Das Paradies liegt in Afrika
in die Realität umsetzen sollte. Früher, vor Emilys Tod, hätte er alles mit Karoline besprochen. Sie verstand so viel von der Arbeit eines guten Winzers wie er selbst. Doch ihre Nähe machte ihn beklommen, er ertrug es einfach nicht, ihren Duft zu spüren, ihre traurigen Blicke zu sehen.
Allein hatte er entschieden, dass er von nun an auch Pinot-Noir-Trauben anbauen würde. Karoline wusste nicht einmal, warum er zum Hafen unterwegs war.
Heute sollten mit der Duchesse , einem französischen Handelsschiff, fünfhundert Rebstöcke aus Burgund, einem der besten Weinanbaugebiete der Welt, kommen. Christopher Ruhland hatte sich für diese Traubensorte entschieden, weil sie einmal einen Wein voller Kraft und Fülle ergeben würde. Zweimal bereits hatte er diesen Wein gekostet. Er schmeckte leicht nach Brombeeren, Kirschen und Himbeeren. Aber auch ein wenig nach Leder oder gar Rauch. Es war kein Wein, den Frauen lieben würden, da war er sich sicher. Aber tief im Herzen wusste er, dass er mit dieser Rebsorte Erfolg haben würde. Vieles lieà sich zudem damit kombinieren, hatte ihm der französische Winzer versichert, und Christopher schwebten schon ganz neue, auÃergewöhnliche Weine vor.
Der Sturm nahm zu, und als er den Hafen erreichte, schlugen bereits hohe Wellen ans Ufer.
»Sucht Euch eine Unterkunft für die Nacht«, riet der Stallbesitzer, bei dem er regelmäÃig seine Gespanne unterstellte, wenn er in der Gegend war. »Heute kommt ein Unwetter auf uns zu, wie wir es lange nicht erlebt haben.«
»So schlimm wird es schon nicht kommen. Doch sollte es hart auf hart gehen, kann ich immer noch nebenan im âºGrand Old Cottageâ¹ nächtigen«, meinte Christopher. »Erst aber will ich mir meine Ladung sichern.«
Der Stallbesitzer, der seit Jahren unter Rheuma litt und sich seit drei Tagen mit den übelsten Schmerzen herumplagte, schüttelte den Kopf. »Seid nicht leichtsinnig, Sir«, mahnte er. »Heute wird sich kaum jemand finden, der die Ladung der zwei neu eingelaufenen Schiffe löschen wird.«
Doch Christopher lieà nicht von seinem Vorhaben ab. Er hatte die Duchesse schon etwas weiter drauÃen in der Bucht liegen sehen. Einige wenige kleine Boote waren trotz des schlechten Wetters herausgefahren, um die Fracht umzuladen. Er war wohl nicht allein in seiner Sorge um die wertvolle Ladung!
Vorsorglich hatte er sich Regenzeug mitgenommen, er zog den gewachsten Mantel an und stülpte sich einen Südwester übers Haar. Diese Tage im Mai waren extrem kühl und stürmisch. Der Regen wurde stärker und stärker, es hatte den Anschein, als würden ganze Wasserkübel aus den Wolken geschüttet.
Sturm heulte durch die engen StraÃen, wirbelte Blätter und Unrat durch die Luft. Es stank stärker als sonst nach Fäkalien, denn die Abwasserrinnen liefen über. Ein paar Ratten huschten quer über den kleinen Platz, den Christopher überqueren musste, um zu dem Ankerplatz der Boote zu gelangen. Mehr als zwei Dutzend Männer, fast alle breitschultrige Schwarze, standen beisammen. Sie diskutierten und gestikulierten wild durcheinander. Einige von ihnen hatten sich mit dicken Umhängen gegen den Regen geschützt, die meisten jedoch waren dem Unwetter ausgesetzt.
»Mangelt es euch an Arbeit?«, schrie ein blonder Holländer, ein Hüne von Kerl. Dem kalten Regen zum Trotz trug er nur ein helles Hemd, das ihm am Körper klebte, dazu eine weite Hose und einen breitrandigen Hut, den er unter dem Kinn mit einem Lederband zugezogen hatte. Regen lief aus der Hutkrempe, sobald er den Kopf ein wenig senkte. »Faules Pack, bewegt euch endlich, dann friert ihr auch nicht! Wenn mein Getreide nass wird, weil ihr nicht rechtzeitig meine Schiffsladung löschen wollt, kann ich alles in die Table Bay kippen!«
Ein unwilliges Murmeln war die einzige Antwort.
»Ihr wollt nicht arbeiten?« Der Holländer lief rot an vor Wut.
»Nicht für das normale Geld.« Ein älterer, weiÃhaariger Hafenarbeiter, der die anderen um fast einen Kopf überragte und der zu einer aufgekrempelten Leinenhose nur ein zerschlissenes Hemd und ein kurzes Lederwams trug, machte sich zum Sprecher. »Ihr wisst selber genau, Mijnheer, wie gefährlich unsere Arbeit bei diesem Wetter ist. Wir riskieren unser Leben, wenn wir mit unseren leichten Booten hinausfahren!«
»Ach was, ihr wollt nur noch mehr
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