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Das Paradies ist anderswo

Das Paradies ist anderswo

Titel: Das Paradies ist anderswo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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diesen Augen nicht zu meinem Haus zurück.«
    Ben Varney half ihm, die Treppe hinunterzusteigen, den eingezäunten Garten zu durchqueren und in seinen kleinen Wagen zu klettern. Kaum fühlte das Pony, daß er an Bord war, lief es los. Es kannte den Weg auswendig und wich, während es sich im Zwielicht der Dämmerung vorwärts bewegte, vorsichtig den Hindernissen aus. Zum Glück mußtest du es nicht führen, Paul; du hättest es nicht gekonnt, in diesem Dunkel konnten deine von der unaussprechlichen Krankheit angegriffenen Augen die Schlaglöcher und Unebenheiten des Weges nicht erkennen. Du fühltest dich wohl. Blind und froh, Koke. Die Luft war lau, wohltuend, eine sanfte, nach Sandelholz duftende Brise. Das war damals eine schwierige Probe für deinen Stolz gewesen. In der Nummer 29 der Frederiksberg Alle, im Haus von Mettes Mutter, leben zu müssen, ausgehalten und gedemütigt von deiner Schwiegermutter und von Onkeln und Tanten, Schwestern und Brüdern oder sogar Vettern deiner Frau. Keiner konnte verstehen und schon gar nichtakzeptieren, daß du die Finanzwelt und das bürgerliche Leben aufgegeben hattest, um ein Bohemien zu werden, was in ihren Augen nur ein anderes Wort für Künstler war. Wegen deiner ärmlichen, exzentrischen äußeren Erscheinung – die du in jenen Tagen aus Rache an deiner angeheirateten Familie natürlich übertriebst, indem du dir einen Kopfschmuck aus rotem Fell aufsetztest – verbannten sie dich in die Dachkammer, wo du bleiben mußtest, während Mette jungen Leuten der gehobenen dänischen Gesellschaft Französisch beibrachte, denn es bestand die Gefahr, daß deine unkonventionelle Aufmachung die jungen Frauen erschreckte und die jungen Männer vor den Kopf stieß und sie sich veranlaßt sehen konnten, den Unterricht abzubrechen. Die Dinge wurden nicht besser, als du mit Mette und den Kindern das Haus deiner Schwiegermutter verließest, um – dank des Verkaufs eines Bildes aus deiner Impressionistensammlung – in das kleine Haus in der Norregada 51 zu ziehen, ein schäbiges Viertel von Kopenhagen, was Mette neuen Grund gab, wütend auf dich zu sein und ihr Schicksal zu beklagen.
    Aber du bestandest auch diese Probe der Demütigung und der Einsamkeit in einem Land, dessen Sprache du nicht sprachst und wo du weder einen Freund noch einen Käufer für deine Bilder fandest. Indem du pausenlos und mit wahrem Furor tätig warst: Skiläufer im verschneiten Park von Frederiksberge, die Bäume des Ostparks, dein erstes Selbstbildnis, Keramiken, Holzarbeiten, Zeichnungen, zahllose Skizzen. Einer der wenigen dänischen Künstler, der sich für deine Arbeit interessierte, Theodor Philipsen, kam, um sich deine Bilder anzusehen. Ihr unterhieltet euch eine Stunde lang. Plötzlich hörtest du dich zu dem Dänen sagen, daß für dich Gefühle wichtiger seien als der Verstand. Woher hattest du diese Theorie? Du erfandest sie beim Sprechen. In die Malerei müsse die Totalität des Menschen einfließen: sein Verstand, seine handwerkliche Fertigkeit, seine Bildung, aber auch seine tiefen Überzeugungen, seine Triebe, sein Verlangen und sein Haß. »Wie beiden Primitiven.« Philipsen achtete nicht auf deine Worte; er war liebenswürdig und vage, wie alle Menschen des Nordens. Du aber wohl. Du hattest es ohne Vorbedacht gesagt; später, nach einigem Nachdenken, sollte dir klar werden, daß diese Formel dein ästhetisches Glaubensbekenntnis auf den Begriff brachte. Bis heute, Koke. Denn hinter den zahllosen Affirmationen und Negationen, mit denen du dich in all diesen Jahren mündlich oder schriftlich zu künstlerischen Fragen geäußert hattest, stand unverrückbar immer der gleiche Kern: Die westliche Kunst war in Verfall geraten, weil sie sich von der Totalität der Existenz entfernt hatte, wie sie in den primitiven Kulturen zum Ausdruck kam. In diesen Kulturen war die Kunst untrennbar verbunden mit der Religion und Teil des täglichen Lebens, wie essen, sich schmücken, singen und lieben. Du wolltest in deinen Bildern diese unterbrochene Tradition wiederherstellen.
    Als er zum Haus der Wonnen gelangte, dessen Umgebung seit dem Zyklon im Dezember nicht mehr waldig war, sondern sich in ein freies Feld mit spärlichen Bäumchen und umgestürzten Baumstämmen verwandelt hatte, war es schon Nacht. Eines der Kennzeichen von Hiva Oa: Es dunkelte in Sekundenschnelle, als würde ein Vorhang fallen und die Bühne verschwinden lassen. Eine angenehme Überraschung: Haapuani und seine Frau Tohotama saßen bei den

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