Das Paradies am Fluss
Anzahl kleiner Tassen einschenkt.
»Ja, das sind sie.« Sophie weigert sich, dorthin zu sehen, wo Gemma und Oliver zusammenstehen.
»Wirklich attraktiv«, meint Jess seufzend. »Die beiden haben Glück, so groß und elegant zu sein.«
Sophie reicht ihr eine Tasse. »Sicher, dass Sie nicht verliebt in Oliver sind?«
»Natürlich«, sagt Jess sofort. »Das ist vorbei. Es war reine Schwärmerei. Aber ich bin bis über beide Ohren in Will verliebt. Als er diesen Punkt gemacht hat, bin ich vor Stolz fast gestorben.«
»Er ist ein ganz Lieber«, pflichtet Sophie ihr bei. »Hören Sie, ich habe eine Idee. Warum laden wir nicht alle für morgen zum Mittagessen ein? Was meinen Sie?«
»Oh!« Mit strahlenden Augen trinkt Jess von ihrem Kaffee. »Was für eine großartige Idee! Ich frage mich, was sie sonst unternehmen würden.«
»Nun ja, Gemma sagt, dass die Jungs natürlich mit Guy zusammen sein möchten, obwohl sie keine große Lust hat, zu ihren Eltern zu fahren …«
»Das Problem mit dem Ausgang am Sonntag ist doch«, erwidert Jess, »dass man oft nicht weiß, was man den ganzen Tag anfangen soll, wenn der Heimweg zu weit ist. Will ahnt ja nicht, was für ein Glück er hat, dass er einfach zu Ihnen kommen kann. Wir mussten früher den Tag in irgendeinem Café oder im Kino verbringen, oder wir sind spazieren gegangen, wenn das Wetter nicht allzu scheußlich war. Ich vermute, Gemma und Guy werden nach der Kirche mit den Zwillingen in die Chapel Street fahren und dann wahrscheinlich im Moor wandern gehen oder so.«
»Ich hatte gedacht, sie könnten den Morgen einfach zusammen verbringen und dann ein wenig später zum Lunch kommen. So würden sie zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Sie hätten Zeit, als Familie zusammen zu sein, und essen anschließend bei uns.«
»Ich finde die Idee brillant«, sagt Jess. »Fragen Sie doch Gemma, was sie dazu meint! Will wäre begeistert. Er kann den Zwillingen sein Boot und das Segelloft zeigen, und dann können sie nach dem Tee alle zusammen zum Internat zurückfahren.«
»Es wäre sicher nett, Oliver auch einzuladen«, antwortet Sophie und erlaubt sich, den Blick zu ihm schweifen zu lassen.
Sie ist noch nicht an dieses seltsame, freudige Gefühl gewöhnt, das sie überkommt, wenn er in der Nähe ist – oder daran, wie farblos ihr das Leben vorkommt, wenn er nicht da ist. Ungewohnte Empfindungen sind das, die an den äußeren Enden ihres Gefühlsspektrums liegen, und im Stillen schwelgt sie darin.
»Natürlich muss er kommen!«, erklärt Jess bestimmt – und errötet dann. »Tut mir leid«, murmelt sie. »Das klang ein wenig aufdringlich. Schließlich bin ich selbst nur Gast hier.«
»Unsinn«, gibt Sophie fröhlich zurück. »Inzwischen sind Sie ganz eindeutig ein Teil der Familie. Sie gehören hierher. Spüren Sie das nicht?«
Eine kleine Pause entsteht.
»Ja«, sagt Jess. »Doch, ich glaube schon.«
Tamar
Rowena döst, gleitet in den Schlaf und wieder zurück. Manchmal, wenn sie erwacht, sind ihre Gedanken scharf und klar. Jetzt zum Beispiel. Ihr Zimmer ist voller Licht; wässrige Reflexe huschen über die cremefarben gestrichenen Wände, und sie hört das raue Krächzen der Möwen über dem Fluss. Sie denkt an Jess, an ihre schockierte Miene, als sie das Foto sah, wie sie scharf den Atem einsog, und an ihre Frage. »Wer ist das?«, hat sie gesagt und auf Al gezeigt. Rowena spürt eine tiefe Zufriedenheit; ihre Verdachtsmomente – ihre Hoffnungen – waren alle auf der Wahrheit gegründet. Diese sorgsam gehorteten Erinnerungen, die Puzzlestücke, passen endlich zusammen und ergeben ein Gesamtbild.
Wieder sieht sie Al bei dem Weihnachtsball auf der HMS Drake mit Juliet tanzen, ein langsames, romantisches Stück in den Schatten am Rand der Tanzfläche. Der seidige Chiffonrock von Juliets langem, hellem Ballkleid schwebt und heftet sich an die dunkle Uniform ihres Tanzpartners. Mike sitzt an der Bar und kippt die Drinks nur so herunter. Er dreht sich um und beobachtet die beiden, und seine ziemlich dümmliche und halb betrunkene Miene verhärtet sich wachsam.
Sie hört Juliet mit angespannter, verzweifelter Stimme während einer Party an einem warmen Frühlingsabend vor den Fenstern des Morgensalons flüstern: »Jetzt weiß ich, dass ich ihn nie hätte heiraten dürfen. Ich dachte, ich wäre verliebt in ihn. Das habe ich wirklich geglaubt. Woher sollte ich wissen, was kommen würde? Was sollen wir nur tun?« Und die leise gemurmelte Antwort: »Wir müssen eben
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