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Das Paradies liegt in Afrika

Das Paradies liegt in Afrika

Titel: Das Paradies liegt in Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfie Ligensa
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versuchte mit seinen beiden Schutzbefohlenen, das traurige Geschehen aufzuarbeiten. Er betete mit ihnen für Emily, er las aus der Bibel vor und versuchte, den Kindern die Schönheiten des Paradieses zu erklären.
    Â»Warum ist Papa so böse?«, fragte Charlotte, und Tränen liefen ihr über die Wangen. »Ist das, weil wir nicht tot sind?«
    Â»Aber nein. Das darfst du nicht denken. Er ist auch nicht böse, sondern traurig. Sehr traurig und verzweifelt«, erwiderte Mathew.
    Â»Er weint aber gar nicht.«
    Â»Nicht jeder weint, wenn er traurig ist. Jeder Mensch versucht, den Kummer auf seine eigene Art und Weise zu bewältigen.« Er stand auf. »Wisst ihr was – wir gehen jetzt spazieren und schauen uns die Blumen drüben im Garten an. Und dann malt ihr Bilder für die Mama. Sie ist auch traurig, doch ihr könnt sie gewiss aufmuntern.«
    Â»Ich möchte zu meinem Pony. Es war schon so lange nicht mehr draußen.« Bittend sah Victor zu Mathew hoch. »Darf ich mein Pony spazieren führen?«
    Â»Natürlich darfst du das.«
    Und so gingen sie kurze Zeit später hinüber zu dem kleinen Eichenhain, der sich an die Hütten der Gutsarbeiter und den alten Kral anschloss, in dem immer noch Ziegen Schutz vor schlechter Witterung suchten, so wie sie es schon seit Bestehen von Hopeland getan hatten.
    Es gelang Mathew Browling, die Kinder abzulenken, indem er ihnen einige seltene Pflanzen zeigte, sie auf ein Vogelnest aufmerksam machte, das auf der Erde lag. Die beiden Eier darin waren zerbrochen, und so konnte Victor sich eingehender mit diesem Fund befassen. Charlotte pflückte unterdessen ein paar Wildblumen, die sie zu einem Kranz flocht. »Jetzt bin ich eine Prinzessin«, lachte sie, als sie sich den Kranz auf die hellbraunen Locken setzte.
    Â»Die gibt es doch nur im Märchen, Dummerchen«, wies sie ihr älterer Bruder zurecht.
    Mathew schüttelte den Kopf. »So darf man das nicht sagen«, meinte er. »Es wird der Tag kommen, an dem Charlotte für einen Mann die Prinzessin seines Herzens sein wird.« Sehnsuchtsvoll dachte er dabei an Hannah. Doch sie schien ihm so unerreichbar wie die Sonne, die sich langsam gen Westen neigte und den Tafelberg in einen goldenen Mantel hüllte.

    Â»So geht das nicht weiter!« Entschlossen stellte sich Hannah vor ihren Bruder und nahm ihm das Weinglas aus der Hand. »Seit fast sechs Tagen trinkst und fluchst du ohne Unterlass. Keine gute Art, die Trauer um Emily zu bewältigen.«
    Â»Sprich nicht von ihr! Ich kann es nicht ertragen.«
    Â»Wir alle müssen ihren Verlust ertragen – Karoline ganz besonders. Denkst du denn gar nicht an deine Frau? Sie braucht dich jetzt mehr denn je. Aber du … du vergräbst dich hier in deinem Arbeitszimmer, statt deiner Frau beizustehen.«
    Â»Ich kann sie nicht sehen.«
    Â»Christopher …«
    Â»Lass mich in Ruhe, Hannah! Du verstehst doch gar nichts. Du hast schließlich keine Kinder!« Brüsk wandte er sich ab.
    Hannah biss sich auf die Lippen. Bei allem Verständnis für den Schmerz, den ihr Bruder empfand – jetzt war er zu weit gegangen! Tränen standen in ihren Augen, als sie aus dem Zimmer hastete und die Treppe hinuntereilte, die von der Halle aus in den Küchentrakt und von dort gleich ins Freie führte. Blind vor Tränen sah sie die zwei schwarzen Hausmädchen nicht, die ihr kopfschüttelnd nachsahen.
    Mit langen Schritten lief sie zum kleinen Pavillon im Rosengarten. Schon als Kind hatte sie in der rosenumrankten Laube Zuflucht gesucht, wenn ihr schwer ums Herz gewesen war. Leise schluchzend ließ sie sich auf der altersdunklen Holzbank nieder, die an den fünf geschlossenen Wänden der Laube entlangging. »Wie konnte er nur«, flüsterte sie ein ums andere Mal. »Er weiß doch, wie weh es immer noch tut.« Sie biss sich auf die Lippen, bis sie einen Blutstropfen spürte. Der Schmerz um die Kinder, die sie verloren hatte, die grausame Gewissheit, dass sie wohl nie einem gesunden Baby das Leben schenken würde, ließ sie zusammenkrümmen.
    Sie hörte nicht, dass sich jemand der Laube näherte. Mathew Browling war ungewollt Zeuge des Disputs geworden. Er hatte in der Bibliothek etwas für den Unterricht am kommenden Tag nachschlagen wollen, da hatte er Christopher Ruhlands lautes Schreien vernommen. Ihm war auch nicht entgangen, dass Hannah in den Garten

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