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Das Paradies ist anderswo

Das Paradies ist anderswo

Titel: Das Paradies ist anderswo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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grotesken Figuren von Pater Wollust und Thérèse , die den Zyklon überstanden hatten. Sie waren gerade von Tahuata gekommen, der Insel der Rothaarigen, wie Tohotama eine war. Welchem Umstand hatte er diesen angenehmen Besuch zu verdanken?
    Haapuani zögerte und tauschte einen langen Blick mit seiner Frau, bevor er ohne Fröhlichkeit antwortete:
    »Ich nehme deinen Vorschlag an. Die Not zwingt mich, Koke.«
    Seitdem Paul ihn kurz nach seiner Ankunft in Atuona kennengelernt hatte, war er von dem Wunsch beseelt, Haapuani zu malen. Seine Persönlichkeit weckte sein Interesse.Er war vor der Ankunft der französischen Missionare Priester eines Maoridorfes in Tahuata gewesen. Niemand wußte mit Gewißheit, ob er jetzt in Hiva Oa, auf seiner Heimatinsel oder im Wechsel zwischen beiden lebte. Er verschwand für lange Zeitspannen, und wenn er zurückkam, sagte er kein Wort über seine Reisen. Die Bewohner von Hiva Oa schrieben ihm uralte Kenntnisse und Fähigkeiten zu, wegen seines traditionellen Amtes, das er Ky Dong zufolge hinter dem Rücken von Bischof Martin, Pastor Vernier und des Gendarmen Claverie heimlich weiterhin ausübte. Koke bewunderte seine Kühnheit. Denn trotz seiner Jahre – er mußte in den Fünfzigern sein – erschien Haapuani im Haus der Wonnen bisweilen im Schmuck eines mahu , eines Frau-Mannes, was die Maori zwar gleichgültig ließ, im Fall seiner Entdeckung jedoch den Bannstrahl der beiden Kirchen und der zivilen Obrigkeit auf ihn lenken konnte. Haapuani hatte niemals Einwände dagegen erhoben, daß die schöne, muskulöse Tohotama für ihn Modell stand – sie tat es oft –, aber er selbst war nie bereit gewesen, sich von Koke malen zu lassen. Jedesmal wenn du es ihm vorschlugst, wurde er böse. Der Zyklon hatte seine Meinung geändert; während in Hiva Oa nur einzelne Schäden auf sein Konto gingen, hatte er in Tahuata schreckliche Verwüstungen angerichtet, Häuser und Bauernhöfe zerstört und Dutzende von Menschen das Leben gekostet, darunter mehreren Verwandten des ehemaligen Hexers. Haapuani gestand es dir: Er brauche Geld. Nach seiner Stimme und seiner Miene zu urteilen, hatte es ihn große Überwindung gekostet, diesen Schritt zu tun.
    Würden deine elenden Augen dir erlauben, ihn zu malen?
    Koke überlegte es sich nicht zweimal und nahm das Angebot begeistert an. Sie schlossen sogleich ein formelles Abkommen, und Paul streckte Haapuani ein wenig Geld vor. Die Aussicht, dieses Bild zu malen, erregte ihn so sehr, daß er sich einen guten Teil der Nacht schlaflos in seinem Bett herumwälzte, während er die wilden Katzen miauenhörte und beobachtete, wie der Mond an einem wolkenbedeckten Himmel auftauchte und verschwand. Haapuani wußte sehr viel mehr, als er zugab. Koke hatte ihn ausgeforscht, wenn er Tohotama beim Modellstehen begleitete. Nie war er bereit gewesen, ihm etwas über seine Vergangenheit als Maoripriester zu offenbaren. Stets hatte er geleugnet, daß auf einigen abgelegenen Inseln des Archipels noch immer Kannibalismus praktiziert wurde. Doch Koke, der wie besessen von diesem Thema war, überzeugten seine Antworten nicht. Einige Male gelang es ihm, den Widerstand des Hexers zu besiegen und ihm etwas über die Kunst der Tätowierungen zu entlocken, von der Bischof Martin und Pastor Vernier glaubten, sie hätten sie ausgerottet. Doch sie lebte in den verlorenen Dörfern und Wäldern aller Marquesainseln fort und bewahrte in diesen fernen Einöden auf der dunklen Haut der Maorimänner und Maorifrauen das alte Wissen, den Glauben und die Traditionen, die die Missionare exorziert hatten. Bei seiner einzigen Reise ins Innere von Hiva Oa, in das Dorf Hanaupe, um über den Kauf von Vaeoho zu verhandeln, hatte Koke sich davon überzeugen können: Männer und Frauen des Dorfes trugen ihre Tätowierungen völlig sorglos zur Schau. Und er hatte sich mit Hilfe eines Dolmetschers dem Tätowierer des Dorfes genähert, einem heiteren alten Mann, der ihm die künstlerische Feinheit und Sicherheit vor Augen führte, mit der er die symmetrischen, labyrinthischen Zeichnungen in die menschliche Haut ritzte. Haapuani, der sich jedesmal wie eine Katze sträubte, wenn Koke ihn über die Glaubensvorstellungen der Einheimischen befragte, ließ sich bisweilen dazu herbei, ihn über die Bedeutung der Tätowierungen aufzuklären, und erläuterte ihm sogar einmal, während er mit der Behendigkeit eines erfahrenen Tätowierers auf ein Stück Papier zeichnete, das komplizierte Gefüge von Anspielungen, das

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