gedacht, wie ich dich vor zwölf Jahren übers Moor gejagt habe, und dann an die Bootsfahrt von Fowey aus ein paar Wochen später«, antwortet er.
    Sie weiß sofort, was er

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