Das Paradies liegt in Afrika
wusste er, warum.
Der Blick, mit dem sie den Besinnungslosen umfing, war voller Liebe und Sorge. Die Geste, mit der sie seine Hand umklammert hielt, verriet das tiefe Gefühl, das sie für den Mann empfand.
Mathew drehte sich um und lief zurück zum Gut. Auf halbem Weg kamen ihm der Stallmeister und Karoline entgegen. »Dort drüben, neben dem Akazienbusch, liegt der Reiter. Er ist ohne Besinnung.«
»Und Hannah?«, fragte Karoline.
»Sie ist bei ihm.«
Der Tag ging zur Neige, und noch immer war Frederic ohne Bewusstsein. Er lag in einem der Gästezimmer, Karoline hatte die tiefe Wunde an seiner Stirn versorgt, so gut es ihr möglich war. »Gebrochen scheint nichts zu sein«, stellte sie fest. »Ich denke, er hat eine heftige Gehirnerschütterung und Prellungen. Sicher wird er bald wieder zu sich kommen.«
»Wenn er stirbt â¦Â« Hannah brach in Tränen aus.
»Ach was, daran muss man nicht denken. Er wird einen Brummschädel haben, das ist alles. Und eine Narbe wird wahrscheinlich an der Schläfe bleiben.« Karoline lächelte beruhigend. »Sorg dich nicht, es wird alles gut werden.«
»Wenn ich dir nur glauben könnte!«
Langsam senkten sich die blauen Schatten der Nacht über Hopeland . Im Gutshaus war es still geworden, die meisten der Bewohner schliefen. Aus der Küche drangen noch ein paar verhaltene Geräusche, die treue Josy bereitete einen Tee für Hannah vor. Nachdem sie das duftende Getränk in die vorgewärmte Silberkanne gegossen hatte, stellte sie eine Schale mit Selbstgebackenem hinzu.
»Eine kleine Stärkung«, sagte sie, als sie leise das Zimmer betrat, in dem Frederic Horseley lag. Dicht neben seinem Bett, in einen bequemen Sessel gelehnt, saà Hannah. Sie trug ein Hauskleid und hatte sich gegen die Kühle der Nacht ein leichtes Wollplaid über die Knie gelegt. Kaum hob sie den Kopf, als Josy eintrat.
»Danke, das ist lieb von dir«, sagte sie nur. Dann war ihr Blick wieder auf den Schläfer gerichtet.
»Er atmet ganz ruhig, das ist gut«, sagte Josy. »Bald wird er wieder gesund sein, glaub mir.«
»Ich könnte es nicht ertragen, wenn er ⦠wenn er â¦Â« Sie biss sich auf die Lippen.
»Ach was, denk so etwas gar nicht erst. Er ist kräftig, so ein Schlag an die Schläfe wird ihm nicht allzu sehr schaden.«
»Es würde mich umbringen, wenn ihm etwas geschähe.« Wie ein Hauch nur kamen die Worte über Hannahs Lippen.
»Alles wird gut.« Wie eine Beschwörungsformel wiederholte die alte Schwarze diese drei Wörter. Kurz beugte sie sich über Frederic, dann verlieà sie das Zimmer.
Hannah entzündete noch zwei Kerzen, denn die kleine Ãllampe, die auf einem Tisch nahe am Fenster stand, spendete kaum Licht. Sie nahm das Buch, in dem sie seit Wochen las, zur Hand, doch die Gedichte Heinrich Heines, die ihr normalerweise so viel Freude bereiteten, vermochten sie heute nicht zu fesseln. Seit der Schulzeit beherrschte sie die deutsche, aber auch die französische Sprache fast perfekt, es war ihr eine Freude, die Gedichte des groÃen Lyrikers in beiden Sprachen zu lesen.
»Hannah ⦠du â¦Â« Leise nur waren die Worte über Frederics Lippen gekommen, doch sofort beugte sich Hannah über ihn und nahm seine Hand. »Was ist passiert?«
»Du bist vom Pferd gestürzt. Jetzt bist du hier bei uns auf Hopeland . â Wie fühlst du dich?«
»Ziemlich derangiert.« Er versuchte ein Lächeln. »Aber du bist da. Das ist ⦠gut.« Die Augen fielen ihm wieder zu, doch seine Finger blieben in ihren liegen.
Fast zwei Stunden verharrte Hannah reglos neben ihm, sie hatte Sorge, den Schlaf des Kranken zu stören, wenn sie ihm ihre Hand entzog. Erst als der Arm fast taub wurde, richtete sie sich vorsichtig auf und lehnte sich in ihrem Sessel zurück. Kurz nur wollte sie die Augen schlieÃen und ein wenig ausruhen.
»Ich hab also nicht geträumt.« Eine warme Stimme weckte sie. »Du bist wirklich da. Wie wundervoll!«
»Frederic! Verzeih, aber ich bin einfach eingeschlafen!« Rasch beugte sie sich über ihn. »Geht es dir besser?«
»Es ging mir seit Monaten nicht mehr so gut wie jetzt.« Ein kleines, schalkhaftes Lächeln umspielte seinen Mund. »Bist du mir wieder gut?«
»Du bist krank, deshalb sorge ich mich um dich.« Hannah versuchte, ihrer Stimme
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