Das Paradies liegt in Afrika
Dekolleté war gerade so tief, dass man den zarten Busenansatz sehen konnte. Und doch verletzte es nicht die gebotene Schicklichkeit.
»Leider ja.« Frederic sah in ein grünes Augenpaar, das von einem Kranz dunkler Wimpern umrahmt wurde.
»Das tut mir leid.« Sie nickte ihm zu, die roten Locken auf ihrer Schulter begannen leicht zu tanzen. Dann ging die junge Frau quer durch die Halle und verschwand bald hinter einer Säule, neben der ein Kübel mit hohen Fächerpalmen stand.
Eine weitere halbe Stunde verging. Frederics Sorge um Hannah wuchs. Wo war sie? Was hinderte sie daran, sich mit ihm zu treffen? Und wenn es so war â warum schickte sie keinen Boten mit einer Nachricht? Er hatte ihr geschrieben, dass er auch diesmal wieder im Cape Heritage Hotel absteigen würde, so wie auch die beiden letzten Male, als er in Kapstadt gewesen war.
»Wenn Sie es nicht als aufdringlich empfinden, so würde ich Sie bitten, mir beim Essen Gesellschaft zu leisten. Man hat mich ganz offensichtlich ebenso vergessen wie Sie.« Die junge Dame im grünen Kleid trat lächelnd neben ihn.
»Ich ⦠nun, Sie haben recht, noch länger zu warten wäre dumm.« Er verbeugte sich. »Darf ich mich vorstellen â Frederic Horseley.«
»Ich bin Dorothy Darlton.« Ein Hauch von Rot überzog das schmale Frauengesicht. »Bitte halten Sie mich nicht für aufdringlich oder gar unerzogen. Ich weiÃ, es geziemt sich nicht, dass man einen Fremden einfach anspricht. Doch ich bin zum ersten Mal in diesem Land. Und, ehrlich gesagt, mir ist ein wenig unheimlich zumute. Für männlichen Schutz wäre ich mehr als dankbar.« Die groÃen grünen Augen waren bittend auf Frederic gerichtet. Zart bebten die Nasenflügel, verrieten ein wenig von der Erregung, in der sich die junge Frau befand.
Eine heiÃe Woge erfasste Frederic. Sie war bezaubernd, die schöne Fremde! Die Haut hatte einen hellen Porzellanton. Hellrot waren die perfekt geschwungenen Lippen geschminkt. Die grüngrauen Augen wurden von einem Kranz dunkler Wimpern umrahmt. Ihr Blick erreichte sein Herz, weckte den Beschützerinstinkt. Für den Bruchteil einer Minute dachte er an Hannah. Auch sie wollte er beschützen und vor Unbill bewahren. Aber ⦠sie war nicht da! Sie hatte ihn einfach versetzt! Nur kurz kam noch einmal die Frage auf, was geschehen sein mochte, denn schon beugte sich Dorothy ein wenig vor und sagte mit fast verschwörerischer Stimme:
»Es schickt sich wahrlich nicht, dass ich mich hier aufhalte. Drüben im Restaurant hat mir der Oberkellner einen Platz reserviert.«
Frederic zögerte nicht länger. Er reichte ihr den Arm und sagte mit charmantem Lächeln: »Dann erlauben Sie, dass ich Sie begleite und Ihnen meinen Schutz anbiete.«
Ein leises, kehliges Lachen kam über ihre Lippen. »Beim Dinieren wollen Sie mich beschützen?«
»Damit könnten wir anfangen.« Der Augenaufschlag, den sie ihm daraufhin schenkte, lieà sein Herz rascher schlagen.
Es hatte nur dieses kurzen Wortwechsels bedurft, dann hatte Frederic begriffen, dass die schöne Dorothy alles andere als eine Dame von Stand war. Aber es störte ihn nicht. Er war ein Mann in den besten Jahren und für die Reize schöner Frauen schon immer empfänglich gewesen. Während der Unterhaltung beim Speisen erfuhr er:
»Ich bin Schauspielerin.« Ein kleines Schulterzucken. »Und Sängerin â wenn es denn gewünscht wird.«
»Interessant.«
»Nicht immer. Aber man kommt herum in meinem Beruf. Ich bin neugierig auf die Welt. Und die Menschen.« Sie nahm einen Schluck des leichten Weins, den Frederic geordert hatte. War es Zufall oder ein Fingerzeig des Schicksals, dass der Kellner ihm einen Wein von Gut Hopeland empfahl? »Vor einigen Wochen noch war ich in Wien ⦠eine ganz bezaubernde Stadt. Mit zwei Freundinnen bin ich dort in einem kleinen Theater aufgetreten. Wir haben sogar Johann Strauà kennengelernt.«
»Dann sprechen Sie Deutsch?«
»Aber ja! Meine Mutter war mit einem Sattler aus Mainz verheiratet. Leider starb mein armer Papa sehr früh. Doch ich habe von ihm seine Muttersprache gelernt.«
»Kompliment. Sie haben gewiss viele Talente.«
Dorothy zwinkerte ihm ungeniert zu. »Seid gewiss, dass es so ist, mein Herr.«
Das war eine recht eindeutige Offerte. Und Frederic, gekränkt durch Hannahs Fernbleiben,
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