Das Paradies liegt in Afrika
rausschlagen. Halsabschneider seid ihr! Halunken und â¦Â« Das Wort blieb ihm im Hals stecken, denn eine so kräftige Windbö kam auf, dass er das Gleichgewicht verlor. Sein Hut flog durch die Luft, und man hörte vom Wasser her das Rasseln der Ankerketten.
»Ich gehe heim.«
»Ich komme mit, Joe.« Zwei Männer drehten sich um und gingen davon, nach kurzem Zögern folgten drei weitere.
Der Holländer, der sich an einem Laternenmast festgehalten hatte, fluchte gotteslästerlich, aber es nützte nichts â keiner der Männer war bereit, die Arbeit aufzunehmen.
Christopher Ruhland hatte einen Teil der Szene mitbekommen und begriff, dass er von diesen Leuten keine Hilfe erwarten konnte. Er hastete weiter, fast wäre er von einem Ochsengespann erfasst worden. In letzter Sekunde gelang es ihm, zur Seite zu springen.
»Verrückt geworden, was?« Der Kutscher brüllte noch viel mehr in seine Richtung, doch der Wind riss ihm die Worte von den Lippen.
Christopher taumelte mehr, als dass er ging, es war mühsam, sich gegen den Sturm zu stemmen, der ihn von den FüÃen zu reiÃen drohte, und voller Sorge sah der Winzer, dass drauÃen in der Bucht die groÃen Schiffe heftig zu schlingern begannen. Kleinere Boote wurden gegeneinandergeschleudert; er sah, als er näher kam, dass die ersten Kähne zerschellten und das Holz auf den hohen Wellen dahintrieb.
»Das wird eine Katastrophe!«, hörte er einen Schiffseigner rufen, der ihm bekannt war. Seit Jahren kam der Portugiese mit seinem Zweimaster nach Kapstadt gesegelt, brachte Portwein, Gewürze, Früchte und die wertvolle Rinde der Korkeichen, aus denen die Flaschenkorken hergestellt wurden. »Wenn wir die Ladung retten wollen, müssen wir rausfahren!«
Mit langen Schritten hastete Christopher auf den kleinen drahtigen Mann zu. »Hey, Diego! Kennen Sie mich noch?«
»Aber ja!« Der Portugiese zog sich den dicken Pelerinenmantel fester um die Schultern. »Was machen Sie hier bei diesem Teufelswetter?«
»Die Duchesse hat Rebstöcke für mich an Bord. Die muss ich unbedingt retten! Diese Reben sind ein Vermögen wert!« Er atmete hektisch, Angst und Aufregung schnürten ihm fast die Kehle zu. »Aber es findet sich kaum jemand, der die Ladung löschen will.«
»Mir geht es ebenso.« Der Portugiese zuckte mit den Schultern. »Wir müssen eben mehr zahlen, dann wird sich dieses Lumpenpack schon bewegen!«
Gemeinsam gingen sie zu einem Lagerschuppen, vor dem etliche der Hafenarbeiter herumstanden. Hauptsächlich waren es groÃe, breitschultrige Männer, denen man die schwere körperliche Arbeit ansah, die sie Tag um Tag verrichteten. Es gab aber auch ein paar dürre Kerle, windige Gestalten, die sich jetzt an den Portugiesen heranmachten und mit ihm zu feilschen begannen. Christopher mischte sich ein, und da ihm klar war, dass in der jetzigen Lage jede Stunde zählte, sagte er schlieÃlich:
»Ich zahle das Doppelte! Aber es muss gleich losgehen, ehe der Sturm noch stärker wütet.«
»Das Doppelte ⦠Es ist ein riskantes Unterfangen.«
»Mehr gibt es nicht. Ich werde mitkommen.«
Die Männer sahen sich an, dann nickte der pockennarbige Schwarze mit dem roten Hemd und dem speckigen Lederwams, der offensichtlich der Anführer war. Er hatte einen Südwester im Nacken hängen, den er sich nun auf den kahlen Schädel stülpte. Die anderen taten es ihm nach.
Eine Viertelstunde später hockte Christopher mit den Männern in einem der leichten Boote, die hinaus in die Table Bay fuhren, um von den groÃen Schiffen die Ladung zu löschen.
»Das ist die Vorstufe zur Hölle«, murmelte einer der Männer neben ihm und bekreuzigte sich.
»Versündige dich nicht, Mann«, gab Christopher zurück, doch er hatte den Satz noch nicht ausgesprochen, da schwappte eine Welle, fast so hoch wie ein Haus, über ihr Boot. Der Mann, der eben noch von der Hölle gesprochen hatte, war verschwunden, als Christopher sich das Wasser aus den Augen gewischt hatte und wieder klar sehen konnte. Schrille Rufe mischten sich mit Hilfeschreien, der Wind wurde stärker und stärker, lieà die Schiffe, groÃe und kleine, wie Spielzeuge auf dem Wasser tanzen.
Der Himmel, vor einer Stunde noch grau verhangen, war fast schwarz. Wie wilde Reiter zogen die Wolken dahin, gossen kübelweise das Wasser zur Erde.
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