Das Paradies liegt in Afrika
beschimpft, weil ich mit einem Farbigen zusammen war.« Er griff sich an den verletzten Arm. »Einer von ihnen wollte David erschieÃen, als der schon auf der Erde lag. Ich habe ihn vom Pferd geholt.«
»Und ⦠ihn erschossen?«
»Ja. Leider hat einer seiner Kumpane mich erwischt. Aber es ist nur ein Streifschuss, nichts Schlimmes.« Er beugte sich über David, der aus seiner Bewusstlosigkeit erwachte und unterdrückt aufstöhnte. »Einen der Mistkerle hab ich getroffen, einen zweiten zumindest angeschossen.« Er straffte sich. »So schnell werden die sich hier in der Gegend nicht mehr sehen lassen.«
Karoline legte ihm die Hand auf den Arm. »Danke. Aber jetzt geh und lass dich verbinden. Und beruhige Charlotte, sie macht sich gewiss Sorgen um dich. Wir kommen hier allein zurecht.« Sie nickte Pandu zu. »Auf den abgelegenen Gütern müssen wir seit jeher schauen, dass wir uns selber helfen. Ich scheue mich nicht vor blutigen Wunden.«
Der Stallmeister hatte die Schussverletzungen mit groÃer Vorsicht untersucht. »Die Kugeln stecken noch«, erklärte er. »Die müssen Sie rausholen, Missis Ruhland, meine Hände sind dafür zu ungeschickt. Oder soll ich einen der Burschen in die Stadt zu Mister Victor schicken?«
»Nein, nein, ich schaffe das schon. Es würde viel zu lange dauern, bis Victor hier ist.« Karoline straffte sich. »Victor kann in den nächsten Tagen herkommen und nachschauen, ob alles gut verheilt.«
In den ersten Sekunden zitterten ihre Finger leicht, als sie versuchte, mit einer langen Pinzette die Kugeln aus den zwei Wunden zu ziehen, doch dann gelang es zum Glück sehr schnell.
David biss sich auf die Lippen, nur ein unterdrücktes Stöhnen kam aus seinem Mund. Erst als der Arm verbunden war und er ein Glas Wein getrunken hatte, entspannte er sich ein wenig. »Ich fürchte, ein paar Rippen sind angebrochen«, murmelte er. »Zumindest habe ich das Gefühl. Diese verdammten Kerle! Aus dem Hinterhalt haben sie uns erwischt! Feige Bande!«
Pandu schüttelte den Kopf. »Ich denke nicht, dass Rippen gebrochen sind. Es sind Prellungen. Die Salbe wird Ihnen guttun. Ich rühre sie selber an, sie hilft immer«, fügte er hinzu.
»Danke.« David versuchte zu scherzen. »Ich weiÃ, dass du sie deinen Pferden aufträgst, wenn sie die Fesseln geschwollen haben.«
»Stimmt.« Pandu lieà sich nicht beirren. »Aber ich nehme sie auch. Und alle Arbeiter, wenn sie sich verletzt haben.« Treuherzig sah er von Karoline zu David. »Sie wissen doch, dass ich die Kräuterkunde schon von meiner Mutter gelernt habe.«
»Schon gut.« David lehnte sich etwas bequemer in den Kissen zurecht. »Ich vertraue dir ja, Pandu.«
»Mein Liebling ⦠wir werden diesen brutalen Ãberfall anzeigen. Die Schuldigen müssen zur Rechenschaft gezogen werden.« Es gelang Karoline nur mit Mühe, ihre Tränen zurückzuhalten, als Pandu die Kräutersalbe vorsichtig auf die Wunden strich. Bei jeder Berührung zuckte der Verletzte vor Schmerz zusammen.
»Wie soll das gelingen? Die drei Ãberlebenden sind bestimmt schon über alle Berge.«
Karoline streichelte seine Hand. Tränen standen in ihren Augen, als sie leise sagte: »Dieses Land könnte das Paradies auf Erden sein. Warum nur können die Menschen keinen Frieden halten?«
19
D utzende Kerzen brannten in wertvollen Silberleuchtern, sie glänzten mit den elektrischen Lampen, die vor einigen Wochen im Stadthaus der Ruhlands neu installiert worden waren, um die Wette. Der groÃe Speisesaal mit den hohen Türen war festlich geschmückt. Bunte Lampions hingen von der Decke, Blumenbuketts standen in groÃen Vasen. Die weiÃen Damasttischdecken waren mit hellblauen und violetten Jacarandablüten verziert, passend zu dem weiÃen Porzellan mit dem hellblauen Rand, das Karoline hatte auflegen lassen. Es stammte aus einer bekannten Berliner Porzellanmanufaktur und war in seiner eleganten Schlichtheit zeitlos schön.
Im Nebenraum spielte eine Kapelle Melodien von Peter Tschaikowski, Puccini, Strauà und Josef Lanner. Doch auch einige englische Volkslieder, so das berühmte »Greensleeves«, erklangen.
Die Gäste waren in groÃer Zahl gekommen, Freunde, Geschäftspartner, einige ranghohe Militärs. Die Damen waren höchst elegant gekleidet, die meisten trugen, der
Weitere Kostenlose Bücher