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Das Paradies

Das Paradies

Titel: Das Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Badawija, die schon vor Ibrahims Geburt bei der Familie gearbeitet hatte, älter wurde und ihre Kräfte nachließen, übernahm Sarah einen immer größeren Teil ihrer Aufgaben. Es galt als sicher, daß Sarah eines Tages, wenn Badawija nicht mehr arbeitete, die Köchin der Familie Raschid werden würde.
    Sie lächelte, als sie Jasminas Seufzer hörte, die noch immer an der Tür stand und murmelte: »Wo bleibt er nur?« Sarah liebte die Kinder ihres Herren, denn sie war ihm treu ergeben. Im Laufe der Jahre war es ihr gelungen, sich eine Geschichte zusammenzureimen. Die Familie ging alljährlich vierzehn Tage nach Sarahs Geburtstag auf den Friedhof. Daraus schloß Sarah, daß Jasminas Mutter, für die Jasmina auf dem Friedhof betete, in der Nacht vor der Hochzeit ihrer Schwester Nazirah gestorben war. Damals hatte Sarah den Herrn am Kanal weinen sehen. Also mußte Jasmina in dieser Nacht geboren worden sein. Sarah empfand großes Mitgefühl für das arme mutterlose Mädchen und auch für Amira, ihre Schwester, denn schließlich hatte der Herr aus Enttäuschung über die zweite Tochter Sarahs Sohn Zacharias adoptiert. In gewisser Weise fühlte sich Sarah als Mutter für alle drei Kinder.
    »Tante Marijam«, sagte Jasmina, die aus dem Fenster blickte und sich gedankenverloren die Schulter rieb, die einen Tag nach Omars Überfall im Garten immer noch schmerzte. »Hast du schon den neuen Film mit Dahiba gesehen?«
    »Dein Onkel Suleiman hat in seinem Geschäft soviel Arbeit, daß er nicht mit mir ins Kino gehen kann.«
    »Aber den Film mußt du sehen! Niemand tanzt so wie Dahiba! Vielleicht könntest du ihn dir mit Großmutter ansehen.«
    Khadija, die das gehört hatte, lachte und erwiderte: »Wann habe ich jemals Zeit, ins Kino zu gehen!« Dann sagte sie zu Amira: »Mischmisch, die Frau von Abd el Rahman hat heute morgen angerufen und mich gebeten, ihrer Schwester in der Fachmij-Pascha-Straße etwas von meinem Ysoptee zu bringen. Ihre Kinder haben alle Sommerfieber. Kannst du mich begleiten?«
    »Gern, Umma! Ich rufe uns ein Taxi!«
    In diesem Augenblick kam Zacharias in die Küche. Als er Khadija einen Kuß gab, fragte sie: »Ist dein Vater von der Moschee zurück?«
    Er antwortete: »Er biegt gerade in die Auffahrt«, und nahm sich aus einem Glas eine eingelegte Paprikaschote und aß sie mit großem Genuß.
    Eines der Küchenmädchen bereitete Assafeer, kleine Vögel, zum Braten vor. Sie rupfte die Tierchen, schnitt die Schnäbel und Beine ab und drückte die kleinen Köpfe in die Bauchhöhle. Als sie die ausgenommenen Tiere mit Salz und Gewürzen einrieb und sie dann auf die Spieße schob, wandte sich Zacharias mit sichtlichem Ekel ab. Sein Gesichtsausdruck erinnerte Sarah daran, wie er als kleiner Junge einmal angefangen hatte zu schreien, als der Metzger vor dem Fest von Abraham und Isaak ein Lamm im Haus schlachtete. Zacharias aß seit dieser Zeit weder Fisch noch Fleisch. Sie dachte: Darin gleicht er sehr seinem Vater Abdu, der für alle Lebewesen größtes Mitgefühl gehabt hatte.
    Auch in anderer Hinsicht war Zacharias wie sein Vater, fand Sarah. Er verfaßte gerne Gedichte und verehrte Gott und den Koran. Außerdem sah er seinem Vater ähnlich. Zacharias hatte seine breiten Schultern, die grünen Augen und sein ansteckendes Lachen. Deshalb hatte Sarah oft das Gefühl, ihren geliebten Abdu vor sich zu sehen. Sarah fragte sich oft, ob Zacharias Erinnerungen an die ersten drei Lebensjahre hatte, in denen sie ihn stillte. Ahnte er, daß sie seine Mutter war?
    Als Khadija die Küche verließ, eilte Jasmina zu ihrem Bruder. »Hast du sie, Zakki? Hast du sie bekommen?«
    Am Tag nach dem Kinobesuch vor einem Monat hatte Jasmina ihren Bruder in ihr Geheimnis eingeweiht. Sie hatte ihn angefleht und gesagt: »O Zakki, ich
muß
einfach herausfinden, wo Dahiba wohnt! Ich
muß
sie kennenlernen. Ich möchte bei ihr lernen. Ich habe ihren Tanz aus dem Film gelernt. Ich weiß ganz bestimmt, sie wird mich als Schülerin annehmen, wenn sie mich tanzen sieht. Aber ich muß ihre Adresse herausfinden! Kannst du das bitte für mich tun?«
    Er lachte und zog ein Blatt Papier aus der Tasche. »
Bismillah
! Das hat mich fünfzig Piaster gekostet«, sagte er, »ich mußte jemanden im Cage d’Or, wo sie tanzt, bestechen.«
    »Ihre Adresse!« rief Jasmina aufgeregt.
    »Ich bin dort gewesen«, erzählte er, »sie wohnt in einem Penthaus. Sie hat einen Leibwächter und fährt einen Chevrolet! Ich habe gesehen, wie sie aus dem Haus gekommen

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