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Das Paradies der Damen - 11

Das Paradies der Damen - 11

Titel: Das Paradies der Damen - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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sprach mit Entrüstung von den Mädchen, die sich dem ersten besten hingaben.
    »Ich will Sie ja gar nicht zu einem schlechten Lebenswandel verleiten. Ich würde mich auch nicht gern in Gesellschaft dieser Claire sehen lassen; man könnte mir leicht nachsagen, daß ich es so arg treibe wie sie. Aber wenn man ruhig mit einem lebt und sich nichts vorzuwerfen hat … Finden Sie es gar so schlimm?«
    »Nein«, erwiderte Denise, »aber es paßt mir nicht.«
    Neues Stillschweigen. Die beiden Mädchen sahen einander lächelnd an. Dann bemerkte Denise errötend:
    »Außerdem müßte man demjenigen doch erst einmal gut sein.« Pauline schien erstaunt, dann lachte sie, küßte ihre Freundin und sagte:
    »Aber, meine Liebe, man begegnet sich, findet Gefallen aneinander … Sie sind zu drollig! Es zwingt Sie ja keiner … Wenn Sie wollen, machen wir mit meinem Baugé nächsten Sonntag eine Landpartie, er wird dann einen seiner Freunde mitbringen.«
    »Nein«, wiederholte Denise in ihrer eigensinnigen Sanftmut.
    Pauline drang nicht weiter in sie; jeder sei sein eigener Herr, meinte sie. Sie habe ihr diesen Rat aus Freundschaft gegeben, denn es tue ihr weh, wenn sie eine Kollegin so unglücklich sehe. Da es jetzt Mitternacht schlug, erhob sie sich, um in ihr Zimmer zu gehen. Vorher nötigte sie Denise die sechs Franken auf, die ihr fehlten; sie könne sie ihr zurückgeben, wenn sie mehr verdiene.
    »Und jetzt löschen Sie die Kerze aus, damit man nicht merkt, welche Tür geöffnet wird. Wenn ich drüben bin, können Sie sie wieder anzünden.«
    Als es dunkel war, drückten sie einander noch einmal die Hand, und Pauline entfernte sich geräuschlos.
    Denise wollte, bevor sie schlafen ging, noch ihre Schuhe fertigmachen und die Wäsche erledigen. Das Gespräch mit Pauline ging ihr lebhaft im Kopf herum. Sie war keineswegs empört, denn sie fand, daß jedermann sich sein Leben nach Gutdünken einrichten durfte, wenn er allein und verlassen dastand. Nur ihr selber waren solche Gedanken niemals gekommen; ihr gerader Sinn und ihre gesunde Natur hatten sie bisher auf dem rechten Weg gehalten. Gegen ein Uhr morgens ging sie endlich zu Bett. Nein, sie liebte niemanden. Warum sollte sie also ihr Leben ändern? Warum sollte sie von der mütterlichen Zärtlichkeit abgehen, die sie ihren beiden Brüdern gelobt hatte?
    Von diesem Tag an interessierte sich Denise für die Herzensgeschichten ihrer Abteilung. Wenn es nicht viel zu tun gab, wurde fortwährend von den Männern gesprochen; es gab viel Klatsch, die Verkäuferinnen unterhielten sich oft tagelang mit der Erzählung von allerlei Abenteuern. Claire war beständig in Skandale verwickelt; man sagte, sie habe drei Liebhaber zugleich, ganz zu schweigen von den Gelegenheitsverehrern, die fortwährend hinter ihr herliefen. Wenn sie ihre Stellung nicht aufgab, so geschah es nur, um ihrer Familie gegenüber den Schein zu wahren, denn sie lebte in ewiger Furcht vor ihrem Vater, der ihr dauernd drohte, nach Paris zu kommen und ihr alle Knochen kaputtzuschlagen. Marguerite hingegen führte sich gut auf; man wußte bei ihr von keinem Liebhaber zu erzählen; dies überraschte allgemein, denn es war bekannt, daß sie nach Paris gegangen war, um vor Freunden und Bekannten einen Fehltritt zu verbergen. Wo hatte sie nur dieses Kind her, fragte man sich, wenn sie gar so vernünftig war? Auch über die Zweite, Frau Frédéric, machten die Mädchen ihre Späße; man erzählte sich, daß sie zu hochstehenden Persönlichkeiten allerlei geheime Beziehungen pflege. In Wahrheit wußte man nichts von ihren Herzensangelegenheiten; am Abend nach beendeter Arbeit entfernte sie sich immer sehr eilig, ohne daß jemand zu sagen wußte, wohin sie ging. Frau Aurélie, so behauptete man, habe es auf gefällige junge Leute abgesehen; doch waren diese Gerüchte sicherlich falsch und verdankten ihr Entstehen nur den Verleumdungen unzufriedener Verkäuferinnen. Möglich, daß sie einst einem Freund ihres Sohnes gegenüber allzuviel Wohlwollen an den Tag gelegt hatte, allein heute gab sie sich als ernste Frau, die an solchen Kindereien keinen Gefallen mehr findet. Was blieb, war die Masse der Mädchen, die abends an der Tür von ihren Liebhabern erwartet wurden. Auf der Place Gaillon sowie längs der Rue de la Michodière und der Rue Neuve-Saint-Augustin sah man immer einzelne Männer stehen, die auf ihre Mädchen warteten. Jeder nahm dann sein Liebchen am Arm, und man entfernte sich gemütlich plaudernd mit der Ruhe und

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