Das Paradies liegt in Afrika
anmaÃend, mich als Künstler zu bezeichnen. Doch ich möchte mich vervollkommnen. Und vielleicht gelingt es mir hier an der Küste, wo das Licht so einzigartig ist, meinen eigenen Stil zu finden.« So etwas wie Sehnsucht schwang in den Worten mit, und sein Blick bekam etwas Wehmütiges. Hannah fühlte sich berührt von der Offenheit, mit der Mathew Browling sprach.
»Sie wollten sich als Victors Hauslehrer bewerben, wenn ich das recht verstanden habe.« Sophie Ruhland fand, dass es Zeit war, zum Grund des Besuches zu kommen. »Sie wissen demnach, dass wir die meiste Zeit des Jahres drauÃen auf Hopeland leben. Dort soll Victor auch unterrichtet werden. Später vielleicht auch noch seine jüngere Schwester.«
»So hat man es mir gesagt.« Mathew zupfte an der karierten Krawatte, die aus demselben Stoff gearbeitet war wie die Weste. »Ich habe Mathematik und Englische Literatur studiert, beherrsche recht ordentlich die französische Sprache und traue mir zu, auch in Botanik und Physik über ausreichendes Wissen zu verfügen. Zumindest in den ersten Jahren kann ich einen Schüler umfangreich unterrichten.«
»Dann sollten wir es doch miteinander versuchen.« Sophie reichte ihm lächelnd die Hand. »Allerdings kann ich allein nicht entscheiden, Victors Eltern werden sich das letzte Wort vorbehalten.«
»Aber sie vertrauen unserem Urteil«, warf Hannah lächelnd ein. »In zwei Wochen spätestens fahren wir nach Hopeland zurück. Wenn Sie mögen, können Sie uns begleiten und Ihre neue Wirkungsstätte kennenlernen.«
»So es zu einer Einstellung kommt«, warf Mathew ein.
»Davon bin ich überzeugt.« Hannah nickte ihm zu. »Ich denke, besonders wichtig ist, dass Victor Sie mag. Und das scheint so zu sein.« Der Junge hatte sich auf eine kleine FuÃbank, die neben dem Rollstuhl stand, gesetzt und das Gespräch interessiert verfolgt.
»Ich glaube schon, dass Victor und ich uns verstehen werden. Nicht wahr, mein Junge?«
»Aber ja, Sir.« Victor stand auf und ging zu Hannah. »Ich würde gern mit ihm lernen«, sagte er treuherzig.
»Dann wollen wir alles tun, damit es Mister Browling auf Hopeland gefällt.«
15
B lass und mit verschwitztem Haar lag Karoline in den Kissen. Sechs Stunden quälte sie sich schon, und nun endlich setzten die Presswehen ein. Josy tupfte der jungen Gutsherrin mit einem kühlen Tuch den Schweià von der Stirn und sprach ihr gut zu. Auch Sophie, die in ihrem Rollstuhl dicht am Bett saÃ, versuchte, die Gebärende aufzumuntern.
»Gleich hast du es geschafft, mein Liebes. Noch zwei-, dreimal pressen, dann bist du von allen Schmerzen erlöst und kannst dein Baby in den Arm nehmen.« Während sie sprach, sah sie zu Josy hin, die mit ernstem Gesicht neben dem Arzt stand, der seit dem Morgen auf Hopeland war und die Geburt überwachte. Auch Dr. van Houwen, ein noch junger Mediziner mit holländischen Wurzeln, machte ein sorgenvolles Gesicht. Das Baby lag falsch, und als er eben ein weiteres Mal die Herztöne abgehört hatte, waren ihm unregelmäÃige Geräusche aufgefallen.
»Ich ⦠ich halte es nicht mehr aus! Es tut so weh!« Karoline bäumte sich auf, ihre Hand verkrampfte sich in der Bettdecke, und der Schrei, der über ihre Lippen kam, hatte kaum noch etwas Menschliches.
»Gleich ist es geschafft!« Der Arzt versuchte mit einem Betttuch, das er um Karolines Leib gewunden hatte, von auÃen den Druck auf den kindlichen Körper zu intensivieren. Langsam, beinahe widerwillig glitt das Baby aus dem Mutterleib. Während Karoline von einer weiteren Wehe überrollt wurde, die ihr fast die Besinnung raubte, nahm Josy das Baby aus den Händen des Arztes. Vorgewärmte weiche Tücher lagen bereit, und Josy, die schon vielen Kindern auf Hopeland ans Licht der Welt geholfen hatte und genauso viel von Geburtshilfe verstand wie eine Hebamme, kümmerte sich behutsam um das Neugeborene. Aber während sie das Kleine wusch und vorsichtig den Schleim aus seiner Nase und den Mundwinkeln entfernte, wurde ihre Miene immer besorgter.
Auch Dr. van Houwen wirkte nicht ganz entspannt, als er den Eltern zur Geburt der kleinen Tochter gratulierte. »Sie ist sehr zart, schauen Sie zu, dass sie stets warm liegt.«
»Selbstredend, Herr Doktor. Wir werden die kleine Prinzessin bestens versorgen«, versicherte Sophie. Sie
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