Das Paradies liegt in Afrika
geschmiegt hatten. So vermissten sie den Vater nicht allzu schmerzlich.
Bei Mathew Browling gestattete sich Karoline hin und wieder eine kleine Schwäche, ihm gestand sie ein, dass sie Angst vor der Verantwortung hatte, die nun auf sie zukam.
» Hopeland ist ein so groÃer Besitz geworden in den letzten Jahren«, sagte sie einmal, als sie in der Dunkelheit auf der Terrasse saÃen und einen jungen Wein kosteten. »Ich verstehe zwar viel von der Weinherstellung, doch ich fürchte, dass mich die Männer nicht akzeptieren werden.«
»Sie achten Sie schon jetzt, da haben Sie mal keine Sorge«, tröstete der Hauslehrer sie. »Ich bin sicher, dass man Ihnen den gleichen Respekt entgegenbringen wird wie Ihrem verstorbenen Gemahl.«
Gern hätte Karoline ihm geglaubt, doch sie fürchtete, dass die einfachen Leute nicht so liberal dachten wie der gebildete Mann. Christopher war seinen Leuten stets ein Vorbild an Arbeitseifer und Disziplin gewesen. Sosehr er seine Frau auch in den letzten Monaten vernachlässigt hatte, weil er den Tod seines Kindes nicht verwinden konnte, die Arbeit auf dem Gut hatte nie gelitten. Im Gegenteil, er hatte sich viel zu sehr darin vergraben, hatte Tage und Nächte im Weinkeller verbracht, Pläne für neue Weine ausgearbeitet und experimentiert.
Rotwein hatte er produzieren wollen! Mit Trauben aus dem Burgund, einem der besten Weinanbaugebiete der Welt! Leise seufzte sie auf. »Kommt, wir wollen nachsehen, wie weit die Leute sind.«
Eine Weile ritten sie schweigend dahin, dann bat Hannah um eine Rast. »Ich habe zu lange nicht im Sattel gesessen«, erklärte sie, »die Kräfte verlassen mich, muss ich gestehen.«
»Drüben am Bach gibt es eine Stelle mit weichem Moos, dort könnt ihr rasten«, sagte Karoline. »Ich reite noch weiter, die Hänge im Osten müssen kontrolliert werden. Und nach der Quelle wollte ich auch mal wieder sehen. Die Befestigungen dort sind seit Wochen nicht genau nachgesehen worden.«
»Sollen wir mitkommen?« Frederic sah kurz zum Himmel, an dem kein Wölkchen zu sehen war. »Bis zum Mittag könnten wir auf Summerset sein und dort einen Imbiss einnehmen.«
Karoline schüttelte den Kopf. »Lass nur, bleib bei Hannah und gönnt euch ein wenig Ruhe â und das ungestörte Alleinsein«, fügte sie lächelnd hinzu. »Ich reite bis zur Quelle hoch, dann komme ich zurück zum Gut.«
Die Quelle war einer der wertvollsten Plätze von Hopeland . Das Wasser von hier speiste, inzwischen in viele kleine Kanäle geleitet, im Sommer etliche Rebhänge. Aus der Ãberlieferung wussten alle Bewohner des Weingutes, dass einst Ben Ruhland, der erste Winzer von Hopeland , sich mit seinen Nachbarn wegen dieser Wasserrechte heftig gestritten hatte. Lange Jahre hindurch war Ruhe gewesen, jeder Besitz hatte eigene Zisternen, es gab keinerlei Zwistigkeiten mehr wie noch vor siebzig Jahren, kurz nach der Gründung von Hopeland .
Karoline strich sich eine blonde Haarsträhne, die sich aus ihrem Nackenknoten gelöst hatte, aus dem Gesicht. Seit Frederic Horseley Summerset gekauft hatte, war die Situation noch viel entspannter. Frederic, der selbst nur wenig Ahnung von der Arbeit eines Winzers hatte, hatte vor etlichen Monaten einen Verwalter eingestellt, dem er die ganze Verantwortung für das Gut übertragen hatte. Jan de Fronteyn war ein wortkarger Mann, der mit den Nachbarn kaum Kontakt unterhielt. Allerdings hatte er lange als Kellermeister in Italien und Frankreich gearbeitet.
»Seine Empfehlungsschreiben sind durchweg positiv«, hatte Frederic erzählt. »Er macht einen ruhigen, soliden Eindruck. Ich kann nur hoffen, dass er seine Arbeit gut macht. Aber das werde ich ja schon nach einem Jahr sehen.« Nur wenige Tage im Monat verbrachte der Engländer auf seinem Besitz, lieà sich Bericht erstatten und kontrollierte, ob alles seine Ordnung hatte. Bislang gab es keinen Grund zur Beanstandung, das heruntergekommene Gut war wieder in einem soliden Zustand. So wohnte Frederic die meiste Zeit auf Hopeland , wo er Hannah nahe sein konnte. Er war für alle inzwischen ein lieber Freund und Vertrauter geworden.
Karoline schreckte auf, als in der Nähe ein paar Vögel aufflatterten und laute Warnrufe ausstieÃen. Sekunden später bemerkte sie drei junge graue Rehböcke, die aus einem kleinen Waldstück, das sich am Ostrand des Hanges befand,
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