Das Paradies liegt in Afrika
nachgelassen in den letzten Jahren. Wenn er sie so wie jetzt vor sich sah, musste er sich beherrschen, um sie nicht erneut zum Bett zu führen und zu lieben.
Ihr leises Lachen lieà erkennen, dass sie seine Gedanken erraten hatte. »Ich würde auch gern«, sagte sie, trat dicht vor ihn und küsste ihn rasch auf den Mund. »Aber wir haben keine Zeit mehr. In zwei Stunden wollen wir losfahren. Bitte komm mit. In Kapstadt ist doch alles einfacher. AuÃerdem kann keiner unseren Rotwein besser präsentieren als du. Und dagegen hat nicht mal Victor Argumente.«
»Unsinn«, widersprach er brüsk. »Du bist mindestens so kompetent wie ich. Wir haben den Wein schlieÃlich gemeinsam kreiert.«
»Bitte, David. Ich brauche dich.«
Wie selten waren die Momente, in denen Karoline sich eine Schwäche eingestand! Sie war eine erfolgreiche Winzerin, die Weine von Gut Hopeland verkauften sich in ganz Europa. Seit drei Jahren war sie mit der Rotwein-Produktion erfolgreicher als alle anderen Winzer am Kap, in ihrer Qualität konnten sich diese Weine mit den besten Lagen Frankreichs messen. Und doch ⦠sie sehnte sich danach, mit dem Mann, den sie liebte, offiziell zusammen zu sein!
»Und â deine Kinder?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Victor ist verbittert, seit er in dem Scharmützel ein Bein verloren hat. Und seit er zusehen muss, wie seine Schwester umworben wird und wohl bald die Liebe kennenlernt, ist es ganz schlimm mit ihm.« Sie seufzte auf. »Ich würde ihm so gern helfen, aber er sieht sich als nutzlosen Krüppel â und niemand kann ihn von dieser Einstellung abbringen. Doch Charlotte mag dich sehr, das weiÃt du ja. Zudem ist sie ganz auf Peter Dielburg konzentriert.«
»Du meinst den jungen Mann, der mit diesem Adolf Lüderitz in unser Land gekommen ist?«
»Ja. Allerdings ist Peter Dielburg Jurist, soviel ich weiÃ, während Lüderitz Tabakhändler ist.«
»Und ein gewiefter Taktiker, wenn du mich fragst. Er hat viel Land in der Gegend um die Oranje-Mündung gekauft. Und ich habe gehört, dass er mit den Herero in Verhandlungen steht. Er will wohl auch einen Teil unseres Landes kolonialisieren.« David wirkte verbittert. »Und einige der einheimischen Stämme lassen sich darauf ein! Es ist unfassbar für mich!«
Karoline schwieg. Sie konnte die Kolonialpolitik, die zurzeit getrieben wurde und die den Menschen des schwarzen Kontinents immer mehr von ihrer Freiheit nahm, auch nicht gutheiÃen. Aber es lag nicht in ihrer Macht, daran etwas zu ändern. Engländer, Franzosen, Portugiesen und jetzt auch die Deutschen hatten wohl vor, das Land unter sich aufzuteilen.
»Vielleicht kannst du deine Bedenken in den nächsten Tagen vorbringen. Es ist also wichtig, dass du mitkommst zur Einweihung des Houses of Parlament .«
»Du gibst nie auf, nicht wahr?«
»Nein, niemals.« Karoline straffte sich. »Und deshalb finde ich, wir sollten gleich zusammen frühstücken. Gegen zehn Uhr werden Hannah und Frederic von Summerset herüberkommen, damit wir gemeinsam nach Kapstadt fahren können.« Sie lächelte. »Es ist so schön, die beiden wieder einmal hier zu haben. Frederic ist viel zu umtriebig, wenn du mich fragst. Er besitzt ein riesiges Vermögen, doch er ist immer noch auf der Suche nach neuen Möglichkeiten, seinen Reichtum zu mehren.«
»Ich glaube, das ist mehr Abenteuerlust als Ehrgeiz.«
»Da magst du recht haben. Arme Hannah, sie wird über kurz oder lang wieder auf ihn verzichten â oder ihn auf einer Reise ins Ungewisse begleiten müssen.«
Eine halbe Stunde später saÃen sie auf der Terrasse und tranken Kaffee. Die Sonne hatte die Hügelkette im Osten überwunden und trocknete die letzten Tautropfen. Mit vier Pferdefuhrwerken wurden die Arbeiter in die umliegenden Weinberge gebracht, denn jetzt war es Zeit für den letzten Laubschnitt, damit die Trauben ungehindert in der Sonne reifen konnten.
Charlotte, die vor einigen Wochen ihren fünfundzwanzigsten Geburtstag gefeiert hatte, war schon fertig angekleidet. Zu ihrem hellen Haar passte das lichtblaue Kleid mit den dunkelblauen Paspelierungen am Revers ausgezeichnet. Der in acht Bahnen geschnittene Rock betonte ihre schlanke Taille, die weiÃe Bluse mit der breiten Borte aus Brüsseler Spitze unterstrich den zarten Teint. Im Gegensatz zu der herrschenden Mode war Charlottes
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