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Das Paradies der Damen - 11

Das Paradies der Damen - 11

Titel: Das Paradies der Damen - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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gefunden, sagte sie. Alles fühlte sich erleichtert. Frau Robineau küßte sie gerührt und versicherte, daß sie es stets bedauern werde, sie zu verlieren. Dann fragte man sie, wohin sie gehe, und als sie erwiderte, sie kehre zu Mouret zurück, wurde Robineau sehr blaß.
    »Sie haben ganz recht!« rief er schließlich.
    Schwieriger war es, die Nachricht dem alten Bourras beizubringen. Allein Denise mußte ihm doch das Zimmer kündigen. Sie zitterte davor, denn sie fühlte sich ihm tief verpflichtet.
    Der Alte kam neuerdings ohnehin aus dem Zorn nicht mehr heraus. Waren doch diese Gauner auf den Gedanken verfallen, zur Verbindung der schon bestehenden Abteilungen des Warenhauses mit den neu einzurichtenden Räumen im ehemaligen Haus Duvillard unter seinem Laden einen Stollen durchtreiben zu lassen! Da das Haus Mouret gehörte und der Vertrag dahin lautete, daß der Mieter alle Reparaturen gestatten müsse, erschienen eines Morgens die Arbeiter bei Bourras. Er jagte sie fort und erklärte, er werde klagen. Das ganze Viertel wartete gespannt auf den Prozeß, der endlos zu werden versprach.
    An dem Tag, als Denise sich endlich entschlossen hatte, Bourras zu kündigen, kam dieser eben von seinem Anwalt.
    »Wollen Sie es glauben: jetzt behaupten sie, das Haus sei nicht fest genug, sie müßten das Fundament ausbessern. Es wäre wirklich kein Wunder, wenn das Haus wackelte. Sie haben es ja lange genug mit ihren Maschinen durchgerüttelt.«
    Als das junge Mädchen ihm dann erzählte, es wolle mit tausend Franken Gehalt wieder ins »Paradies der Damen« eintreten, war er dermaßen betroffen, daß er auf einen Stuhl niedersank und rief:
    »Bleibt denn keiner mehr übrig außer mir?«
    Nach einer Weile fragte er:
    »Und der Kleine?«
    »Er soll zu Frau Gras zurück«, sagte Denise, »sie hat das Kind sehr gern.«
    Wieder schwieg er. Sie hätte es lieber gesehen, wenn er wütend gewesen wäre, wenn er geflucht, mit der Faust auf den Tisch geschlagen hätte; seine wortlose Bestürzung tat ihr weh. Nach und nach aber faßte er sich und begann wieder zu schreien.
    »Tausend Franken, das lehnt man freilich nicht ab … Und wenn ich zehnmal alleinbleibe – ich werde mich nicht beugen! Sagen Sie ihnen, daß ich meinen Prozeß gewinnen werde, und wenn ich mein letztes Hemd dafür opfern müßte!«
    Denise sollte Robineau erst Ende des Monats verlassen. Sie hatte Mouret wiedergesehen, und alles war geregelt worden. Als sie eines Abends eben in ihr Zimmer hinaufsteigen wollte, wurde sie von Deloche angehalten, der sie unter einem Hauseingang erwartet hatte. Er war sehr glücklich; soeben hatte er die große Neuigkeit erfahren. Das ganze Geschäft spreche davon, versicherte er. Sehr aufgeräumt erzählte er ihr den neuesten Klatsch aus der Konfektionsabteilung.
    »Sie können mir glauben: die Damen schneiden schöne Gesichter! … Übrigens, erinnern Sie sich an Claire? Es scheint, daß der Chef sie zu seiner Geliebten gemacht hat …«
    Er war sehr rot geworden; ihr dagegen wich alle Farbe aus dem Gesicht.
    »Wie, Herr Mouret?« rief sie aus.
    »Sonderbarer Geschmack, nicht wahr?« fuhr Deloche fort. »Ein Frauenzimmer wie ein Pferd … Die Kleine aus der Wäscheabteilung, die er im vorigen Jahr zweimal hatte, war wenigstens ein hübsches Ding. Aber das ist ja seine Sache …«
    Als Denise in ihrem Zimmer ankam, fühlte sie sich sehr elend. Sie glaubte, es komme davon, daß sie zu rasch hinaufgegangen sei. Sie stand ans Fenster gelehnt, und in ihrer Erinnerung tauchte plötzlich Valognes auf mit seinen einsamen Gassen und den moosbedeckten Pflastersteinen. Sie sehnte sich danach, wieder dort zu leben, sich in die Vergessenheit und den Frieden der Provinz zu flüchten. Sie empfand einen Widerwillen gegen Paris, sie haßte das »Paradies der Damen« und wußte nicht mehr, weshalb sie eingewilligt hatte, dahin zurückzukehren. Sicherlich würden damit alle Qualen von vorn anfangen. Sie litt ja schon jetzt durch die Erzählungen Deloches, ohne sich die Ursache erklären zu können. Ganz plötzlich brach sie in Schluchzen aus und weinte lange vor sich hin.
    Am folgenden Vormittag wurde sie von Robineau mit verschiedenen Gängen beauftragt. Als sie am »Vieil Elbeuf« vorbeikam, trat sie einen Augenblick ein, weil sie Colomban allein im Laden gesehen hatte. Die Baudus waren beim Essen; man hörte das Geklapper ihrer Bestecke aus dem kleinen Speisezimmer.
    »Sie können ruhig hineingehen«, sagte der Angestellte.
    Aber sie gebot ihm

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