Das Paradies auf Erden
beide darauf, und das würde Thomas vielleicht daran erinnern, dass sie sich vorgenommen hatten, ihre Vernunftehe zu einem Erfolg zu machen.
Claudia saß mit einer Stickerei im Wohnzimmer, als Thomas nach Hause kam.
Sie hatte sich in dem kleinen Handarbeitsgeschäft in der Passage einen cremefarbenen Seidenstoff gekauft, der mit Rosen bestickt und anschließend zu einem Kissen verarbeitet werden sollte.
Schon auf den ersten Blick stellte sie erleichtert fest, dass Thomas zu seiner üblichen Selbstbeherrschung zurückgefunden hatte. Sie tranken gemeinsam Tee, unterhielten sich über Weihnachten, über Harveys Fortschritte und wieder über Weihnachten und saßen nach dem Essen friedlich im Wohnzimmer beisammen -
Claudia mit ihrer Stickerei, Thomas mit der Abendzeitung und seinen Fachzeitschriften.
Wie ein altes Ehepaar, dachte Claudia getröstet. Zurückhaltung gehörte nun einmal zu ihrer Rolle, wenn Thomas nach einem anstrengenden Tag nach Hause kam.
Am nächsten Tag musste sie wieder länger auf ihn warten, und es dämmerte bereits, als sie mit Harvey zu ihrem üblichen Spaziergang aufbrach. Es war kalt, aber trocken, und sie sehnte sich nach Bewegung in frischer Luft.
Da kaum Menschen unterwegs waren - die meisten dachten jetzt nur an ihre Weihnachtseinkäufe -, hielt sich Claudia im Park auf den Hauptwegen und ließ Harvey nicht von der Leine. Er war inzwischen ein lieber, fügsamer Gefährte, aber wenn ihn etwas erschreckte, konnte er immer noch in panischer Angst davonjagen.
Claudia war bereits auf dem Rückweg zur Straße, als ihr zwei Jugendliche begegneten, die stutzten und dann hinter ihr herkamen. Sie wagte nicht, sich umzudrehen, nahm Harvey aber auf den Arm und beschleunigte ihre Schritte. Es waren nur noch Minuten bis zur Bayswater Road, wo sie andere Menschen treffen würde …
Sie erreichte die Straße, aber kein Mensch war zu sehen Die beiden Jugendlichen waren ihr inzwischen dicht auf den Fersen. Sollte sie schreiend weglaufen oder stehen bleiben und sich umdrehen? Sie entschied sich für die zweite Möglichkeit, und wirbelte auf dem Absatz herum. Ja, da waren sie, zwei Halbwüchsige, die hässlich grinsten …
Thomas hatte erwartet, Claudia im Wohnzimmer oder im kleinen Salon anzutreffen, aber beide Zimmer waren leer, als er nach Hause kam. Cork begrüßte ihn im Flur, fragte, ob er den Tee ins Arbeitszimmer bringen solle, und fügte auf eine entsprechende Frage hinzu, dass Madam mit Harvey spazieren gegangen sei.
“Ich habe sie vor der einbrechenden Dunkelheit gewarnt, Sir”, gestand er, “aber sie meinte, die frische Luft würde ihnen beiden gut tun. Sie geht meist bis zur Bayswater Road und benutzt den ersten oder zweiten Eingang zum Hydepark.
“Ich werde ihr entgegengehen”, meinte Thomas und zog wieder seinen Mantel an. „Sagen Sie ihr das, falls wir uns verpassen und sie vor mir zurückkommt.”
Die Straßen waren fast menschenleer, und Thomas ging schnell, was sich als Glück erwies, denn schon am Anfang der Bayswater Road hörte er Harveys ängstliches Bellen. Es war inzwischen ganz dunkel, aber im spärlichen Laternenlicht konnte er sowohl Claudia als auch die beiden Jugendlichen erkennen. Als er sie erreicht hatte, trat Claudia dem einen gerade so kräftig gegen das Schienbein, dass er vor Schmerz aufschrie.
“Dafür drehen wir deinem hässlichen Köter den Hals um!” drohte der andere und kam noch näher.
Thomas hielt sich nicht lange mit Reden auf. Er versetzte den beiden nacheinander einen Kinnhaken, dass sie hintenüberflogen, forderte sie mit eisiger Stimme auf, zu verschwinden, ehe er die Polizei rufen würde, und wandte sich dann Claudia zu.
Die beiden Jugendlichen rappelten sich auf und stoben davon. “O Thomas”, sagte Claudia mit schwacher Stimme. “Sie wollten Harvey etwas antun.”
“Und dir auch”, ergänzte Thomas und nahm unsanft ihren Arm. “Welche Dummheit, so spät noch in den Park zu gehen. Du hast dir alles selbst zuzuschreiben. “
Diese Reaktion hatte Claudia nicht erwartet. Kein Wort der Sympathie, keine freundliche Anteilnahme, keine Frage, ob sie sich gefürchtet habe oder verletzt worden sei! Natürlich hatte er Recht. Sie war selbst schuld, aber das änderte nichts an ihrer aufflammenden Empörung.
Claudia begann am ganzen Körper zu zittern. Was für ein gefühlloses Monster dieser Thomas Tait-Bullen doch war! Sie hätte ihm gern einige Wahrheiten an den Kopf geworfen, aber dafür fehlte ihr bei dem schnellen Tempo, das er
Weitere Kostenlose Bücher